Beschaffungswesen Überraschungen vermeiden

In letzter Zeit wurde vermehrt über den Korruptionsskandal am Klinikum Ingolstadt berichtet, in den der Ex-Geschäftsführer verwickelt sein soll. Der Skandal weist u.a. Anknüpfungspunkte zu möglichem Fehlverhalten im Beschaffungswesen auf, die zur Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft gegen den früheren Geschäftsführer geführt haben.In Unternehmen der Gesundheitsbranche hat das Beschaffungswesen aufgrund des Kosten- und Wettbewerbsdrucks einen hohen Stellenwert. Die benötigten Waren und Dienstleistungen müssen in der gewünschten Menge und Qualität zu möglichst wirtschaftlichen Konditionen beschafft werden, weil steigende Kosten nicht immer an die Krankenkassen oder die Patienten weitergegeben werden können. Aber auch die Schnittstelle zur Zulieferseite mit ihren Möglichkeiten der unerwünschten Einflussnahme erklärt die besondere Bedeutung des Beschaffungsprozesses. Die Kooperation mit Lieferanten und Dienstleistern birgt jedoch u.a. folgende Risiken: strafrechtliche Risiken (Bestechung und Bestechlichkeit, Betrug, Untreue),Preis- oder Mengenabsprachen,unzulässige Rabattgestaltung,Kick-back-Vereinbarungen sowieunvollständige oder mangelhafte Lieferung.Präventive MaßnahmenIm Sinne des Compliancemanagements sollten daher präventive Maßnahmen ergriffen werden, die Erwartungen an das Verhalten im Beschaffungswesen festlegen. Folgende Fragen sollten im Vorfeld durch die Unternehmensleitung geklärt werden: Gibt es eine Beschaffungsrichtlinie, die die Abläufe und Zuständigkeiten reglementiert?Gibt es eine interne Verhaltensrichtlinie, aus der hervorgeht, was erlaubt und was verboten ist (z.B. Annahme von Geschenken, Bewirtung)?Sofern im Unternehmen eine interne Revision vorhanden ist, stellt das Beschaffungswesen ein regelmäßig wiederkehrendes Untersuchungsobjekt mit hoher Priorität dar. Es sind jedoch nicht nur wirtschaftliche Aspekte, die zu dieser Bedeutung führen, sondern auch die hohe Korruptionsgefährdung durch die Schnittstelle zur Zulieferseite. Inhaltlich umfasst eine risikoorientierte Revisionsprüfung grundsätzlich eine Beurteilung der Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit des internen Kontrollsystems. Darüber hinaus sollte das Beschaffungswesen auf seine Effizienz und Funktionalität hin kritisch überprüft werden. Hinsichtlich der beschriebenen Risiken von Unregelmäßigkeiten, sollte das Verfahren zur Auswahl von Lieferanten und Dienstleistern bei der Planung und Durchführung interner Revisionsprüfungen angemessen berücksichtigt werden. Folgende Aspekte wären u.a. zu untersuchen: Ist der Auswahlprozess insgesamt nachvollziehbar dokumentiert?Wurden im Vorfeld objektive Auswahlkriterien definiert (z.B. Qualität, Service, Preis)?Weisen die Informationen zur Bewertung der Auswahlkriterien eine angemessene Qualität und Verlässlichkeit auf?Wurden Verhandlungen mit Lieferanten transparent geführt und dokumentiert?Wurden Angebote und Preisvergleiche archiviert?Werden laufende Lieferantenbeziehungen in regelmäßigen Zeitabständen einer internen Beurteilung unterzogen?Ist eine Vorgehensweise geregelt, sofern eine aktuelle Lieferantenbeurteilung Fehlverhalten aufdeckt?Vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Rechtsprechung, insbesondere im Hinblick auf Haftungsfragen der Unternehmensorgane, sollte die Unternehmensleitung und/oder das Aufsichtsgremium diesem Thema die nötige Aufmerksamkeit widmen. Neben den bekannten Straftatbeständen des § 299 Strafgesetzbuch (StGB) zum Thema Bestechlichkeit und Bestechung im wirtschaftlichen Verkehr gibt es seit kurzer Zeit mit den §§ 299 a und 299 b StGB spezielle Straftatbestände im Gesundheitswesen. Eine geeignete Reaktion auf die beschriebenen Risiken und Möglichkeit zur Bestimmung des Status quo stellt die Durchführung einer Revisionsprüfung durch einen unabhängigen Revisionsexperten dar, sofern keine eigene Revision vorhanden ist. Dieser erhält seinen Auftrag unmittelbar von der Unternehmensleitung. Die Dauer eines solchen Projektes ist stark von den organisatorischen Strukturen abhängig. Erfahrungsgemäß liefert jedoch auch ein überschaubarer zeitlicher Umfang bereits erste, objektive Anhaltspunkte für vertiefende Untersuchungen und kann auf diesem Wege dazu beitragen, unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

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