Personalführung Veränderungen mit Respekt begegnen

Nichts ist so beständig wie der Wandel und damit einhergehend auch die Angst vor „Veränderung“. Führungskräfte haben es oft schwer, ihr Team für Neuerungen zu gewinnen. Dieser Beitrag zeigt, wie es gelingen kann, Mitarbeitende für Veränderungen zu begeistern. Sicherlich ist „Veränderung“ für viele Mitarbeitende unter den Top 3 auf der Liste der Unwörter des Jahres. Führungskräfte sind immer wieder gefragt, ihr Team für Neuerungen zu gewinnen. Manche Veränderungen betreffen direkt den Klinikalltag, wie die Corona-Pandemie oder spezifische Gesetzgebungen. Aber auch Krieg in Europa, die Energiekrise oder die Inflation sowie private Herausforderungen führen bei Mitarbeitenden inzwischen zu einer Veränderungs-Lethargie. Doch ist uns bewusst, dass Wandel auch in Zukunft unser ständiger Begleiter sein wird. Also stellt sich die Frage: Wie kann es trotz der systemischen Umstände gelingen, Mitarbeitende für Veränderungen zu begeistern? "Ich sehe Veränderungen als eine Chance zur Weiterentwicklung, nicht als Bedrohung." Dr. med. Ebru Yildiz Voraussetzungen für Veränderungen Veränderung braucht einen optimalen Rahmen. Viel zu oft erfolgt Kommunikation zu spät, es fehlt an Transparenz oder den Betroffenen ist nicht klar, was da wirklich auf sie zukommt. Um Widerstände zu vermeiden oder so klein wie möglich zu halten, sind die folgenden fünf Punkte wichtig: 1. Transparenz schaffen Es geht nicht nur darum, die Veränderung zu kommunizieren, sondern auch deren Umfang und Auswirkungen offen und ehrlich darzustellen. Dabei gilt es auch immer, die Chance zu geben, Verständnisfragen zu klären. 2. Den Sinn erläutern Zu sagen „Das wird ab sofort so gemacht“ reicht meist nicht aus. Hilfreich ist es, den Sinn hinter der Sache zu erläutern, also wem nützt diese Veränderung bzw., warum ist sie wichtig für das Team. 3. Um Verständnis werben An gemeinsame Ziele und Werte zu appellieren, kann helfen. Sich auf gemeinsam Erreichtes zu berufen, führt zu positivem Denken und aktiviert die richtigen Ressourcen. 4. Kompetenzen stärken Widerstand entsteht auch dann, wenn sich Menschen unsicher fühlen oder sich den neuen Veränderungen nicht gewachsen sehen. Zusätzliche Seminare, Trainings und Coachings helfen, Ängste zu nehmen und Kompetenzen zu stärken. 5. Bedürfnisse berücksichtigen Mitarbeitende haben nicht nur unterschiedliche Bedürfnisse, sondern häufig auch ganz andere Sorgen und Nöte als die Chefetage. Diese sollte man nicht ignorieren, sondern gezielt adressieren. Mitarbeiterbedürfnisse ernst nehmen Die Grundbedürfnisse sind meist bekannt: Darunter fallen Sicherheitsbedürfnisse (z.B. Arbeitsplatzsicherheit und sicherer Wohnraum), soziale Bedürfnisse (z.B. liebevoller Umgang und Interaktion mit anderen Menschen), Individualbedürfnisse (z.B. Anerkennung und Status) und das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (z.B. Weiterentwicklung von Charakter und Fähigkeiten). Nach dem Riemann-Thomann-Modell kann man außerdem gut zwischen Nähe-/Distanztypen sowie Wechsel-/Dauertypen unterscheiden. Dauertypen tun sich grundsätzlich etwas schwerer mit Veränderungen. Sie schätzen Kontinuität, feste Routinen und Gewohnheiten. Wechseltypen dagegen initiieren auch selbst immer wieder Veränderungen, um dadurch ihren Kreativitäts- und Innovationswünschen gerecht zu werden. Wichtig ist, Mitarbeitenden immer auf ihrer Bedürfnisebene zu begegnen. Ist der Mitarbeitende beispielsweise ein Nähe-Dauer-Typ, dann ist es notwendig, ihm Veränderungen