Philippinische Pflegefachkräfte Studie zeigt mangelhafte Integration

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Die Philippinen sind ein wichtiges Herkunftsland für ausländische Fachkräfte für die Pflege. Eine aktuelle Befragung von rund 100 in Deutschland lebenden und arbeitenden Pflegefachkräften von den Philippinen zeigt eine hohe Unzufriedenheit: Viele von ihnen fühlen sich in ihren fachlichen Qualifikationen abgewertet. Daraus ergibt sich Handlungsspielraum für Arbeitgeber.

Integration
Eine Studie zeigt hohe Unzufriedenheit bei philippinischen Pflegefachkräften in Deutschland. – © Daniel Berkmann (stock.adobe.com)

Grace Lugert-Jose ist Beraterin und Trainerin für die erfolgreiche Integration von ausländischen Pflegekräften in Deutschland. Für eine im Februar 2022 durchgeführte Studie, hat sie 109 in Deutschland lebende und arbeitende Pflegefachkräfte von den Philippinen hinsichtlich ihrer Berufszufriedenheit und verschiedenen Aspekten der Integration befragt. Die zentralen Ergebnisse:

  • Nur 17 Prozent würden ihren aktuellen Job weiterempfehlen.
  • 58 Prozent fühlen sich „nicht willkommen“.
  • 64 Prozent empfinden sich in ihren fachlichen Qualifikationen abgewertet.

Integrationsbemühungen greifen zu kurz

„Die Ergebnisse der Studie zeigen erhebliche Schwachpunkte der bisherigen Integrationsbemühungen in Deutschland auf“, kommentiert Lugert-Jose die Erkenntnisse. „Vor allem wenn man die Zufriedenheit der philippinischen Pflegefachkräfte hierzulande mit der in anderen Ländern vergleicht. In Großbritannien sind 71 Prozent der philippinischen Pflegefachkräfte zufrieden. (…) Auch in anderen EU-Ländern wie Finnland scheint die Zufriedenheit höher zu liegen.“ Wenn die Fachkräftegewinnung aus dem Ausland nachhaltige Ergebnisse bringen soll, bestehe auf jeden Fall dringender Handlungsbedarf, so die interkulturelle Beraterin und Trainerin weiter: „Es gibt Arbeitgeber, die bereits einen sehr guten Job bei der Integration machen und die Fachkräfte so langfristig binden. Leider ist dies nur eine Minderheit.“

Unzufriedenheit und Fluktuation hängen zusammen

Nur zwölf Prozent der Befragten stimmen der Aussage „Insgesamt kann ich sagen, ich bin sehr zufrieden mit meinem Job“ voll zu. 64 Prozent hingegen widersprechen dieser Aussage. Auch bei der Frage nach der Weiterempfehlung ist das Ergebnis ernüchternd. Die Aussage „Ich würde diesen Job definitiv einem Familienmitglied oder einem Freund in meinem Heimatland empfehlen“ findet nur bei 17 Prozent der Befragten volle Zustimmung, liegt jedoch bei 66 Prozent Ablehnung. Für eine Vergleichbarkeit wurde aus der Befragung auch der eNPS (Employee Net Promoter Score) als Benchmark-Kennzahl berechnet. Der in dieser Studie ermittelte Wert von -49 Prozent ist laut Lugert-Jose besorgniserregend. „Die geringe Zufriedenheit der hier arbeitenden ausländischen Fachkräfte erklärt die hohe Fluktuation, von der viele Arbeitgeber berichten“, erklärt die Beraterin.

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    So schätzen Pflegekräfte mit philippinischer Herkunft die Verfügbarkeit einer Betreuungsperson ein.
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    So steht es um die Bemühungen von Arbeitgebern hinsichtlich der Verbesserung von Bedingungen.
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    Vielen befragten Pflegekräften, die von den Philippinen nach Deutschland gekommen sind, fehlt das Gefühl der Wertschätzung.

Ein zentrales Thema sei nach Aussage der Befragten „fehlender Respekt“ und „mangelnde Anerkennung durch Kollegen und Kolleginnen“. So hätten der Frage „Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Qualifikationen und bisherige Berufserfahrung in Ihrem derzeitigen Job wertgeschätzt werden?“ nur 17 Prozent voll zugestimmt. Dem stehen laut Lugert-Jose 64 Prozent Ablehnung gegenüber. Aus den offen formulierten Antworten sei deutlich geworden, dass dieses Problem in erster Linie mit den Kolleginnen und Kollegen sowie direkten Vorgesetzten wahrgenommen werde.

22 Prozent erleben Diskriminierung

In den frei formulierbaren Antworten gaben 22 Prozent der Befragten an, dass sie Diskriminierung und Rassismus aufgrund der Herkunft zu erfahren. „Warum es konkret zu den negativen Erfahrungen kommt, ist sehr unterschiedlich“, sagt Lugert-Jose. „Natürlich gibt es Fälle von echter Fremdenfeindlichkeit. Oft erscheint auch die Stammbelegschaft überfordert mit der Tatsache, dass immer mehr ausländische Fachkräfte in Deutschland arbeiten.“ Manchmal würden auch kulturelle Missverständnisse zu gefühlter Diskriminierung führen. Gerade die sehr unterschiedlichen Kommunikationsarten im Vergleich von Deutschland und den Philippinen führen ihrer Einschätzung nach schnell zu Fehlinterpretationen.

Empfehlungen für Arbeitgeber

  • Die allgemeine Erwartungshaltung muss gegenüber der Stammbelegschaft realistisch und transparent kommuniziert werden. Die Kompetenzen der neuen Kollegen und Kolleginnen und auch die Abweichungen zur deutschen Ausbildung sollte allen klar kommuniziert sein. Allen sollte bewusst sein, dass die neu angeworbenen Pflegefachkräfte aus dem Ausland einige Monate lang nicht voll einsatzfähig sind und dass dies für die Stammbelegschaft Mehrarbeit und Geduld aufgrund der Einarbeitung bedeutet.
  • Es muss außerdem mehr Verständnis für die Situation von Menschen geschaffen werden, die neu in einem Land sind und sich anpassen müssen. Interkulturelle Kompetenz muss im gesamten Team geschult werden.
  • Arbeitgeber sollten intensive Sprachfördermaßnahmen, wie Sprachtrainings und den Einsatz in kommunikationsstarken Stationen in den ersten Monaten priorisieren. Nur wenn die neuen Mitarbeitenden schnelle Fortschritte im Spracherwerb machen, wird eine reibungslose Kommunikation und Interaktion ermöglicht.
  • Die ersten Monate sind auch die Zeit für interkulturelle Trainings der neu angeworbenen Fachkräfte. Diese führen zu einem besseren gegenseitigen Verständnis und dem Abbau von Barrieren.

Quelle: Grace Lugert-Jose