Klinikum Dortmund „Wir-Mentalität“ als Basis

Im Januar 2022 bekam das Klinikum Dortmund einen neuen Geschäftsführer: Marcus Polle. Er übernahm von Rudolf Mintrop, mit dem HCM kurz vor dem Ende seiner Amtszeit über seine Strategie gesprochen hat (s. HCM 1/22). Zeit, um mit dem neuen Klinikchef in die Zukunft zu blicken. Marcus Polle, Vorsitzender der Geschäftsführung am Klinikum Dortmund. Marcus Polle fiel die Entscheidung für das Klinikum Dortmund nicht schwer. Schließlich konnte er die hervorragende Entwicklung im Laufe der Jahre beobachten. Dem Klinikum eilt ein hervorragender Ruf voraus. Bekanntschaft machte Polle mit seinem Vorgänger Mintrop im Jahre 2021 im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft kommunaler Krankenhäuser. Beide teilten dort ähnliche Ansätze. Polle kennt die Situation des Klinikums gut. Durch seine Familie, die in Dortmund ansässig ist, konnte er die Entwicklung hautnah mitverfolgen. Er hat vieles mitbekommen, kennt Stärken und Schwächen. So wurde Polle im Januar 2022 mit Offenheit, Neugierde und Herzlichkeit als neuer Vorsitzender der Geschäftsführung willkommen geheißen. Für ihn ist es wichtig, seine Fachlichkeit unter Beweis zu stellen und dabei den Fokus auf Werteorientierung zu richten. Polle betont gegenüber HCM, dass er das auch vorleben wolle und die Gesinnung seines Vorgängers teilt, dass starke Mitarbeitende ein wichtiges Fundament bilden. Das Klinikum Dortmund lebt von seinen Menschen und das Patientenwohl ist und bleibt hier ebenso im Vordergrund. Es gilt Demotivation zu vermeiden und das Handeln mit positivem Blick auf die Zukunft auszurichten. Leadership ist laut Polle geprägt von starken Werten. So bleibe der Unternehmenskodex, der bereits seit Jahren gut etabliert ist, erhalten. Werte wie Verlässlichkeit und Loyalität bilden dabei die Richtschnur für Professionalität und eine Kommunikation auf Augenhöhe. Seinen Führungsstil beschreibt Polle als wertschätzend und erfolgsorientiert. Professionalität gepaart mit Liebenswürdigkeit sind für ihn Erfolgsgaranten: Ein über viele Jahre erprobter Weg, schließlich blickt er auf eine bisher erfolgreiche Berufskarriere in der Kliniklandschaft zurück. Führung mit Fokus auf die Daseinsfürsorge So will Polle ebenso am bisher eingeschlagenen Weg des Klinikums festhalten. Die Zeiten haben sich verändert, erklärt Polle, und junge Menschen, die ins Unternehmen kommen, wünschen eine an ihre Bedürfnisse angepasste Führung. Ein zukunftsfähiges Krankenhaus benötigt neben einem starken Team v.a. eine Geschäftsführung, die sich ihrer großen Verantwortung bewusst ist und dabei alle Adressaten im Blick behält. Führung bedeutet für Polle den Fokus auf die Daseinsfürsorge zu legen, ohne dabei die Wirtschaftlichkeit und Patientenorientierung außer Acht zu lassen. Um führen zu können, bedarf es einer gewissen Ratio und gleichzeitig menschlich zu sein. „Ich helfe gerne“, betont Polle und unterstreicht, dass es auf eine ausgeprägte Wir-Mentalität ankommt. Eine starke Ich-Orientierung ist der Unternehmensphilosophie nicht zuträglich. Es gilt ein verbindliches Commitment aller Beteiligten einzuholen. Die „Wir-unterstützen-uns-Haltung“ ist dabei elementar. Polle ist ein großer Freund einer offenen Fehlerkultur. Nicht die Vermeidung von Fehlern stehe im Vordergrund, sondern Ängste abzubauen und aus den Fehlern zu lernen. Dies gelinge allerdings nur, wenn flache Hierarchien geschaffen und gelebt werden. Und so hat es sich Polle zum Ziel gesetzt, mit den Augen der Menschlichkeit auf sein Aufgabengebiet zu blicken und entsprechend zu handeln. „Am Bett wird nicht gerechnet“ – ein Modell der Zukunft? Polles Vorgänger, Rudolf Mintrop, gab mit seinem Statement „Am Bett des Patienten wird nicht gerechnet“ einen prägenden Rahmen vor. So steht auch zukünftig die Transparenz beispielsweise bei Investitionen im Vordergrund. Kommunale Daseinsfürsorge beinhaltet auch wirtschaftliche Komponenten und stellt zugleich in diesem Kontext ein ethisches Dilemma dar. Wie bewertet man Summe im Hinblick auf die endlichen Ressourcen? Hier ist ein wohlüberdachtes Abwägen gefordert. Für Polle hat dies alles nichts mit Gewinnstreben zu tun. Vielmehr arbeitet er mit der Fragestellung, wo kommt das Geld her? Solange die Krankenkassen den Rahmen vorgeben müssen Kliniken genau abwägen, wie sie mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen und wie genau sie diese verteilen. Ein gemeinsames erarbeitetes Strategiepapier, das transparent an alle kommuniziert wird, findet weiterhin Anwendung. Transparenz schafft Überzeugung und schafft zugleich das notwendige Vertrauen. Einer mündigen Mitarbeiterschaft kann man diese Art von Transparenz zumuten, unterstreicht Polle. So gilt für ihn ebenso das Motto: „Nur ein Unternehmen, das nach Inhalten geführt wird und nicht ausschließlich nach Zahlen, ist erfolgreich.