Krankenhausreform „Save our Hospitals”: Song geht viral

Die Branche kennt ihn als Verfechter der politischen Position und der Ziele der Krankenhäuser. Nun nutzt Dr. Josef Düllings eine neue Art der Vermittlung: Als Singer-Songwriter bringt er mit Gitarre und Gesang seine Botschaften in die Branche. HCM im Gespräch mit dem engagierten Klinikgeschäftsführer aus Paderborn und Präsidenten des VKD.

Düllings VKD
Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD). – © VKD/Lopata

Herr Dr. Düllings, Sie haben mit einem Song zur Rettung der Krankenhäuser die Branchenöffentlichkeit überrascht. Wie kamen Sie denn eigentlich zur Musik?

Dr. Josef Düllings: Das fing in den 1970-er Jahren an. Nach einem Jahr mit Hardrock habe ich dann Tanzmusik gemacht – in der Kategorie „La Paloma Blanca“. Anfang der 1980-er habe ich mit solchen gängigen Songs Geld fürs Studium verdient. Heute spiele ich auf kleinen Feiern und beim VKD Gitarre. Auch beim St. Vincenz gibt es hierzu Gelegenheiten: Alle drei Wochen laden wir zum Friedensgebet ein; die Schwestern und mein Mitgeschäftsführer spielen ebenfalls Gitarre.

In meinem Privatleben hat Musik ebenfalls einen hohen Stellenwert – nach Feierabend zu Hause hilft sie mir, den Stress des Alltags abzubauen.

Ihr Schwerpunkt ist also Gitarre mit Gesang. Wer schreibt denn Ihre Lyrics?

Dr. Düllings: Melodien und Texte für die individuellen Songs kommen von mir.

Wie kamen Sie auf die Idee, Musik für krankenhauspolitische Ziele einzusetzen?

Dr. Düllings: Den ersten Impuls bekam ich, als die Alarmstufe rot ausgerufen wurde. Bei der Melodie hat mich die Verabschiedung von Peter Förster und Bernd Decker inspiriert. Dieses Stück war in F-Dur geschrieben, ich habe C-Dur in ähnlichem Rhythmus komponiert. Dann fiel mir der Text ein. Im November 2022 bemerkte ich, dass es in Großbritannien mal eine Kampagne „Save our Hospitals“ gegeben hat. Ein Lied ließ sich jedoch dazu nicht finden.

Ich habe auf In Englisch geskriptet und den Text in der Sprache belassen – trotz Feedback wegen möglicher Verständnisprobleme hierzulande. Über den EAHM, den europäischen Verband der Krankenhausdirektoren, hatte ich jedoch mitbekommen, dass Krankenhäuser in Irland, Frankreich, Großbritannien und weiteren Ländern vor großen Problemen stehen. Beim ABBA-Konzert in London habe ich kürzlich mit einer Pflegedienstleiterin aus dem NHS gesprochen, die die Branche verlassen hat – weil die Gesundheitsversorgung mit dem Rücken zur Wand steht. In Deutschland haben wir aktuell unter anderem noch die Energiekrise … vor diesem Hintergrund steht der Song mit seinem auch international gedachten Aufruf.

Ihre eigene Erfahrungswelt hat also beigetragen?

Dr. Düllings: Ja. Das zeigt unter anderem der Chorus, 3. Zeile: „Our hospitals – hope on tomorrow“ … irgendwann sind wir alle alt, dann brauchen wir auch persönlich unsere Krankenhäuser! Ernste Erfahrungen hatte ich durch Medikationsprobleme meiner Schwiegermutter und der Tavi für meinen Schwiegervater. Solche persönlichen Umstände machten mich sehr nachdenklich.

Sie singen von Deutschland, dem Land, das „rich and independent“, also wohlhabend und unabhängig ist – aber die Sorge um Krankenhäuser vermissen lässt. Wie beeinflusst die Situation Ihrer Einrichtung, dem St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn, Ihre politischen Ziele?

