Neue Forschungsprojekte der DGFM Von der digitalisierten Medizin bis zum betrieblichen Gesundheitsmanagement

Im Jahr 2011 gewann der IBM-Computer „Watson“ bei einer Quizshow. Das Besondere daran war, dass der Computer ganz normal mit den anderen Teilnehmern kommunizierte, also keine spezifische Schnittstelle aufwies und auch nicht erkennbar auf Algorithmen beschränkt war, sondern sich zu allen möglichen Themen äußerte.Watson wird nun fit für die Medizin gemacht. IBM und Apple haben 2.000 Menschen eingestellt, um bei „Big Data“ im Gesundheitswesen mitzuwirken. Cartoonisten spotten bereits, dass man in Kürze keine Ärzte mehr braucht, sondern nur noch Maschinenbediener – Leute, die allenfalls noch den Patienten helfen, mit Watson zu sprechen. Apotheken verschwinden auch, weil die Medikamente mit der Post, Drohnen oder Uber geliefert werden. Uber belebt auch den Hausbesuch neu: So, wie man heute ein Taxi bestellt, kann man künftig den Uber-Health-Mitarbeiter des Vertrauens anreisen lassen. Google kauft Dutzende von Unternehmen aus der Medizin zusammen. Eines dieser Projekte läuft darauf hinaus, den Tod zu überwinden (!), indem die Zellen am Absterben gehindert werden sollen. Es heißt, Google-Mitgründer Sergey Brin habe sich beim Abendessen entschieden, 1,5 Milliarden Dollar in dieses Projekt zu investieren. Wearables überwachen Körperfunktion und Ernährung (ein Foto-Klick auf den Teller, und schon berechnet die App den Kaloriengehalt) und passen den Lifestyle des Trägers an, bevor Beschwerden auftreten. Und die Daten landen alle bei der Handvoll Firmen, die heute schon das Internet unter sich aufteilen. Es gibt Menschen, die das Ganze als „Emanzipation“ des Patienten hinstellen wollen: Endlich könne der Konsument, der nicht länger Patient sei, auf Augenhöhe mit dem Arzt verhandeln. Mit Hilfe der Apps könne der Konsument nicht nur den richtigen Arzt auswählen, sondern auch sich vor dem Gespräch über seine Krankheit informieren. Oder noch besser, er lässt sich gleich von Dr. Watson beraten. Aber ist die App-Patienten-Beziehung wirklich so viel besser als die Arzt-Patienten-Beziehung? Erreicht man eher seinen Hausarzt oder die Google-Zentrale? Sind Patientendaten besser in einer Arztpraxis oder in der Cloud aufgehoben? Gibt es hier ein Entweder-oder? Ergänzen sich die herkömmliche und die digitalisierte Medizin? Es ist aktuell schwer vorherzusagen, ob die neue Datenwelt Segen oder Fluch für die Patienten ist, ob sie eine vorübergehende Modeerscheinung ist, ob sie sich in die Medizin einpasst oder sie „disrupted“. Noch schwerer ist zu sagen, ob demokratische Gesellschaften die neuen Internetphänomene kontrollieren können, d.h., ob sie in der Lage sind, die Chancen zu nutzen und die Risiken zu überwinden. „Demokratien kommen schlecht mit Komplexität und Geschwindigkeit zurecht“, sagt H. Kroemer, Dekan der Universitätsmedizin Göttingen. Komplexer und schneller kann die Herausforderung herkömmlicher, d.h. demokratisch organisierter Strukturen der medizinischen Versorgung durch die Digitalisierung kaum sein. Licht ins Dunkel bringenIn einer Reihe von Forschungsprojekten bemüht sich die DGFM, Licht ins Dunkel zu bringen, z.B. zur Frage, wie medizinische Fachgesellschaften Daten von Patienten sammeln können. Ein anderes, aktuell sehr breit diskutiertes Thema ist das betriebliche Gesundheitsmanagement. Gemessen an der Häufigkeit einschlägiger Kongresse weiß man wenig über seine Wirksamkeit. Zwei Forschungsprojekte wurden gerade abgeschlossen und befinden sich derzeit in der Vorbereitung zur Veröffentlichung: Wie gut sind Gesundheits-Apps im betrieblichen Gesundheitsmanagement und wie werden sie von führenden Unternehmen genutzt?Wie können Unternehmen Rückenschmerzen beeinflussen?Alle diese Themen stammen aus der Praxis. Forschungsansatz der DGFM ist immer, Themen so zu untersuchen, dass sie für die Praxis relevant sind und die Praxis etwas damit anfangen kann. Sollten Sie Themen haben, die aus Ihrer Sicht der Erforschung bedürfen, können Sie sich gerne an mich wenden. Prof. Dr. med. Dr. rer. pol. Christian Thielscher, FOM Hochschule für Oekonomie und Management/MIPH Mannheimer Institut für Public Health, Universität Heidelberg, Kontakt: christian.thielscher@fom.de

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