Reformdiskussion und Praktikeraustausch beim Krankenhaus Controller-Tag Schulterschluss mit der Pflege gefordert

Das Themenspektrum des diesjährigen Controller-Tages des Deutschen Vereins für Krankenhaus-Controlling (DVKC) in Köln reichte von Reformen der Strukturen und Vergütung, über Finanzstabilität sowie Pflegekräftemangel bis hin zu Intersektoralität und Bürokratiereduktion. Strukturen, Pflege, Nachhaltigkeit und mehr: Beim Controller-Tag gab es kontroverse Diskussionen um die Zukunft der Gesundheitsversorgung. Im politischen Auftakt unterstrich Prof. Dr. Armin Grau, MdB, Bündnis 90/Die Grünen, die zentrale Zukunftsrolle der Gesundheitsregionen für seine Partei: „Die Sektorentrennung in Deutschland hat lange Tradition. Sie ist schlecht für die Patienten!“. Die Pflegebevollmächtigte Claudia Moll skizzierte die Lage: Der demografische Wandel führe zu einer Patientenklientel mit erhöhtem Versorgungsbedarf – und dies in einer Situation des Fachkräftemangels. Ambulantisierung werde daher auch wichtiger, etwa für die Betreuung Demenzkranker. „Wir müssen die wenigen Pflegekräfte dort einsetzen, wo sie wirklich gebraucht werden!“ Der Pflegeberuf müsse attraktiver gemacht werden; dies erfordere nachhaltige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. PPR 2.0 habe hier das Ziel eines besseren Qualifikationsmix, der Wechsel und Karrierewege erleichtere. Work-Life-Balance, persönliche Weiterentwicklung und mehr: Aus dem hausindividuellen Pflegemanagement müssten die richtigen Impulse kommen. Thomas Lemke, stellvertretender Vorsitzender DKG und CEO Sana Kliniken, fand in Köln viele Kritikpunkte an der Politik und an den Krankenkassen. Seine Zusammenfassung der Lage: „Es wird immer schwieriger, in einem total regulierten System Freiheiten im Denken und Handeln zu haben“. Seine konkreten Forderungen reichten von der zügigen Einführung der Hybrid-DRGs über die Abschaffung der PPUGV bis hin zur Umsetzung der PPR 2.0. Die Formulierungen aktueller Gesetze bezeichnete er als „Realsatire“ – „… gerade, wenn es um die Absenkung der Re-Finanzierung der Pflegekosten geht.“ VKD-Präsident Dr. Josef Düllings forderte bei dem Eröffnungspanel eine „Qualitätssicherung der Gesetzgebung“. Eine Koalition der Willigen zum Umbau des Systems – keine Bewahrer, das wünschte sich Lemke. Für die Krankenkassen nahm Rosemarie Wehner Stellung. Die neue Geschäftsführerin der Barmer in Nordrhein-Westfalen Bettina Klusmann erklärte: „Wir sehen Doppelfinanzierungen und Abgrenzungsproblematiken“. Es müsse sichergestellt werden, dass Pflegepersonal seiner Qualifizierung gemäß eingesetzt werde – nicht für minderwertige Aufgaben. Außerdem wollten die Kassen eine Verschlankung der Budgetverhandlungen: Die „Black Box“ für die Verhandler müsse aufgebrochen, Bürokratie reduziert und Transparenz erhöht werden. Der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Olaf Kern, RWU Ravensburg, forderte auf, „wir müssen mehr über Ziele der Gesundheitsversorgung sprechen“. Daraus sei zu folgern, wie der Leistungskatalog der Krankenkassen auszusehen habe. Sein Postulat: „Mehr auf Qualität als auf Kosten fokussieren“. Der Mensch müsste im Mittelpunkt sein – im Sinne Porters: „Focus on value not just costs“. Welche Effekte hat all dies auf den Job der Controller? Daten aggregieren, bereitstellen, analysieren, Auswertungen formulieren – da waren wir ja schon. Was an Mehr, an “anders“ ist hier gefragt – um konkret welche Zielerreichung zu unterstützen? „Es geht in Zukunft verstärkt darum, Businesspartner für alle Berufsgruppen zu sein – die beschriebene Koalition der Willigen zu unterstützen und zu identifizieren, was ermöglicht werden kann“, sagte DKVC-Vorstand Prof. Dr. Björn Maier. Dies gelte auch über die Grenzen des Krankenhauses hinweg. „Die aktive Rolle ist entscheidend!“ Welche Aufgaben kommen beim Thema Nachhaltigkeit auf die Controller zu – im Kontext der EU CSRD und des Deutschen Nachhaltigkeitscodex? „Neben dem internen und externen Rechnungswesen wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung zur dritten Säule“, erklärt Maier. Wenn Fortschritte erzielt werden sollten, etwa bei der Senkung der THG-Emissionen, werde es nicht ausreichend sein, diese zu messen und Maßnahmen zu formulieren, sondern dann „muss ferner ein internes Reporting dazu erstellt werden, wie Maßnahmen umgesetzt werden und entsprechend wirken“. Mit Blick etwa auf die CO2-Bepreisung sei das wieder eine Frage der wirtschaftlichen Steuerung. „Hier gilt es den Dreiklang in der Abstufung zu beachten: vermeiden, vermindern, kompensieren.“ Wichtig sei auch, dass der Blick auf Klimaneutralität über soziale Nachhaltigkeitsaspekte hinauszugehen habe. „Hier schaffen Krankenhäuser zwar einerseits Wohlfahrt, andererseits sind sie als Arbeitgeber und Teil von Lieferketten in der Verantwortung für Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte und mehr“. Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz sei ein Beispiel. Starke Vorschläge wurden in Köln diskutiert – zur Konzeption eines Kennzahlensystems für Pflegeeinsatz und eines Pflegedashboards mit Reportingintervallen, zum NRW-Strukturreformansatz als Blaupause für die Republik und vieles mehr. Wird der nächste Controllertag Fortschritte aufzeigen? Prof. Dr. Björn Maier zu den Kernbotschaften des Controller-Tages Für HCM fasst Prof. Dr. Björn Maier, Vorsitzender des DVKC e.V., die Kernaussagen des 29. Deutschen Krankenhaus-Controller-Tages zusammen: „Es muss wohl unter allen Stakeholdern in der Branche eine ‚Koalition der Willigen‘ geben, um Veränderungen voranzubringen – so eine zentrale Botschaft in Köln. Der Controllertag machte ferner deutlich, dass die PPR 2.0 umstritten ist. Die Aussage der Pflegebeauftragten Claudia Moll, Pflege und Controlling müssten zusammenkommen, war ebenso ein Highlight wie der Appell nicht nur von der Kassenseite, die Menschen in den Mittelpunkt zu nehmen und gesamtgesellschaftlich zu entscheiden, welche Gesundheitsleistungen solidarisch finanziert werden sollten.“ Kontakt zum Autor: Michael Reiter, Freier Journalist,spezialisiert auf den Gesundheitssektor, michael.reiter-pr@gmx.de

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