Stärke im Wandel zeigen – agil, kreativ und vernetzt

OE begleitet die Agaplesion gAG seit jeher. Aktuell steht sie allerdings wieder ganz oben auf der Agenda des Managements der bundesweit mehr als 100 Einrichtungen. Denn die Umwelt fordert von Gesundheitsunternehmen seit einiger Zeit aktiven Fortschritt. Für den hat der Konzern einen Plan. Dr. Markus Horneber, Vorstandsvorsitzender der Agaplesion gAG. Volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig: So lässt sich das gegenwärtige Setting von Gesundheitseinrichtungen recht treffend beschreiben. Die Rede ist von der VUCA-Welt. Ursprünglich vom amerikanischen Militär verwendet, um neuartige Zustände in Kriegsgebieten mit unbekannten Bedingungen zu beschreiben (www.vuca-welt.de), lässt sich das Konzept auch auf die Gesundheitswirtschaft übertragen. Die Herausforderung dabei: Intelligente Verbindungen zwischenErporbtem und Neuem zu schaffen, um in der dynamischen Gegenwart und Zukunft Bestand zu haben. Was nach Managementtheorie und schicken Trendbegriffen klingt, liefert denen, die diese Denk- und Herangehensweise verstehen und für sich nutzen, eine substanzielle Basis für zielgerichteten, unternehmerischen Wandel – ohne die Menschen dabei zu vergessen. Ein Mittel dafür ist Organisationsentwicklung (OE) als geplanter, systematischer und langfristiger Prozess der Veränderung und Weiterentwicklung von Unternehmen mit dem Ziel, diese insgesamt effizienter und erfolgreicher zu machen (www.wirtschaftslexikon.gabler.de). Für das Management der Agaplesion gAG ist das nichts Neues: Hier setzt man bereits seit einigen Jahren auf OE und das mit Erfolg. Dank institutionalisierter OE ist es dem Management dort schon mehrmals gelungen, den wachsenden Gesundheitskonzern sicher entlang widriger Gegebenheiten zu lenken. Im Interview mit HCM erklärt der Vorstandsvorsitzende und Initiator der OE, Dr. Markus Horneber, warum bei Agaplesion derzeit ein neuer OE-Zyklus läuft und wie das Management das Unternehmen damit stabil und gleichzeitig agil in der VUCAWelt aufstellen möchte. HCM: Dr. Horneber, Sie gelten als Initiator der OE innerhalb der Agaplesion gAG. Was macht Sie so sicher, dass es Ihnen damit gelingt, das Gesundheitsunternehmen erfolgreich durch die VUCA-Welt zu manövrieren? Dr. Horneber: In der Welt geschehen derzeit viele Ereignisse, die sich unvereinbar gegenüberstehen. Wir erkennen viele Anzeichen der VUCA-Welt – Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambigutät – im Umfeld unseres Unternehmens wieder. Zu den gesellschaftlichen Veränderungen kommen politische und zusätzlich sind wir immer noch damit beschäftigt, neue regulatorische Vorgaben der vergangenen Regierung abzuarbeiten. Auf all das müssen wir als Gesundheitsunternehmen reagieren. Das ist unsere Pflicht. Und mit OE kann das gelingen. Denn sie fördert Dynamik und Innovation und sorgt dafür, dass die Menschen in unserem Konzern intelligent vernetzt werden und so systematisch und gemeinsam zur Weiterentwicklung der Agaplesion gAG beitragen. Mit der Etablierung von Netzwerkteams fördert Agaplesion die Eigeninitiative sowie einen vertrauensvollen und kollegialen Umgang miteinander HCM: Gab es auch interne Treiber, die Sie dazu veranlasst haben, OE ganz oben auf die Agenda zu setzen? Dr. Horneber: Wir blicken auf eine lange Erfolgsgeschichte mit einer großartigen Wachstumsphase zurück. Im letzten Jahr, ein Jahr vor unserem 20. Geburtstag, haben wir einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro erzielt. Unsere Ertragskraft braucht angesichts dieses Volumens einen neuen Schub, damit wir als gemeinnützes Unternehmen auch dort investieren können, wo es den Patientinnen und Patienten am meisten dient. Dieser Gedanke war es, der uns 2019 dazu animiert hat, mit dem aktuellen OE-Projekt zu starten. HCM: Wo stehen Sie derzeit im OE-Prozess? Dr. Horneber: Wir haben vier Stufen für uns definiert: Stufe 1 trägt den Titel Vorstandsarbeit, Stufe 2 fokussiert sich auf die integrative Managementstruktur, Stufe 3 auf die Unternehmenskultur und Stufe 4 auf die einzelnen Einrichtungen. Die ersten beiden Phasen sind bereits erfolgreich abgeschlossen. Der Aufsichtsrat hat in Stufe 1 die Vorstandschaft auf vier Personen erweitert. Dadurch hat jedes Vorstandsmitglied Kapazitäten gewonnen und kann sich noch besser auf seinen Arbeitsbereich fokussieren. In der zweiten Phase ist es uns gelungen, die Zusammenarbeit zwischen der Zentrale in Frankfurt am Main und den Einrichtungen zu stärken, indem wir z.B. das Rollenverständnis der zentralen Dienste vertieft haben.