Medizintechnik
Interaktive Schulungen, Videos und Simulationsoperationen gehören zum Standard der Aus- und Weiterbildung in der Roboter-assistierten Chirurgie, eine Live-OP im Saal ersetzen sie jedoch nicht. Dies gilt v.a. bei komplexen Eingriffen wie der Speiseröhrenentfernung, wofür das Universitätsklinikum Münster (UKM) nun Exzellenz- und Hospitationszentrum ist.

Das UKM bietet als Hospitationsstätte nun Kolleginnen und Kollegen anderer Kliniken und Zentren die Möglichkeit, an dieser mehrstündigen Operation teilzunehmen. Das Ziel: Die Expertise in die Fläche bringen, damit Patientinnen und Patienten vielerorts Zugang zu dieser verbesserten OP-Technik erhalten.
Hospitationszentrum für robotische Chirurgie
Mit mehr als 200 robotisch-unterstützen Entfernungen der Speiseröhre gehört das UKM zu den Spitzenreitern dieser Operationstechnik in Deutschland – und damit werde der Chirurgie eine besondere Aufgabe zuteil: Ab sofort gilt die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie als Hospitationszentrum für Kolleginnen und Kollegen im deutschsprachigen Raum. „Auch, wenn die Robotik mittlerweile recht verbreitet ist, zeichnet unseren Standort aus, dass wir bereits früh komplexe Operationen erfolgreich mit dem daVinci durchgeführt und etabliert haben und ich freue mich, dass unser Robotikexperte Dr. Jens Peter Hölzen nun einer von zwei Proktoren in Deutschland ist, der die Roboter-assistierte Speiseröhrenentfernung lehren darf“, sagt Klinikdirektor Prof. Andreas Pascher.
Robotische Chirurgie – erster Austausch mit Universitätsmedizin Göttingen
Der erste Austausch fand mit Kolleginnen und Kollegen der Universitätsmedizin Göttingen statt, wo die robotische Chirurgie bereits seit mehreren Jahren bei verschiedenen Krankheitsbildern zum Einsatz kommt. „Wir haben nun das Ziel, auch die Speiseröhre mit Unterstützung der Robotik zu operieren und in einem Haus wie hier am UKM, wo der Eingriff so etabliert ist, kann man von einer Hospitation nur profitieren und wertvolle Infos mitnehmen“, sagt Dr. Maximilian von Heesen, Geschäftsführender Oberarzt der Göttinger Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie.
Dabei gehe es v.a. darum:
- Live dabei sein,
- Kommunikation des Teams im OP-Saal wahrnehmen,
- zuschauen, wie Materialien und Techniken genutzt werden und
- wie die Anordnung im Raum ist.
„Vor Ort zu sein ist etwas ganz anderes als eine Videoschulung, das ist nicht vergleichbar. Ich kann mich mit dem Team austauschen, Fragen stellen, kleinste Details sehen. Tabus gibt es dabei nicht.“
Dr. Maximilian von Heesen
„Es wird alles offengelegt und das ist schon etwas, was es so früher in der Chirurgie nicht gegeben hat“, sagt Dr. Jens Peter Hölzen, Robotikexperte und stellvertretender Direktor der Münsterschen Chirurgie. „Aber es geht ja nicht darum, dass einzelne Operateure ihr Wissen behalten, sondern sicherzustellen, dass wir flächendeckend in Deutschland die Patienten optimal versorgen können“, betont er.
Patientenversorgung verbessert durch robotische Chirurgie
In dieser Hinsicht sprechen die Zahlen am UKM eine eindeutige Sprache: Statt drei bis vier Tagen auf der Intensivstation liegen Patientinnen und Patienten nach einer Speiseröhrenentfernung dort nur noch einen Tag zur Überwachung, der 75 Jahre alte – und am UKM 200. – Patient z.B., bei dem Anfang Oktober die Speiseröhre entfernt wurde, konnte nach genau 14 Tagen das Klinikum verlassen. Früher waren es drei bis vier Wochen. „Wenn es durch die verbesserte OP-Technik den Patientinnen und Patienten bessergeht und wir gleichzeitig in den Kliniken weniger Intensivbetten belegen, dann ist das eine Win-Win-Situation für alle und ein wichtiges Argument, die robotische Versorgung in Deutschland weiter auszubauen“, sagt Klinikchef Pascher.
Übernommen werde bei solch einer Hospitation am Ende längst nicht alles. „Wir haben etwas andere bauliche Voraussetzungen, auch Materialien sind z.T. anders. Und wir haben ja auch selbst schon sehr viel Erfahrung. Insofern ist es eher ein Austausch, von dem beide Seiten profitieren“, erklärt von Heesen. Das bestätigt auch Jens Peter Hölzen: „Für mich ist es ein kollektives Lernen auf Augenhöhe. Die Fragen regen an, das eigene Handeln zu reflektieren und helfen wiederum, auch bei uns Verbesserungen anzustoßen.“