Hygiene im Diskurs: Trinkwasserinstallation Verkeimung verhindern

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Wasser aus der Leitung ist das ideale Getränk zur Medikamenteneinnahme, da Mineralwasser die Wirkung von Medikamenten beeinflussen kann. Daher ist es gerade in Gesundheitseinrichtungen besonders wichtig, dass die Trinkwasserinstallationen der Einrichtungen stets in hygienisch einwandfreiem Zustand gehalten werden.

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    © Tobias Lenz
    Blick in einen Versorgungsschacht: Kalt- und Warmwasserleitung liegen direkt und unisoliert nebeneinander.
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    © Tobias Lenz
    Zum Abstellraum wurde dieses Pflegebad umgewandelt. In der Mitte des Raumes ist die ungenutzte Pflegewanne zu erkennen.

Verkeimung verhindern

Mit der Einführung der Trinkwasserverordnung (TVO), die 2003 in Kraft getreten ist, sind die Ansprüche an die Hygiene des Trinkwassers erheblich gestiegen. Die geforderten Vorgaben sind umfangreich und machen eine Vielzahl von sogenannten allgemein anerkannten Regeln der Technik, kurz a.a.R.d.T, verbindlich. Die Gesundheitsämter haben nach § 18 TVO den Auftrag, Wasserversorgungsanlagen, die Trinkwasser an die Öffentlichkeit abgeben, zu überwachen. Unter diese Überwachung fallen nach TVO 2001 auch Hausinstallationen (siehe § 3, Absatz 2c) von Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen oder Kindertagesstätten.

Besichtigungen der Trinkwasserinstallationen

Um Mängel an der Installation und im Betrieb erkennen und richtig bewerten zu können, ist die Überwachung der Trinkwasserqualität mit einer Inaugenscheinnahme der Anlage zu verbinden, um sich einen Überblick zu verschaffen und später eventuelle Problemfelder besser zuordnen und bewerten zu können. Hierzu ist spezielles Fachwissen vonnöten, auch um bei den entsprechenden Unternehmern oder Inhabern von Wasserversorgungsanlagen auf Akzeptanz zu treffen. Diese Begehungen sind von besonderer Wichtigkeit, weil sich im Laufe der letzten Jahre die Ansprüche und gesetzlichen Vorgaben an eine Trinkwasserinstallation so stark geändert haben, dass nur sehr wenige Anlagen bis ins letzte Detail nach den a.a.R.d.T. betrieben werden.

Problemstellen erkennen

Während einer Begehung sind insbesondere die eingebauten und verwendeten Rohrleitungen und die daran angeschlossenen Anlagenteile und Entnahmestellen zu inspizieren. Empfehlenswert ist, hier den „Weg des Wassers“ durch das Gebäude zu verfolgen, um Problemstellen sicher orten zu können. Diese reichen beispielsweise von überdimensionierten Rohrleitungen über zu groß dimensionierte Warmwasserspeicher bis hin zu falsch oder gar nicht abgesicherten Nichttrinkwasseranlagen. Gerade bei großen und unübersichtlichen Anlagen, wie sie in einem Krankenhaus oder Seniorenheim vorliegen können, hat sich eine kleinteilige Nachverfolgung als empfehlenswert herausgestellt, da es hier in vielen Gebäuden Bereiche gibt, die oft seit langer Zeit nicht betrachtet und bewertet wurden.

So wurden z.B. im Rahmen von Begehungen häufig nicht isolierte Teilbereiche von Trinkwasserleitungen vorgefunden. Dies ist für kaltes und warmes Trinkwasser von Nachteil, da sich dadurch das Kaltwasser erwärmt und das Warmwasser abkühlt. Beide Vorgänge können letztlich das Aufwachsen von Keimen im Trinkwasser fördern.