nicht unpersönlich per Mail, sondern persönlich und im Team zu kommunizieren. Auch lässt sich diese Person vermutlich leichter auf Veränderungen ein, die Abläufe betreffen, als wenn sie zum Beispiel das Team wechseln muss. Der Blick auf die Bedürfnisse oder auch die Motivorientierung gibt die Chance, gezielter zu kommunizieren und dadurch Widerstände zu vermeiden. „Als Führungskraft sehe ich Veränderungen als eine Chance zur Weiterentwicklung, nicht als Bedrohung. Mit Respekt und Empathie für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter navigiere ich uns alle durch die Herausforderungen des Wandels. Denn nur so können wir gemeinsam erfolgreich sein und unsere Ziele erreichen“, sagt Dr. med. Ebru Yildiz, Leitung Westdeutsches Zentrum für Organtransplantation. Sicherheit durch Werte bieten Werte sind wertvoll. Wenn wir sie auch wirklich (vor)leben. Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun hat mit dem Kommunikations- bzw. Werte-Quadrat ein Modell entwickelt, das uns die Möglichkeit gibt, Tugenden und Stärken von Menschen anders zu sehen und einzuordnen. Eine Tugend wie „Beständigkeit“ hat auch immer eine Schwestertugend wie „Wandlungsfähigkeit“. Stehen sich Menschen mit diesen unterschiedlichen Tugenden gegenüber, entstehen schnell Konflikte. Die Beständigen werfen den Wandlungsfähigen dann häufig Sprunghaftigkeit und Kopflosigkeit vor. Die Wandlungsfähigen werfen den Beständigen dann gerne Starrköpfigkeit oder Engstirnigkeit vor. Da hilft die Besinnung auf die Tugend hinter der Untugend. Und mit Tugenden und Werten können wir Menschen Sicherheit geben. Werte sind Leitplanken und auch mit einer Wertekultur geben wir Menschen in veränderungsintensiven Zeiten Sicherheit. Denn darauf dürfen sie sich verlassen. Respekt als Chance begreifen In fast jeder Unternehmenskultur taucht das Wort „Respekt“ auf. Wenn wir Menschen fragen, wie wichtig ihnen Respekt ist, empfinden die meisten ihn als sehr wichtig. Etwa drei von vier Mitarbeitenden verlassen das Unternehmen, wenn sie sich von ihrer Führungskraft nicht wertgeschätzt und respektiert fühlen. Grund genug also, Respekt wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft und natürlich in die Mitte eines Teams zu rücken (siehe auch Abbildung „25 Respekt-Lernfelder“ auf Seite 21). "Respekt ist der Sauerstoff unter den sozialen Elementen." René Borbonus Gute Wortwahl ist entscheidend Dabei geht es zunächst um den Respekt gegenüber sich selbst. Dazu ist es notwendig, dass wir unsere Wahrnehmung und Selbstachtung trainieren, aber uns auch unsere eigenen Werte und Präsenz bewusst machen. Im Dialog, bzw. im 1:1 können wir mit guter Wortwahl und den richtigen Fragetechniken Widerstände vermeiden und respektvoll Lob und Kritik üben. In der Gruppe geht es immer wieder ums Zuhören, aber auch um Lösungsorientierung und die allseits beliebte Fehlerkultur. „Respekt ist der Sauerstoff unter den sozialen Elementen: Für das soziale Überleben unverzichtbar, aber nicht selbstverständlich in der Atmosphäre“, sagt René Borbonus, Trainer, Redner, Autor. Wenn wir Respekt als unverzichtbar für den Wandel begreifen, erhalten wir damit eine Chance. Die Mitarbeitenden werden nicht immer begeistert „Ja“ schreien, wenn wir mit Veränderungen um die Ecke kommen. Aber sie werden ihnen offener begegnen und sich ihnen mit mehr Respekt stellen. Kontakt zur Autorin Tanja Heiß, Geschäftsführerin ID-Native GmbH, Coach, Respekt-Trainerin, tanja.heiss@id-native.com

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