“ Allerdings sieht Polle die Zukunft vieler Krankenhäuser und Kliniken nicht sehr rosig. Dabei blickt er selbst auf eine solide EBITA von sieben Prozent und eine schwarze Null. Doch bereits 2021 gab es einen leichten Rücklauf zu verzeichnen. Für die Wirtschaftsplanung im Jahr 2023 erwartet der Klinikleiter ein Negativjahr. Verantwortlich hierfür ist u.a. eine Tariferhöhung. eine weiter bestehende Inflation, Kostensteigerung etc. Die jetzigen Rahmenbedingungen erschweren zudem die Gegebenheiten. Innovation und Anpassungsfähigkeit werden im Klinikum Dortmund weitergedacht. So ist der Bau eines ambulanten OP-Zentrums geplant und auch das zuvor ins Stocken geratene Bauvorhaben der Kinderklinik befindet sich jetzt in der Konkretisierungsphase. Eine erste Förderung vom Land Nordrhein-Westfalen hat das Klinikum bereits erhalten. Weiterhin ist ein Antrag an die Stadt Dortmund auf einen Investitionszuschuss in Höhe von 30.000.000 Euro bereits gestellt worden. Controlling als Mittel zum Zweck angesichts der Zukunft Mintrop führte das Klinikum seinerzeit nicht rein betriebswirtschaftlich über das Controlling. Daran hält auch Polle fest, für ihn ist Controlling ein Mittel zum Zweck. Hierbei bezieht sich der Zweck auf Handling der Ressourcen. Der Leistungserbringer erhält die Zahlen, die er benötigt. Die Kliniklandschaft der Zukunft sieht Polle in der Spezialisierung und den Ausbau der Krankenhausplanung. Eine solide Krankenhausplanung stellt in seinen Augen einen wichtigen Sicherheits- und Qualitätsindikator dar. Es gilt einen guten Weg der Notfallversorgung in ländlichen Gebieten zu finden. Weitere Herausforderungen sind die Ambulantisierung sowie die Nachwuchskräfteentwicklung. Zudem blickt Polle mit Sorge auf die Problematik auf Bundesebene, die Vorgaben werden immer umfassender und datailverliebter. Krankenhäusern werde die Möglichkeit genommen Ressourcen geschickt aufzuteilen, so Polle. Die Vorgaben und geplanten Entwicklungsmaßnahmen der Bundesregierung wirken sich negativ aus und schaffen seiner Einschätzung nach eher Hindernisse. Polle sieht hier die Entwicklung äußerst kritisch. Der Tenor der Bundesregierung, wissen zu wollen, was für die Kliniklandschaft gut ist, spaltet seiner Einschätzung nach. Das Wettbewerberstärkungsgesetz entfachte eine regelrechte Einheizung des Wettbewerbs zwischen den Krankenhäusern in der Planwirtschaft. Diese Entwicklung förderte, so Polle, einen Kannibalismus unter den Krankenhäusern. Der Fachkräftemangel komme noch erschwerend hinzu. Das Klinikum Dortmund versucht diesem entgegenzuwirken, indem es Arbeitsplätze schafft, die die Lebens- und Arbeitsphasen das Meschen berücksichtigt. Die Krankenhäuser sind aufgefordert sich immer wieder in Frage zu stellen und dabei den Kompass der Führung auf Veränderung und Anpassung zu richten. Das Klinikum Dortmund als Maximalversorger setzt dabei auf Ausbau und Erweiterung des seit August 2021 bestehenden Kooperationsvertrages mit der Universität Witten/Herdecke. Forschung und Lehre werden mehr Raum einnehmen und gewährleisten im Gesamtkontext eine professionelle, erweiterte bestmögliche Versorgung der Patientenschaft. Zahlenwerk und Menschlichkeit stellen am Klinikum Dortmund keinen Widerspruch dar. Ein Beispiel das zeigt, dass auch mit einem Geschäftsführerwechsel nicht zwangsläufig eine Werteveränderung entsteht. Hier sieht man sich gut gerüstet für die Zukunft. „Komplexe Systeme müssen einfacher werden, damit sie besser händelbar sind. Das Wir ist wichtig. Das Klinikum steht für ein gelebtes Wir und eine authentische Zukunftsplanung“, erklärt Polle. Die Vorgeschichte Für Ausgabe 1/2022 (S. 42/43) von HCM sprach Simone Vossen mit dem damals scheidenden Geschäftsführer des Klinikums Dortmund, Rudolf Mintrop. Im Beitrag „Am Bett wird nicht gerechnet“ erklärte Mintrop gegenüber HCM seine Werte und gab Einblicke in seine Führungsstrategie. Kontakt zur Autorin: Simone Maria Vossen, Medizinjournalistin, Organisationsentwicklung und Strategie, mail@simonevossen.com

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