In einem Seniorenheim wurde z.B. eine Kaltwasserleitung vorgefunden, die auf einer Länge von etwa 40 m an der Decke des Heizungsraumes, knapp oberhalb der Heizungsrohre, verlegt war. Die Leitung war nicht isoliert und endete an einem sehr selten genutzten Waschbecken. Die Folge war, dass über einen Zeitraum von circa 15 Minuten bei voll geöffnetem Wasserhahn sogenanntes Kaltwasser mit einer Temperatur von 38,5 °C an der Entnahmestelle zu messen war. Da es sich um ein sehr selten genutztes Waschbecken im Kellerbereich handelte, kann davon ausgegangen werden, dass hier ein Leitungsstrang vorliegt, in dem sich stagnierendes Wasser befindet, welcher mit annähernd 40 °C warmem Wasser beaufschlagt ist. Bei einer idealen Vermehrtemperatur für beispielsweise Legionellen von 25 bis 45°C war hier schon in der Verteilzentrale des Gebäudes ein großes Problem installiert. Dies spiegelte sich in den Untersuchungsergebnissen wider, da die Installation und besonders die beschriebene Leitung stark mit Legionellen kontaminiert war.

Probleme in älteren Einrichtungen

Ein häufig auftretendes Problem sind überdimensionierte Leitungsquerschnitte, die vornehmlich bei älteren Gebäuden zu finden sind. Durch unterschiedliche Gründe wie den Einsatz von Wasserspar-armaturen kommt es zu dauerhafter Stagnation, da die geplante Abnahmemenge an Trinkwasser nicht erreicht wird. Eine vollständige Durchströmung der eingesetzten Leitungen ist nicht mehr gegeben.

Auch veraltete Membranausdehnungsgefäße, die Druckschwankungen entgegenwirken sollten, sind häufig vorzufinden. Diese Einbauteile benötigen regelmäßige Pflege und Wartung, da in der Vergangenheit Materialien genutzt wurden, die einem Wachstum von Mikroorganismen förderlich sein können. Dies sind nur einige mögliche Probleme in älteren Gebäuden, um die Verantwortlichen für die Problematik zu sensibilisieren.

Probleme in Wohnbereichen und Stationen

Es zeigt sich nicht nur im Technikbereich, sondern auch im Gebäude selbst, dass es viele Trinkwasserentnahmestellen gibt, die nicht genutzt werden und bei denen es zu Stagnation und möglicher Verkeimung kommen kann. Auch auf den verschiedenen Stationen oder Wohnbereichen sind Begehungen sinnvoll, um diese Stellen ausfindig zu machen und der Stagnationsproblematik entgegenzuwirken. Dies kann z.B. durch den fachgerechten Rückbau von Entnahmestellen und deren Zuleitungen oder auch durch eine Einführung eines Trinkwasserspülmanagements erfolgen (siehe VDI-Richtlinie 6023). Häufigste Problemstellen, die bei Begehungen auffallen, sind Pflegebäder mit außer Betrieb genommenen Duschen und Pflegebadewannen. Meist aus Platznot und Stauraummangel werden in diesen Räumlichkeiten nur noch Materialien und Hilfsmittel gelagert. Aufgrund der entstehenden Stagnation durch Nichtnutzung kann eine solche Situation ein Risiko für die gesamte Restinstallation darstellen.

Warmwasserbereitung und Verteilung

Für die Warmwasserinstallation gibt es temperaturseitig klare Vorgaben: 60 °C am Speicherausgang und 55 °C am Zirkulationsrücklauf in den Speicher (DVGW-Arbeitsblatt W 551). In mehrstöckigen, großen Gebäuden ist dies eine schwer zu realisierende Aufgabe. Hier müssen die Hydraulik, die Verlegung der Leitungen und die Isolation des Verteilnetzes sinnvoll gestaltet sein, damit nicht zusätzlich Energie verschwendet wird. Durch nicht fachgerecht verlegte Zirkulationsleitungen, die nicht bis zur Entnahmestelle durchgeschleift werden, kommt es hier immer wieder zu Stagnationszeiten im Warmwasserbereich. Dies ist ein häufig vorgefundenes Problem in älteren Gebäuden, mit möglicherweise großer Auswirkung auf die gesamte Installation. Generell ist bei der Planung zu überlegen, sehr weit abgelegene Trinkwasserentnahmestellen nur mit kaltem Trinkwasser zu versorgen und vor Ort mit einer dezentralen Warmwasseranlage (z.B. Untertischboiler) für die Versorgung mit Warmwasser zu sorgen.