“ Dabei stehen alle unsere Einrichtungen mit ihren Kernprozessen im Mittelpunkt. In einem regen kollegialen und transparenten Austausch zwischen den zentralen Diensten und den Einrichtungen wird unser Unternehmen mit hoher Kompetenz gesteuert. Aktuell befinden wir uns in Phase 3. Das heißt, wir entwickeln gerade ein neues Unternehmensleitbild inklusiver neuer Leitlinien für unsere Unternehmenskultur. Es braucht neue Handlungsmaximen, die für uns alle leitend sein sollen. Zu Grunde legen wollen wir hier fünf neue Werte, die in unsere christliche Unternehmenskultur eingebettet sind. Diese Werte wiederum sollen in unsere Vision für die kommenden fünf Jahre münden, die alle Mitarbeitenden der Agaplesion gAG begeistert. Dazu befinden wir uns derzeit in der Abstimmung mit unseren Gesellschaftern. Im Frühjahr 2022 soll der Implementierungsprozess starten. Rund 22.000 Mitarbeitende einbinden Christine Tegtmeier, Leiterin Unternehmensentwicklung und Vorstandsreferentin. Die Leiterin der Unternehmensentwicklung und Vorstandsreferentin Christine Tegtmeier ist seit zwei Jahren bei Agaplesion und leitet gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Markus Horneber die OE der Agaplesion gAG. Ihre Arbeit im Konzern begann mit dem Start der OE. Sie begleitet den aktuellen Veränderungszyklus also von Beginn an. Tegtmeier ist überzeugt vom Nutzen der OE und freut sich, dass die ersten beiden Phasen bereits erfolgreich abgeschlossen werden konnten. „In Stufe 2 ist es uns gelungen, die Organisationsstruktur konzernweit neu aufzustellen und dabei die rund 22.000 Mitarbeitenden mitzunehmen. Viele Erfolge aus bereits tätig gewordenen Netzwerkteams zeigen uns, dass uns die bessere Vernetzung aller Teams gelungen ist“, berichtet Tegtmeier. Die Netzwerkteams haben sich nach Ansicht von Tegtmeier bewiesen und müssten nun den Weg in den Alltag aller Einrichtungen finden. „Wir versuchen so viel wie möglich über die Veränderungen im Unternehmen zu kommunizieren. So schaffen wir eine möglichst hohe Transparenz“, erklärt die Vorstandsreferentin. Ein Beispiel dafür ist der Geschäftsbericht 2021, der unter das Motto OE gestellt wurde und zeigt, welche Weichen der Konzern stellt. Gerade bei den jüngeren und neuen Mitarbeitenden kommt OE laut Tegtmeier sehr gut an. Bei einigen älteren, aber auch langjährigeren Mitarbeitenden verspürt sie hin und wieder ein wenig Zurückhaltung. Aber auch diese soll abnehmen, „sobald durch die für dieses Jahr geplanten Maßnahmen der Kulturimplementierung für alle fassbarer wird, dass die Modernisierung essenziell und positiv ist.“ HCM: Lassen Sie uns noch einmal zurück in Phase 2 der OE schauen. Wie stellen Sie bei dieser eindeutigen Abgrenzung von Zuständigskeitsbereichen sicher, dass ausreichend Austausch und Agilität möglich sind? Dr. Horneber: Unsere Zentrale ist eng mit unseren Einrichtungen verbunden. Durch die klare Rollenverteilung vermeiden wir Wirrwarr bei Zuständigkeitsfragen. Um den Wissensaustausch abteilungs- und konzernübergreifend zu fördern, setzen wir auf Netzwerkteams. Definierteine Abteilung eine Problemstellung, kann sie selbstständig ein Netzwerkteam mit Vertreterinnen oder Ver tretern der Abteilungen einberufen, die bei der Problemlösung unterstützen können. Ist das Problem gelöst, löst sich die Netzwerkgruppe auf. Das sorgt für flache Hierarchien und mehr Agilität. „Ohne Veränderung kommt der Niedergang“ Michael Keller, Diplom-Kaufmann, Prokurist der Agaplesion gAG und Geschäftsführer der Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken. Michael Keller ist Geschäftsführer der Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken und beschreibt sich als „Urgestein bei Agaplesion“. 1994 ist er zum ersten Mal auf die Einrichtung getroffen – am Standort Markus Krankenhaus. Er war seinerzeit bei einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen tätig. Damals war ein Interimsverwaltungsdirektor eingesetzt, der Verkauf stand im Raum. Doch die Kehrtwende gelang und Keller sollte auf Klinikseite den Aufbau des Finanzund Rechnungswesens übernehmen. „Als ich 1995 in die St. Markus Krankenhaus gGmbH eingetreten bin, hatte ich nicht vor, lange zu bleiben“, erinnert sich Keller. Aus diesem Vorhaben wurden 27 Jahre. „Das Schöne hier ist, dass jede und jeder Mitarbeitende wertgeschätzt wird und mitgestalten kann. Entscheidungen werden nicht blind topdown gefällt, vielmehr gibt es eine starke Bottom-up-Bewegung“, sagt Keller. Er ist beeindruckt von der Entwicklung, die Agaplesion seit mittlerweile 20 Jahren hingelegt hat – mit einem beachtlichen Wachstum. 