Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) Strukturelle Überlegungen

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Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) hat eine Denkschrift verfasst, die grundsätzliche Aspekte beinhaltet, die bei der Diskussion zur Gründung eines Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit berücksichtigt werden sollen. Eine Zusammenfassung.

Bevölkerung Gesundheit
Wie könnte ein Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit aussehen? – © Andrey Popov (stock.adobe.com)

Grundsätzlich begrüßt die DGKH das Vorhaben, ein Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit in Deutschland einzurichten, in dem Aktivitäten im Bereich von Public Health, öffentlichem Gesundheitsdienst und der Gesundheitskommunikation des Bundes vernetzt und angesiedelt sein sollen.

Das Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit muss sich als wissenschaftliche Institution mit den die Gesundheit beeinflussenden Faktoren in den verschiedenen Lebensphasen befassen. Es muss die zentralen fachlichen Grundlagen für die Primär-, Sekundär- und Tertiär-Prävention der Gesundheit der Bevölkerung erarbeiten und Anleitung zu der daraus abzuleitenden praktischen Umsetzung im Sinne der Verhältnis- und Verhaltens-Prävention sowie zur Gesundheitsfürsorge geben.

Dabei müssen

  • für die Verhältnisprävention umweltbedingte Faktoren (Wasser, Boden, Luft, Lebensmittel, Lebensumfeld, technische Systeme) sowie das Zusammenleben von Mensch, Tier und Umwelt im Sinne von One Health,
  • für die Verhaltensprävention Erziehung und Kommunikation sowie
  • für die Gesundheitsfürsorge die Versorgungsstrukturen

eine angemessene Berücksichtigung finden.

Der Primär-Prävention kommt in einer älter werdenden Gesellschaft durch die Vermeidung von Risikofaktoren in allen, insbesondere den frühen Lebensphasen eine ganz besondere Bedeutung zu. Unkontrollierte Risikofaktoren in früheren Lebensphasen führen zu finanziellen Belastungen, die in absehbarer Zeit gesamtgesellschaftlich nicht mehr bewältigt werden können.

Die wichtigsten Erkrankungsarten

  • Übertragbare Erkrankungen einschließlich nosokomialer Infektionen sowie Infektionen durch antibiotikaresistente Erreger,
  • nicht übertragbare Erkrankungen wie Krebs-, Herzkreislauf-, Stoffwechsel- und andere Erkrankungen, die mit erheblicher Gesundheitslast in unserer Gesellschaft verbunden sind,
  • mentale und neurodegenerative Erkrankungen, die aufgrund der demografischen Entwicklung erheblich an Bedeutung gewinnen,
  • Unfälle und Verletzungen sowie
  • neue krisenbedingte Gesundheitsbelastungen, die in Folge von Klimawandel, Naturkatastrophen und Kriegen auftreten.

Die Prävention der wichtigsten Erkrankungsarten (siehe oben), die für unsere Gesellschaft relevant sind, muss im Zentrum der Aufgaben des Bundesinstitutes stehen, so die DGKH.

Das geplante Bundesinstitut muss nach Ansicht der DGKH

  • Anwalt für die Gesundheit in der Bevölkerung und die für die Politik sein und als solcher ein interdisziplinärer und integrierender Ansprechpartner für alle Politikbereiche sein.
  • dem öffentlichen Gesundheitsdienst in den Kommunen fachliche Orientierung geben.
  • politisch, wissenschaftlich und wirtschaftlich unabhängig sein.

Die deutsche Politik soll sich grundsätzlich an der Risikoeinschätzung und den Empfehlungen zum Risikomanagement des Bundesinstitutes orientieren. Bei Abweichungen seitens der Politik soll diese verpflichtet sein, eine eigenständige wissenschaftliche Begründung zu liefern.

Herausforderung: organisatorische, personelle und strukturelle Voraussetzungen schaffen

Um die zentrale Aufgabe eines umfassenden Gesundheitsschutzes als Abwesenheit von Krankheit und die Verhütung der wichtigsten Krankheitsarten wirksam erfüllen zu können, müssen in einem Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit die unterschiedlichen Institutionen oder Institute mit ihren gesundheitsrelevanten Teilbereichen zusammengefasst werden.

