Bewerbermarkt Wie reagieren Unternehmen auf Bewerbungen?

Land auf, Land ab wird diskutiert, wie man junge Menschen für den Pflegeberuf gewinnen und wie man ausgebildete und qualifizierte Kräfte „halten“ kann. In einer bundesweit durchgeführten Initialbefragung wurde gefragt, wie Unternehmen auf Bewerbungen reagieren und wie mit potenziellen Mitarbeitern umgegangen wird.Der Mangel an qualifiziertem Personal in der Branche ist eklatant und wird sich laut Prognosen in den nächsten Jahren nicht wirklich verbessern: Während Altenpflegekräfte in der gesamten Bundesrepublik händeringend gesucht werden, ist die Situation für die Arbeitgeber in Hamburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geringfügig besser. Dort gibt es nur „Anzeichen für einen Fachkräftemangel“, während er in allen anderen Bundesländern bereits ausprägt ist (Bundesagentur für Arbeit 2019). Ein Vielzahl von Stellenportalen im Internet und Firmen, die sich auf die Vermittlung von Pflegepersonal „spezialisiert“ haben, verdienen heute an den Unternehmen, die Personal suchen. In einer bundesweit durchgeführten Initialbefragung von Bewerbern auf Stellenanzeigen sollte herausgefunden werden, wie Unternehmen auf Bewerbungen reagieren und wie mit potenziellen Mitarbeitern umgegangen wird. MethodeÜber Facebook wurden in unterschiedlichen Foren Personen gesucht, die in den letzten vier Wochen eine oder mehrere Bewerbungen an unterschiedliche Arbeitgeber abgeschickt hatten. Sie wurden nach der Reaktion der potenziellen Arbeitgeber befragt. Die Befragung erfolgte – nach Kontaktaufnahme via Facebook – per E-Mail. Voraussetzungen für die Teilnahme an der Befragung waren der Nachweis eines qualifizierten Berufsabschlusses (Gesundheits- und Krankenpfleger, Altenpfleger), eine mindestens zweijährige Berufstätigkeit im erlernten Beruf. Darüber hinaus musste das Bewerbungsschreiben vorgelegt werden. Somit war sichergestellt, dass die Bewerbung tatsächlich erfolgt war. Alle in die Untersuchung eingeschlossenen Personen suchten einen Vollzeitarbeitsplatz. Sie waren flexibel, was den Dienstort und auch was die Dienstzeiten anging. Die Befragung erfolgte mittels schriftlicher Bogen. Neben den bereits erwähnten Angaben zur Berufsqualifikation wurden Angaben erbeten, wie sie im Fragebogen links unten zusammengefasst sind. ErgebnisseDie Befragung lief vier Wochen. Es nahmen insgesamt 1.789 Personen (1.117 Frauen, 672 Männer) daran teil, d.h., diese Personen legten die Unterlagen vor und beantworteten die im Bogen aufgelisteten Fragen. Drei Personen beantworteten den Fragenkatalog nur unvollständig und wurden daher aus der Auswertung genommen. Abbildung 1 zeigt, wie viele Personen sich bei welchem Arbeitgeber beworben haben. In Kliniken bewarben sich 39 Prozent der befragten Personen. Zusätzlich bewarben sich zwölf Prozent bei Unikliniken. Bei Anbietern der Alten- und ambulanten Pflege bewarben sich etwa gleich viele Personen (19 bzw. 21 Prozent), Schlusslicht blieben die Personalvermittlungsfirmen. Erwartungsgemäß erhielten die privaten Betreiber von Pflegeeinrichtungen am häufigsten Bewerbungsschreiben (Abb. 2). Die Bewerbungen wurden zu 78 Prozent per E-Mail und zu 21,8 Prozent per Post verschickt; die „moderne“ Form der Bewerbung per Video über Smartphone ist hingegen noch zu vernachlässigen. Die Abbildung 3 offenbart das Interesse der Anbieter an den Bewerbungen der Pflegefachkräfte: Während die Personaldienstleister in der Regel zwischen 24 bis 48 Stunden nach Eingang der Bewerbung reagierten, „schafften“ es immerhin 72 der anderen Anbieter wenigstens binnen einer Woche zu reagieren. Erschreckenderweise zeigt sich aber, dass auf 1.555 Bewerbungen überhaupt keine Reaktion kam, das sind fast 87 Prozent. DiskussionDieses nicht repräsentative Untersuchungsergebnis wirft ein Schlaglicht auf die Situation des angeblichen „Kampfes um Pflegefachkräfte“. Glaubt man den öffentlichen Bekundungen der Verantwortlichen, dass viel getan werde, um neue Mitarbeiter für die Einrichtungen zu gewinnen, muss konstatiert werden: Die Arbeitgeber geben eine Visitenkarte bei den potenziellen Mitarbeitern ab, die diese eigentlich davon abhalten müssten, bei so einem Arbeitgeber die berufliche Arbeit aufzunehmen! Denn wenn schon auf ein Bewerbungsschreiben nicht reagiert wird, wie wird dann der Arbeitgeber reagieren, wenn es am Arbeitsplatz Probleme gibt oder wenn z.B. familiäre Belastungen den Arbeitnehmer zwingen sollten, von einer Vollzeit- auf eine Teilzeitstelle wechseln zu müssen. In der Diskussion um „Mitarbeiterwerbung“ wird viel von Wertschätzung schwadroniert. Viel ist davon offenbar nicht zu halten, wenn die „Wertschätzung“ nicht einmal dafür ausreicht, dass die Regeln des normalen Miteinanders bzw. des Anstandes eingehalten werden. Das Mindeste, was ein Bewerber erwarten kann, ist, dass auf sein Bewerbungsschreiben eine freundliche Bestätigung des Empfängers erfolgt. Ansonsten werden wir der Personalmisere in den Pflegebereichen nicht Herr werden.

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