Dem Bedarf anpassen

Generell kann keine Empfehlung ausgesprochen werden, welche Anlagen in welchen Gebäuden am sinnvollsten bzw. am sichersten betrieben werden können. Wichtig ist bei Neubauten und Neuinstallationen, Überdimensionierungen von Rohrleitungen und Einbauteilen generell zu vermeiden, um nicht schon Stagnation in der Trinkwasserversorgung „mitzuplanen“. Zu überlegen gilt ebenfalls, an welchen Stellen Abnahmevorrichtungen benötigt werden. Ein Vorgespräch mit dem zuständigen Gesundheitsamt empfiehlt sich, da in der Planungsphase noch Änderungen und Ratschläge mit einfließen können (siehe auch § 13 TVO). Beim Einbau von „Abwehranlagen“ gegen Legionellen ist es wichtig, zu bedenken, dass Verkeimungen meist im Gebäude, also in der verbauten Installation, auftreten und nicht am Warmwasserspeicher. Eine Abkühlung der Warmwassertemperatur tritt meist erst in den oberen Teilen eines Gebäudes auf, da das Wasser einen langen Weg zurückzulegen hat. Ebenfalls ist es wichtig, die Zirkulation intelligent zu planen und auszuführen.

Aspekte der Desinfektion

Desinfektionsmaßnahmen können auf unterschiedliche Arten durchgeführt werden. Unterschieden wird zwischen thermischer Desinfektion (am häufigsten bei einer Kontamination mit Legionellen angewandt) und chemischer Desinfektion. In beiden Fällen ist die Hydraulik im System entscheidend. Wenn viele Stagnationsstellen im System vorhanden sind, dann wird sich das thermische oder chemische Desinfektionsprodukt nicht verteilen. Die Problematik wird weiterhin bestehen.

Die praxisnächste und günstigste Methode, die Hydraulik im Warmwasser zu überprüfen, sind Temperaturkontrollen an ausgewählten Stellen im Gebäude bzw. am Installationssystem. Hiermit lässt sich leicht feststellen, inwieweit der „Wassertransport“ funktioniert oder ob es sich um Stagnationsbereiche handelt, in denen dann das Warmwasser stark abkühlt.

Häufiges Ziel einer geplanten Desinfektion ist es, den entstandenen Biofilm auf der Innenseite der Trinkwasserleitungen zu entfernen. Zu beachten ist, dass die gelöste Biomasse vollständig aus dem System ausgetragen wird, da es sonst zu sprunghaften Anstiegen von Belastungen durch Mikroorganismen kommen kann. Ursache hierfür sind abgelöste und frei florierende Teile des Biofilms, die zwar inaktiviert sind, aber überlebenden Bakterien dann wieder als Nahrung zur Verfügung stehen können. Dieses Phänomen wird bei temporären Desinfektionsmaßnahmen, die unsachgemäß durchgeführt werden, häufig beobachtet.

Um Verkeimungsproblemen in der Hausinstallation entgegenzuwirken, sind viele Probleme und Vorgaben zu berücksichtigen, die zum Teil nur im Zusammenspiel der einzelnen Komponenten zu einem funktionierenden System werden. Meist reicht es nicht aus, nur eine Ursache zu beheben, wie z.B. die Temperatur des Warmwassers zu erhöhen. Vielmehr ist das Zusammenspiel der einzelnen Einflussfaktoren entscheidend. Meistens lässt sich eine Verbesserung der Gesamtsituation erst nach einer Komplettbetrachtung der Hausinstallation erreichen.