Die digitale Zahnarztpraxis beschreibt im Zielbild eine zahnärztliche Behandlungseinrichtung, in der alle patientenbezogenen Stützprozesse in digitaler Form erfolgen. Die ärztlichen Kernkompetenzen von Befunderhebung, Diagnosestellung und Therapie bleiben davon weitgehend unberührt, sieht man von Assistenzsystemen ab, die etwa die Befunddokumentation oder Therapieplanungen digital unterstützen.
1. Synonyme:
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2. Kurzhistorie:
Als erster ernstzunehmender Ansatz eine digitale Zahnarztpraxis im Wortsinn aufzubauen, ist das europäische Forschungs- und Entwicklungsprojekt ORQUEST (1996-1999) anzusehen. ORQUEST verband einen sprachgesteuerten Mensch-Maschine-Dialog mit einer Visualisierung klinischer Informationen – direkt am zahnärztlichen Behandlungsstuhl. Alle digital umgesetzten Unterstützungsprozesse wie Patienteninformations- oder Praxismanagementsysteme sollten als Module ebenso direkt angebunden werden, wie intra- und extraorale Digitalkameras mit Integration in Konferenz- und Unterrichtsysteme. Dieses System fand keinen Einzug in die Zahnarztpraxen. Stattdessen gab es eine Vielzahl von Insellösungen, die meist bisher analog durchgeführte Arbeitsschritte digitalisierten, wie etwa die Führung von Patientenkarteien, die Abrechnung von zahnärztlichen Leistungen oder digitales Röntgen.
Erst seit wenigen Jahren gibt es vielversprechende Bestrebungen digitale Gesamtkonzepte in Praxen zu implementieren, die die unterschiedlichen Anwendungen miteinander verknüpfen und eine gesamthafte, digitale Prozesskette ermöglichen. Diese Systeme denken von einer Multikanal-Terminvereinbarung über Planungsunterstützung und Materialbewirtschaftung bis zur Herstellung zahntechnischer Werkstücke durch digitale Fräsen oder 3-D-Drucker. Treiber und Vordenker dieser Entwicklungen sind aktuell Firmen aus der Dentalindustrie, die sich aus der Rolle des reinen Produktzulieferers mehr und mehr zum „alles aus einer Hand“-Dienstleister entwickeln wollen
3. Ziel:
Eine konsentierte Definition für den Begriff der digitalen Zahnarztpraxis liegt derzeit nicht vor. In der Praxis wird der Begriff der digitalen Zahnarztpraxis oder in der Steigerung der volldigitalen Zahnarztpraxis derzeit vornehmlich zu werbenden Zwecken als vorgebliches Alleinstellungsmerkmal genutzt. In den betreffenden Zahnarztpraxen gibt es dann einzelne digitalisierte Komponenten, wie etwa digitales Röntgen, ein digitales Patienteninformationssystem oder eine online-Terminvereinbarung.
4. Wesentliche Merkmale:
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5. Wesentliche Einsatzgebiete:
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6. Unterscheidung von ähnlichen Begriffen:
Abzugrenzen ist die digitale Zahnarztpraxis gegen die virtuelle Zahnarztpraxis, die stärker auf die Digitalisierung zahnärztlicher Kernkompetenzen zielt. Auch Maßnahmen zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz auf digitalem Weg werden unter diesem Begriff eingeordnet.
Autor:
Dr. Björn Eggert
Zahnarzt und Gesundheitsökonom
Eggert B. (2020) Zahnarztpraxis, digital. In: Matusiewicz D. Kusch C. (Hrsg.) Digital Health Lexikon, Health&Care Management, URL: hcm-magazin.de, Holzmann Medien, 2020.