Controlling und Finanzen & Investieren
Das Controlling in der Sozialwirtschaft spielt im Vergleich zu anderen Branchen wie Krankenhäuser noch eher eine untergeordnete Rolle – doch eine Dynamik ist ablesbar: Für immer größere Teile der Sozialwirtschaft wird ein differenziertes und leistungsfähiges Controlling zunehmend unverzichtbar.

Die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit prägt die Ergebnisse der Auftaktstudie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen, der Hochschule Mainz, der Hochschule Koblenz sowie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Curacon: Die Sozialwirtschaft ist ein heterogener Sektor mit Einrichtungen unterschiedlichster Größe und Form. Die Aufgaben des Controllings sind daher mannigfaltig. Um hier den Entwicklungsstand erheben zu können und Trends abzulesen, wurde – analog zur Krankenhaus-Controllingstudie – eine Langzeitstudie zum aktuellen Stand und zu Entwicklungstendenzen des Controllings in Einrichtungen der Sozialwirtschaft ins Leben gerufen. In Form einer Panelerhebung wurde im Jahr 2021 die Erstbefragung zu vier zentralen Themengebieten durchgeführt: Organisation des Controllings, Entwicklungsstand des operativen und des strategischen Controllings und das Wirkungscontrolling.
Starkes Bewusstsein, geringer Professionalisierungsgrad
Die Studie zeigt, dass für 90 Prozent der Befragten die Bedeutung des Controllings für den jeweiligen Unternehmenserfolg maßgeblich ist. Die Wichtigkeit des Controllings wird demnach wahrgenommen und herausgestellt, der Professionalisierungsgrad ist aber eher gering.
Personelle Ausstattung des Controllings ausbaufähig
Knapp die Hälfte der befragten Organisationen (48,7 Prozent) statten ihr Controlling mit einer Person aus, wobei ein größerer Anteil freigemeinnütziger Unternehmen (39 Prozent) mit zwei bis fünf Personen besetzt sind. In den letzten drei Jahren stieg die absolute Zahl der Beschäftigten im Controlling bei 36 Prozent der befragten Organisationen an, 63 Prozent vermeldeten keine wesentlichen Veränderungen. Dies entspricht weitgehend auch den Veränderungsraten im Krankenhaus (Krankenhaus-Controlling-Studie 2021 verzeichnete einen Anstieg um 30 Prozent), jedoch sind Krankenhäuser im Vergleich per se umfangreicher ausgestattet: Gemessen an der Controllerquote verfügen Krankenhäuser über 2,6 kaufmännische Controllerinnen und Controller pro 1.000 Mitarbeitende als auch 1,5 Controllerinnen und Controller im Leistungscontrolling, während die beteiligten Unternehmen in der Sozialwirtschaft 2,5 Personen messen.
Datenbasis und operatives Controlling verbesserungsfähig
Im Controlling werden umfangreiche Daten für verschiedene Reports unterschiedlicher Empfänger erhoben und zusammengestellt. Ob für Leistungs-, Kosten-, Liquiditäts- oder Investitionsberichte – eine Fülle an Daten wird im Controlling verarbeitet, um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu analysieren und zu monitoren. Die Controllingstudie zeigt, dass in der Sozialwirtschaft die Daten für das operative Reporting überwiegend monatlich verfügbar sind. Auch im Rahmen des letztendlichen Reportings wählen die befragten Unternehmen mehrheitlich einen monatlichen Turnus. Die Ausnahme bilden Investitionsberichte, welche eher (halb)jährlich zur Verfügung gestellt werden, und Liquiditätsberichte, die häufiger untermonatlich angefertigt werden. Fraglich ist dabei, ob diese auch eine Liquiditätsprognose enthalten. Ein ähnlicher, betont monatlicher Berichtsrhythmus konnte 2021 in Krankenhäusern auch beobachtet werden (Ergebnis der Krankenhaus-Controllingstudie 2021). Auch die Notwendigkeit, die Liquidität des Unternehmens frequentierter zu betrachten, deckt sich mit den Praktiken der Krankenhäuser. Hinsichtlich der Datenverfügbarkeit zeigt sich indes ein abweichendes Bild – die Controllingabteilungen in Krankenhäusern können verstärkt kurzfristig sowie in Echtzeit auf Daten zurückgreifen. Dies ist auf die vermehrte Nutzung von Data-Warehouse-Lösungen zurückzuführen. In der Sozialwirtschaft stellt Excel aktuell die präferierte und meistgenutzte IT-Lösung zur Berichtsgestaltung dar. Zwar setzen Komplexträger mehrheitlich Managementinformationssysteme beziehungsweise Data-Warehouse-Systeme ein, insgesamt sind diese Lösungen aber noch nicht in der Sozialwirtschaft verbreitet.
Wirkungsmessung – Controlling jenseits von Profit und Rendite
In der Sozialwirtschaft wird Erfolg nicht nur im Gewinn und in der Rendite gesehen, sondern vor allem in der Erzielung von Wirkungen. Sozialwirtschaftliche Unternehmen benötigen in dieser Folge ein Wirkungscontrolling und Instrumente, mit deren Unterstützung sie ihre fachliche Wirksamkeit kontinuierlich beobachten und steuern können. Die Studie zeigt, dass einige Einrichtungen basierend auf festgelegten Wirkungszielen messen, wie wirksam ihre Betreuungs- und Pflegeangebote in den jeweiligen Hilfefeldern sind. 32,5 Prozent der Unternehmen geben an, dass Wirkungsziele umfassend oder zumindest im Wesentlichen vorhanden sind. Hingegen definieren 14,2 Prozent keine Wirkungsziele.
Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Es ist sichtbar, dass das Controlling in der sozialwirtschaftlichen Unternehmensführung angekommen ist, jedoch noch organisatorische und vor allem methodische Hürden bestehen. Der Grundstein scheint allerdings gelegt!
Kontakt zu den Autoren:
Prof. Dr. Hans-Christoph Reiss, Hochschule Mainz, Wissenschaftlicher Leiter IFAMS, Kontakt: hans-christoph.reiss@hs-mainz.de
Prof. Dr. Steffen R. Arnold, Leiter Studiengang Sozialwirtschaft, Duale Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen, Kontakt: steffen.arnold@dhbw-vs.de
Dr. Christian Heitmann, Leiter Geschäftsbereich Unternehmensberatung,Curacon Münster, Kontakt: christian.heitmann@curacon.de
Prof. Dr. Gabriele Moos, Leiterin des Studiengangs Gesundheits- und Sozialmanagement, RheinAhrCampus Remagen, Kontakt: moos@rheinahrcampus.de