2022 zählt der Konzern mehr als 100 Einrichtungen und rund 22.000 Mitarbeitende, rund eine Million versorgte Patientinnen und Patienten pro Jahr und Umsatzerlöse von 1,6 Milliarden Euro. Wie Dr. Horneber sieht auch Keller in dieser starken Wachstumsphase großen Handlungsbedarf. „Es ist unabdingbar, dass man sich als Unternehmen ständig selbst hinterfragt. Wir leben in einer unsicheren Zeit, an diese müssen wir uns anpassen. Insofern kann ich den Vorstand in der OE nur unterstützen. Sie ist richtig und wichtig“, bestätigt der Agaplesion-Geschäftsführer. „Wenn man nach einer so starken Wachstums phase, wie wir sie v.a. 2020 erlebt haben, keine Veränderung in der Organisationsstruktur vornimmt, kommt der Niedergang.“ Davon ist der Konzern weit entfernt. Es scheint, dass man bei Agaplesion den Wandel, der sich auch in Form einer immer schlechteren Ertragssituation gezeigt hat, fest im Griff hat. „Dank der neuen, agileren Funktionsweisen des integrativen Managements können wir schneller und effizienter auf das reagieren, was die Umwelt z.B. in Form von sich verändernden regulatorischen Anforderungen oder sich verändernden Patientenbedürfnissen für uns bereit hält“, sagt Keller. Er sieht in der bevorstehenden Stufe 4 der OE mit ihrem Fokus auf die Patient-Journey einen weiteren ganz wesentlichen Baustein für den beständigen Erfolg. Dabei werde laut Keller jede und jeder der Geschäftsführenden gefragt sein, die Kundenorientierung zu optimieren und dabei auch Themen wie Mitarbeitergewinnung-und bindung sowie eine gesteigerte Wirtschaftlichkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Keller ist überzeugt, dass die OE gelingt und Agaplesion sicher in die Zukunft trägt. Die oben gezeigten Schritte auf dem Weg der Patientenreise durchs Krankenhaus stehen bei der OE im Mittelpunkt. HCM: Wie geht es in der vierten OE-Phase weiter? Dr. Horneber: Unser Ziel ist es, unsere Patientinnen und Patienten noch besser zur versorgen, daher steht in der vierten Stufe die Patient-Journey im Fokus. Hier ist jede unserer Einrichtungen gefragt, die gesamte Patientenreise zu analysieren und entsprechend neu zu gestalten. Von der Entscheidung für die Behandlung bei Agaplesion bis zum Check-up nach der abgeschlossenen Behandlung. Dabei wollen wir die Position der Patientinnen und Patienten einnehmen. Leitend sollen hier unsere Patientenversprechen sein. HCM: Wie ist es Ihnen gelungen, die OE gerade in diesen volatilen Zeiten, in der so viele Herausforderungen auf die Mitarbeitenden aller Ebenen einprasseln, von der Idee in die Umsetzung zu bringen? Dr. Horneber: Indem man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine Affinität dazu haben, einbindet. Zum Beispiel bei den Managementkonferenzen. Es stärkt das Selbstvertrauen, wenn dort berichtet werden kann, wie mit Hilfe eines selbstständig einberufenen Netzwerkteams eine akute Herausforderung eines Arbeitsbereiches gelöst werden konnte. Wie immer gilt hier auch: Man muss es einfach tun. Dazu gehört aber auch, sich als Vorgesetzte zurückzunehmen und auf die Kompetenz Mitarbeitenden zu vertrauen. HCM: Wie würden Sie Ihre Rolle in der OE beschreiben? Dr. Horneber: OE ist wie Digitaliserung Chefsache. Hier bin ich zusammen mit meinen Vorstandskollegen und meiner Referentin und Leiterin der Unternehmensentwicklung, Christine Tegtmeier, im Lead. Zu sammen mit einer externen Beratung, die schon viele Jahre für uns tätig ist, steuern wir die OE. Ich begreife es als meine Aufgabe als Vorstandsvorsitzender, den Konzern so auszurichten, dass wir die Erwartungen an uns vollumfänglich erfüllen. Dazu gehört es, dass wir auf allen Ebenen sprachfähig sind. HCM: Das klingt nach einem immensen Zeitaufwand. Dr. Horneber: Die Themen rund um OE nehmen in etwa ein Viertel meiner Arbeitszeit in Anspruch. Wir haben aber auch im Vorstand gelernt, dass wir arbeitsteilig arbeiten müssen und Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen. So gelingt es uns immer wieder aufs Neue, dass sich Menschen für uns entscheiden. Kontakt zum Autor Bianca Flachenecker, Chefredakteurin, Health&Care Management, bianca.flachenecker@holzmann-medien.de

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