Dr. Düllings: Unser Krankenhaus ist mir den branchenüblichen Schwierigkeiten konfrontiert, die die finanzielle Knebelung über Jahrzehnte mit sich gebracht hat. Ich will mit dem Song, stellvertretend sicher für die meisten Beschäftigten in den Krankenhäusern und wohl der Patientinnen und Patienten, einen Beitrag dazu leisten, ein Umdenken in der Politik anzustoßen. Ziel ist, auf der Grundlage angemessener, auskömmlicher Einnahmen die Zufriedenheit der Mitarbeitenden ebenso zu ermöglichen wie eine qualitative patientenorientierte Behandlung.

Die aktuellen Reformideen haben die Maximalversorger und eine Konzentration der Leistungen im Fokus. Die anderen Häuser würden durch Unterfinanzierung in die Krise rutschen. Im Vergleich mit Dänemark bräuchten wir 120 Milliarden – D Bahn zehn Jahre. Hier nichts zu tun bedeutet, dass die kommunal Verantwortlichen in der Bredouille sind. Die gegenwärtig verhandelten Gelder sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Haben wir wirklich zu viele Krankenhäuser? Lücken zeigen wie im Fall von RSV, dass dieses unstrukturierte Vorgehen der Versorgungssicherheit entgegensteht.

Also: eine auskömmliche Finanzierung muss her! Standorte erhalten, neu fokussieren. Dank der Telemedizin-Aktivitäten sollten die Häuser in ländlichen Strukturen ja an die High-End-Versorger angebunden werden. Für NRW bedeutet das Reformkonzept hingegen einen massiven Abbau. Ich gehe davon aus, dass NRW, Bayern, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern bei diesem Konzept des Bundes nicht mitmachen werden.

Sie haben in Ihrem Twitter-Posting den Bundeskanzler, den Bundesgesundheitsminister und den Gesundheitsminister von NRW getaggt. Offiziell sieht man keine Reaktion der drei – haben Sie denn eine persönliche bekommen?

Dr. Düllings: Nun – von diesen drei kam noch kein persönliches Feedback. Aber viele andere Akteure der Branche haben sich gemeldet! Darunter auch Dr. Gaß von der DKG. „Richtig cool“ ist eine typische Resonanz. Ich freue mich über tausende Impressions bei LinkedIn und bei YouTube.

Auf LinkedIn sehen wir den Zuspruch für den Inhalt Ihres Songs und das „intonierte, wichtige Statement“, wie ein Chefarzt schreibt. Was besagt die Resonanz aus Ihrer Sicht?

Dr. Düllings: Diese Ansprache durch Musik wirkt nicht nur bei unseren Branchenkolleg:innen, sondern auch bei Laien. Es geht um eine einfache Rechnung – im Kontext der Inflation handelt es sich um acht Milliarden, die nicht finanziert sind. Laut Roland Berger befinden sich 70 Prozent der Häuser im Minus. Konkrete Pleiten stehen an. Mit diesem Song und den überschaubaren Ansprüchen ans Englisch-Verständnis, so mein Gedanke, versteht das auch unsere Bevölkerung.

Welche Erwartungen hatten Sie ursprünglich an die Akzeptanz für Ihren Song?

Dr. Düllings: Anfangs hatte ich Bedenken, ob ich mit dem Song peinlich „rüberkomme“. Aber meine Gespräche vorab waren durchweg positiv – das hat mich bestärkt. Durch ein Tunen im Studio wäre das authentische Element verlorengegangen. Tausend Klicks über ein Jahr wären toll, dachte ich anfangs – aber diese Zahl kam schon nach einem Tag!

Planen Sie denn weitere Musikstücke dieser Art?

Dr. Düllings: Es scheint ja, dass diese Art der Kommunikation ankommt … ja, ich kann mir gut vorstellen, noch mehr Songs zu schreiben und zu posten!

Mit einem Klick hierauf geht´s zum Twitter-Posting und zum Song „Save our Hospitals“ von Dr. Josef Düllings.

Den Text zum Mitsingen finden Interessierte hier.

Kontakt zum Autor:

Michael Reiter, michael.reiter-pr@gmx.de