Führung Von der „Nörgelkultur“ zum konstruktiven Change Management

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Nörgeln kann ein erster Schritt auf dem Weg zum erfolgreichen Change Management in Einrichtungen sein. Organisationsberaterin Claudia Kreysel teilt drei Tipps wie Führungskräfte „Meckerer“ wieder in die richtige Spur bringen.

Nörgelkultur in Unternehmen
Keine Angst vor Nörglern: Mit wenigen Schritten holen Führungskräfte unzufriedene Mitarbeiter wieder ins Boot. – © VadimGuzhva (stock.adobe.com)

Wir sind in Zeiten des Umbruchs. Die Geschwindigkeit nimmt zu, so dass viele Themen gleichzeitig zur Veränderung anstehen. Aufgaben und Verantwortungsbereiche wechseln schneller als Organigramme. Es kommen immer wieder neue Aufgaben hinzu, aber oft bleibt die Qualifikation oder Anwendungseinführung auf der Strecke. Zudem laufen viele Veränderungsprojekte meist „neben dem Tagesgeschäft, was nicht leiden darf“. So entsteht bei Mitarbeitern schnell das Gefühl, sie schieben einen riesen Berg voll Ansprüchen und Erwartungshaltungen vor sich her. Und on top sieht man die eigene Führungskraft ebenfalls rotieren.

Was sich oft aus solchen „Zuständen“ entwickeln kann, ist eine Nörgelkultur. Menschen wollen über das reden, was sie belastet. Und darüber reden ist ein Schritt (aber auch nur einer) zur Be- und Verarbeitung. Der nächste Schritt ist, miteinander zu klären, wie das übereinstimmende Zustandsbild aussieht. Wie übereinstimmend wird die Veränderungssituation mit ihren Stärken, Schwächen, Potenzialen und Herausforderungen gesehen? Gibt es eine gemeinsame Einschätzung des momentanen Status? Fast noch wichtiger ist die gemeinsame Einschätzung der Ziele. Sind diese klar und v.a. realistisch? Oft wird die Belastung des Tagesgeschäfts unterschätzt, Veränderungen zeitlich zu kurz geplant und die Fülle an Beharrungstendenzen ignoriert.

Prozesse hinterfragen

Nörgeleien aus Mitarbeiterreihen können Führungskräfte jedoch auch nutzen, um sich und die aktuell laufenden Prozesse zu hinterfragen. Folgende Punkte helfen bei Klären der Gedanken und Beleuchten des Status Quo: 
  • Wie sieht das Gesamtbild aus? Ist die Sinnhaftigkeit der Entwicklungsrichtung transparent dargestellt?
  • Ist die kluge und leistbare Reihenfolge der Veränderungsschritte ebenfalls nachvollziehbar? Wann kommen welche Projekte? Welche Veränderungen sind Voraussetzungen für andere Change Prozesse?
  • Haben die beteiligten Mitarbeitenden die notwendigen Kompetenzen, bzw. ist die Qualifizierung mitgeplant?
  • Gibt es eine schlüssige Verbindung von geäußerten Entwicklungswünschen der Mitarbeitenden (aus Mitarbeiter-Gesprächen) und den geplanten Veränderungen? Falls nicht möglich, ist mit dem Mitarbeitenden dennoch nach einer möglichen win-win Lösung gesucht worden?
  • Gibt es zusätzlichen Kommunikationsraum, um über die Veränderungen, Sorgen aber auch Gestaltungsideen zu sprechen?
  • Werden Entscheidungsbedarfe und Entscheidungen, aber auch Konsequenzen der Entscheidungen stringent herbeigeführt?

Lernen erwünscht und Fehler erlaubt

Nörgeln ist sicherlich auch eine Aktivität. Aber um den Change in Organisationen erfolgreich zu meistern sind neue Kompetenzen notwendig, um uns selbst zu verändern. Das beinhaltet: Ausprobieren, experimentieren, pilotieren. Neue Aufgaben werden im Team besprochen: Was ist die wesentliche Verantwortlichkeit? Was an Arbeitsmitteln, Kompetenzen und neuen Schnittstellen brauchen wir dafür? Können wir die Qualität der neuen Aufgabe schon bestimmen? Diese drei Tipps helfen Veränderungen mutiger anzugehen, statt im Nörgeln (dem ersten Schritt einer Veränderung) zu Verharren:

  1. Neugierig und offen sein: Change fällt leichter, wenn man die Überzeugung loslässt, man „wisse alles“ und sei Spezialist. Wer neugierig und aufmerksam wahrnimmt welche Zusammenhänge und Muster jetzt und hier vorherrschen, kann agil und situationsbezogen, aber insbesondere kooperativ und kreativ gestalten.
  2. Konsistent in Werten bleiben: Je unsicherer und fragiler das Außen, also die Arbeitswelt, desto wichtiger ist ein stabiles inneres Lot. Ob Fairness, Diversity, Selbstbestimmung, Vertrauen oder ganz andere Werte – sie geben Halt, Orientierung und Selbstvertrauen. Wichtig ist, dass Mitarbeitende sich über Ihre Werte bewusst werden. In Mitarbeiter-Gesprächen werden diese oft schon tangiert. Hier kann die Führungskraft unterstützen, die intrinsischen Werte gemeinsam mit den Mitarbeitenden klarer herauszuarbeiten.
  3. Kooperieren und verhandeln: Aufgrund der Komplexität brauchen Unternehmen für sinnvolle Lösungen diverse Kompetenzen. Je mehr Persönlichkeit die Einzelnen Teammitglieder einbringen, desto vielfältiger werden die Fähigkeiten im Pool, die zur Lösung beitragen. Voraussetzung ist ein Umgang auf Augenhöhe, um Kompetenzen und Fähigkeiten miteinander auszutauschen. Ziel ist es, miteinander win-win Lösungen zu verhandeln, denn keiner kennt alleine die Lösung.

Menschliche Stärken im Fokus

Notwendig für eine zupackende (statt nörgelnde) Organisation sind keine abstrakten oder akademischen Skills. Es sind essentielle menschliche Fähigkeiten, die Kinder besitzen und Erwachsene oft verlernt haben. Doch Menschen können lebenslang lernen. Diese „neuen“ Kompetenzen machen zuversichtlicher und Mitarbeiter können so im angenehmen „miteinander“ die Veränderungen gestalten.

Über die Autorin: Claudia Kreysel
Claudia Kreysel von Kreyselblick ist Organisationsberaterin für Gesundheitseinrichtungen und v.a. auf Change Management spezialisiert.