Die organisatorischen, personellen und strukturellen Voraussetzungen für diese Aufgabe zu schaffen, stellt eine große Herausforderung dar. Hierbei gilt es, die gesundheitsrelevanten Aufgabengebiete der verschiedenen Ressorts zu bündeln. Hierzu gehören insbesondere die Bereiche Umwelt, Lebensmittelhygiene, Human- und Veterinärmedizin, Epidemiologie, Sozialwissenschaften, Psychologie und Kommunikationswissenschaften aber auch Bereiche der Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie der Ethik. In Verbindung mit der zu erwartenden Zunahme mentaler und neurodegenerativer Erkrankungen in einer älter werdenden Gesellschaft sowie den durch Krisen bedingten neuen Krankheitsrisiken werden die Herausforderungen an Integration und Bündelung der Ressourcen eher wachsen.

Es ist unabdingbar, so die DGKH, dass die derzeit im Zuständigkeitsbereich verschiedener Ministerien befindlichen Institutionen wieder unter dem Dach einer für die öffentliche Gesundheit zuständigen Institution wie dem geplanten Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit zusammengeführt werden müssen.

Diversifizierung hat sich nicht bewährt

Die nach der Auflösung des Bundesgesundheitsamtes 1994 eingetretene Diversifizierung der einzelnen Institute in die Zuständigkeitsbereiche unterschiedlicher Ministerien hat sich nach Ansicht der DGKH nicht bewährt. Auch der öffentliche Gesundheitsdienst habe durch das Fehlen eines zentral zuständigen Bundesinstitutes, welches für die öffentliche Gesundheit und die fachliche Orientierung verantwortlich ist, seine frühere, breit basierte Durchschlagskraft verloren.

Das Ziel

Ziel muss es nach Ansicht der DGKH sein, eine Bundesinstitution für öffentliche Gesundheit in Deutschland verfügbar zu haben, die als Anwalt für die öffentliche Gesundheit in eigener Kompetenz und in sich gegenseitig ergänzender Wechselwirkung mit dem öffentlichem Gesundheitsdienst und den wissenschaftlichen Fachgesellschaften sowie der Bevölkerung in allen Politikbereichen auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse Einfluss nehmen kann, ohne übergriffig zu werden und ohne die Eigenverantwortung des Einzelnen für seine Gesundheit und die der Gesellschaft einzuschränken.

Das Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit sollte

  • zur Sicherstellung einer wissenschaftlichen und politisch-strukturellen Unabhängigkeit möglichst nicht einem einzelnen Ministerium zugeordnet werden, sondern zum Beispiel eine Institution im Verantwortungsbereich des Parlamentes sein. Die hierbei zu klärenden Fragen müssen der weiteren parlamentarischen Diskussion überlassen werden.
  • aus den verschiedenen, bereits bestehenden und weiteren noch zu gründenden Institutionen die jeweiligen fachlichen gesundheitsbezogenen und für die öffentliche Gesundheit relevanten Schwerpunkte zusammenführen und koordinieren. Hierzu gehören das frühere Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene, ein Institut für Lebensmittelhygiene, ein Institut für Krisenresilienz, ein Institut für mentale und neurodegenerative Erkrankungen sowie ein Institut für gesundheitliche Aufklärung und Kommunikation.
  • eine koordinierende Funktion haben, die im Konfliktfall nach Abwägung konkurrierender Faktoren und Interessen ggf. das „letzte Wort“ im Sinne der Priorität der Human-Gesundheit hat.

Die DGKH hält wegen der herausragenden Bedeutung der zukünftigen Rolle eines Instituts für Öffentliche Gesundheit eine intensive parlamentarische und öffentliche Diskussion zur Findung der bestmöglichen Lösung für erforderlich. Diese sollte offen und transparent unter Einbeziehung aller relevanten Disziplinen, die sich mit Gesunderhaltung und der Prävention von Erkrankungen befassen, erfolgen.