Digitalisierung, Entscheiderfabrik und KHZG
Aufklärungsgespräch mittels Videocall, signierte Dokumente FHIR-basierend digital übermitteln und compliancegerecht archivieren – das Universitätsklinikum Essen führt mit Softwarehersteller m.Doc die digitale Patientenaufnahme ein. Nun ist Halbzeit für das Projekt: Was bis jetzt erreicht wurde.
Die traditionelle Patientenaufnahme findet im Krankenhaus statt. Doch Patienten können die Registrierung bereits in der entspannten Atmosphäre ihres eigenen zu Hause regeln. Die Universitätsmedizin Essen führt daher mit den Industriepartnern m.Doc, Thieme Compliance und Cerner Health Services die digitale Patientenaufnahme ein. Im Februar überzeugte das Vorhaben auch beim Entscheider-Event der Entscheiderfabrik und sicherte sich einen Platz unter den fünf Digitalisierungsthemen 2021. Auch der Gesetzgeber hat den Nutzen erkannt und fördert im Tatbestand 2 des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) die Einführung von Patientenportalen.
Unter der Überschrift „Kontaktlos, sicher und effizient: Videosprechstunde & Chatfunktion als Must-have der digitalen Patientenaufnahme“ entkoppelt das Projektteam nun die Aufnahme vom physischen Erscheinen der Patienten und verlagert alle administrativen Aufklärungsinformationsprozesse nach Hause. Auch das Aufklärungsgespräch, das mittels Videocall durchgeführt werden kann. Alle Dokumente werden in diesem Rahmen compliancegerecht verarbeitet und archiviert. Zudem soll ein userfreundliches Frontend auch älteren Patienten, die Bedienung erleichtern und das Personal kann beim Anlegen des Accounts unterstützen.
Projektvorstellung beim Sommer-Camp
Auf dem Sommer-Camp der Entscheiderfabrik im Juni zeigt das Projektteam bereits erste Ergebnisse wie die Implementierung einiger FHIR-Ressourcen: u.a. den Appointment Questionair, wie die Zustimmung der Patienten schon vorab digital eingeholt werden kann oder wie signierte Dokumente FHIR-basierend digital übermittelt werden können, noch bevor die Patientin überhaupt die Klinik betritt.
Interne Prozesse neu denken
Dennoch warten auf das Team noch Herausforderungen v.a. bei der Umsetzung. Admir Kulin, Gründer und CEO m.Doc erklärt: „Hier sehe ich vor allem zwei große Hürden. Zunächst geht eine digitale Transformation immer mit Veränderungen einher, sodass zahlreiche interne Prozesse neu gedacht und angepasst werden müssen. Und daraus resultiert direkt die nächste Hürde, die bei vielen Digitalisierungsthemen gleich ist: die natürliche Abwehr der Menschen von Neuerungen. Klar ist aber, dass ein ‚Das haben wir schon immer so gemacht‘ schon heute nicht mehr funktioniert. Das hat uns die Pandemie mehr als deutlich vor Augen geführt.“
IT-Projekte brauchen Change-Management
Das Projektteam setzt bei der Umsetzung der digitalen Patientenaufnahme in Essen v.a. auf klare Verantwortlichkeiten, denn „Technik wird sich immer nur dann durchsetzen, wenn sie vom Nutzer akzeptiert wird“, weiß Kulin. „Daher gilt es, nicht nur die Patientinnen und Patienten zu überzeugen, sondern auch die Belegschaft. Daher sind IT-Projekte aus unserer Erfahrung mehr als die reine Implementation von technischen Lösungen. Sie fordern ein Umdenken, verändern Strukturen und Prozesse und sollte daher immer auch von einem Change-Management begleitet werden, das auf oberste Ebene angesiedelt und von dort gesteuert wird. Es gilt heute mehr denn je das Motto: ‚IT follows Process‘ – und nicht andersrum.“