Serie: Social Media für Kliniken, Reha und Pflege (Teil 6) Twittern für mehr Empathie

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Patientenkommunikation und Social Media

Die Uniklinik Köln ist nicht auf Facebook, dafür brilliert sie mit ihrer Arbeit auf Twitter. Dahinter stecken eine Markenbildungsstrategie und der Wille, für den Patienten ein nahbarer Maximalversorger zu sein, fernab von Anonymität.

Die Uniklinik Köln gehört mit ihrem Twitter-Auftritt zu den besten der Krankenhäuser in Deutschland. – © Screenshot HCM

Die Patientenkommunikation muss sich ändern, das steht für Timo Mügge, Leiter Unternehmenskommunikation und Marketing am Universitätsklinikum Köln, fest. „Das Selbstverständnis des Patienten hat sich geändert, er ist selbstbewusster und informiert sich über seine medizinischen Behandlungen aktiv“, erklärt Mügge. Mit ein Grund, der die Marken- und Kommunikationsstrategie der Einrichtung beeinflusst. Ihr sind insgesamt 59 Kliniken und Institute angeschlossen, das entspricht rund 10.500 Mitarbeitern, die sich der Spitzenmedizin verschrieben haben. Bei dieser Größe kann beim Patienten schnell der Eindruck eines Hightechmolochs entstehen, in dem Anonymität regiert und er nur die Nummer auf seiner Versichertenkarte ist. „Unser Anspruch ist eine wissenschaftsnahe und menschliche Spitzenmedizin. Daher möchten wir auch durch valide Kommunikation dem Informationsbedürfnis der Patienten nachkommen“, sagt Mügge. Darum zeigt sich die Uniklinik u.a. auch im Social Web.

Bei Deutschlands Krankenhäusern habe die Professionalisierung in der Kommunikation noch Nachholbedarf. Sie sollte laut Mügge strategisch als Geschäftsfeld organisiert sein – wie an der Uniklinik Köln. Dort gehört Twitter fest zur Arbeit der Mitarbeiter der Unternehmenskommunikation und wird sieben Tage die Woche, nach Feierabend und am Wochen­ende freiwillig, betreut – und das seit gut zwei Jahren. Ende Februar 2016 zählte der Twitter-Auftritt 721 Follower und 1.085 abgesetzte Tweets bei einem Page Performance Index (PPI) von 100 Prozent. Dieser Indikator steht für den Gesamterfolg eines Twitter-Profils und setzt sich u.a. aus dem Wachstum der Follower-Anzahl und dem Follower-Folge-Ich-Verhältnis zusammen. Der PPI der Uniklinik Köln lässt keinen Zweifel daran, dass man sich hier um ein gutes Community Management kümmert. Da kommt es schon einmal vor, dass sich ein Chefarzt persönlich zurückmeldet, wenn sich ein Patient mit einer Beschwerde über Twitter gemeldet hat. Absolut vorbildlich, aber nur mit einem Klinikteam möglich, das offen für Veränderungen in der Patientenkommunikation ist. „Die Real-Life-Reaktion ist dabei oberstes Ziel“, verrät Mügge. Zielgruppe des Twitter-Profils sind die Patienten, aber mit vielen Inhalten regen Mügge und sein Team auch die B-2-B-Kommunikation an. So gehören zu den Followern z.B. auch Organisationen aus der Gesundheitswirtschaft oder zuweisende Ärzte. Dabei setzt Mügge inhaltlich nicht nur auf News aus dem Klinikalltag, sondern auch auf Fotos mit Prominenten und Tweets mit Call-to-action-Aufrufen wie eine Spendenaktion gemeinsam mit dem 1. FC Köln für die Kinderonkologie. Außerdem wird von ausgewählten Veranstaltungen getwittert.

Die Uniklinik Köln ist dabei, ihren Social-Media-Auftritt auszubauen. Einen YouTube-Kanal gibt es bereits. Auf Facebook verzichtet man noch, dafür wirbt Mügge um personelle Ressourcen. Sein Rat an andere Häuser: „In einem hoch kompetitiven Klinikmarkt ist eine langfristige und strategisch ausgerichtete Unternehmenskommunikation elementar. Dabei ist Social Media unumgänglich.“ bf

Twitter als Recherche- und Monitoring-Tool einsetzen

Der Kurznachrichtendienst Twitter ist das Echtzeitmedium schlechthin. Die Nutzerzahlen sind zwar nicht so hoch wie bei Facebook, doch viele Multiplikatoren und Meinungsführer sind hier unterwegs. Krankenhäuser können sich dies zu Nutze machen, sich vernetzen und unkompliziert ins Gespräch kommen. Selbst ohne eigenen Twitter-Account lohnt es sich die Suchfunktion zu nutzen,
z. B. zur Recherche über das eigene Unternehmen. Ergibt die Suche keine Treffer, ist das
eine wichtige Erkenntnis, die ein Anreiz sein kann, selbst im Social Web aktiv zu werden.

Martin Schleicher ist Experte für Social Media und betreibt den Fachblog
www.der-gesundheitswirt.de. Kontakt: info@martin-schleicher.de