… wer hat so viel Pinke, Pinke, wer hat so viel Geld? Die Worte dieses Karnevalsliedes fallen einem ein, wenn man die neuesten Zahlen der Deutschen Rentenversicherung im Rentenatlas liest. HCM-Kolumnist Eckhard Eyer beschäftigt sich in seiner neuen Kolumne mit der Finanzierungslücke in der Pflegeversicherung.

Die Rentnerinnen und Rentner, die 35 Jahre lang eingezahlt haben, erhalten im Durchschnitt monatliche Rente von 1.550 Euro brutto. Der durchschnittliche Eigenanteil der Bewohnerinnen und Bewohner im Pflegeheim beträgt 2.400 Euro monatlich und steigt jedes Jahr stärker als die Renten.
Personalkosten bei Gesundheitsdienstleistungen
Wie bei allen Dienstleistungsunternehmen bilden die Personalkosten einen erheblichen, meist den größten, Kostenblock in der Gesundheits- und Pflegewirtschaft. Zum einen hat sich aufgrund der Bezahlung der Mitarbeitenden in der Gesundheitswirtschaft seit September 2022 auf Tarifniveau deren Lage verbessert. Zum anderen hat sich die finanzielle Situation der Bewohnerinnen und Bewohner und ihrer Angehörigen dadurch bereits in der jüngsten Vergangenheit verschärft. Hinzukommen, die Tarifabschlüsse des Jahres 2023, die zu einer weiteren erheblichen Erhöhung dieses Kostenblocks führen.
Die Finanzierungslücke der Bewohner und Bewohnerinnen
Nach Daten des Verbands der Ersatzkassen betrugen am 1. Januar 2023 die selbst zu zahlenden Eigenanteil im ersten Jahr im Heim im bundesweiten Schnitt 2.411 Euro im Monat und damit 278 Euro mehr als Anfang 2022. Dem gegenüber bekommen laut aktuellem Rentenatlas Rentner aus Nordrhein-Westfalen nach 35 Beitragsjahren im Landesschnitt 1.845 Euro und in Niedersachsen durchschnittlich 1.267 Euro.
Während der durchschnittliche Eigenanteil die durchschnittliche Rente nach 35 Beitragsjahren um fast 1.000 Euro übersteigt, steigt auch die Zahl der Sozialhilfeempfänger in den Einrichtungen. Durch die Entlastung der Bewohnerinnen und Bewohner ab Januar 2024, im ersten Jahr im Pflegeheim, werden die Pflegebedürftigen, um 15 Prozent der Eigenbeteiligung entlastet. Geht man von 2.400 Euro Eigenbeteiligung aus sind das (nur) 360 Euro Entlastung. Dem beschriebenen Durchschnittsrentner bleibt eine Finanzierungslücke im ersten Jahr von rund 500 Euro monatlich, wenn man die Brutto-Rente nimmt. Bei der Netto-Rente ist die Differenz noch größer.
Finanzierungslücke schließen
Vielleicht kann im Einzelfall eine Vollbeschäftigung von mehr als 35 Jahren, eine attraktive Betriebsrente, eine Eigentumswohnung und/oder das eigene Haus die Finanzierungslücke schließen. Andernfalls tritt die Sozialhilfe, finanziert durch die häufig „klammen“ Kommunen ein, die dann andernorts auf Investitionen in die Zukunft verzichten, z.B. in Bildung und Digitalisierung.
Lohnnebenkosten oder Steuern erhöhen
Die Möglichkeiten zum Schließen der Finanzierungslücke sind insbesondere eine Erhöhung der Lohnnebenkosten und eine stärker steuerfinanzierte gesetzliche Altersversorgung. Beide Möglichkeiten führen zu einer Senkung der Nettoverdienste und des Wohlstandsniveaus der (arbeitenden) Bevölkerung. Dies gilt aber auch bei einem Rückgang der öffentlichen Leistungen der Kommunen für die Bürgerinnen und Bürger aufgrund der steigenden Sozialhilfe zur Finanzierung der nicht mehr zu leistenden Eigenanteile durch die Heimbewohner.
Wie reagieren verschiedene Stakeholder?
Die Auswirkungen der zukünftig gewählten Finanzierung der Eigenanteile in der Pflege, auf verschiedene potenzielle Mitarbeitergruppen, ist dabei auch zu berücksichtigen.
Zu denken ist z.B. an ausländische Mitarbeitende, die sich über die hohen Bruttoentgelte in Deutschland freuen und sich die Augen reiben, wenn sie auf der Lohnabrechnung ihr Nettoeinkommen sehen. Ihren tradierten gesellschaftlichen Werten entspricht das deutsche Sozialsystem mit seinen hohen Steuern und Sozialabgaben – wenn sie in der Rolle des Arbeitnehmers sind – nicht. Werden sie in Deutschland bleiben?
Wie macht man einem Mittzwanziger klar, dass er in eine Altersversorgung investieren soll, die über das gesetzlich geregelte Maß hinausgeht? Angesichts der Inflation und den steigenden Sozialabgaben erscheint ihm die Investition in eine zusätzliche Altersversorgung – auch zur Finanzierung eines Heimaufenthaltes – als Fehlinvestition.
- Wie kann man ihn zur Vorsorge motivieren?
- Wie verhalten sich Investoren in der Pflegewirtschaft, wenn sie befürchten, dass ihre Renditen geschmälert werden?
Noch dehnen internationale Investoren ihr Engagement in der Pflege aus, offensichtlich rechnen sie mit zahlungsfähigen Bewohnern bzw. deren Versicherungen und Eigentum – aber auch dem finanzierenden Sozialstaat.