Trinkwasserhygiene Sauberes Wasser auf dem Schirm der Politik?

Die Pandemie hat die Bedeutung von Hygiene in den Fokus gerückt – kaum aber im Spezialgebiet der Trinkwasserhygiene, die v.a. in Healthcare-Einrichtungen eine ganz entscheidende Rolle einnimmt. Mehr Bewusstsein für einen Präventivansatz ist gefordert. Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen müssen sensibilisiert werden, was notwendig ist, um eine optimale Trinkwasserqualität zu gewährleisten und gegebenenfalls nachhaltig zu verbessern. In den zurückliegenden drei Jahren, seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020, wurde und wird viel über Hygiene gesprochen. Politische Entscheidungen auf EU-, Bundes- und Länderebene waren im Wochenrhythmus davon bestimmt. Dass Hygiene der entscheidende Punkt ist, Infektionen vorzubeugen, ist gerade auch politischen Entscheiderinnen und Entscheidern schnell klargeworden: Mundschutz, möglichst kontaktlos mit anderen interagieren, Hände waschen und desinfizieren etc. Viren und Bakterien sind oft gar nicht oder nur schwer zu erkennen. Das gilt gleich in doppelter Hinsicht für das Trinkwasser. In Wänden verbaute Trinkwasserleitungen sieht niemand. Wenn dort das Wasser länger steht, ebenso wenig. Und genau da bilden sich dann Krankheitserreger, die verheerend auf die Gesundheit einwirken können. Diesen Aspekt konnte der öffentliche Gesundheitsdienst, also die administrative, ausführende Seite aufgrund der Überlastung im Bereich Corona-Nachverfolgung lange nicht mehr so bearbeiten, wie es sein sollte. Gerade hinsichtlich eines relativ alten Gebäudebestandes, wie wir ihn in Deutschland haben, ist das aber dringend geboten. Mangelnder Informationsfluss bremst politisches Handeln Weniger Kontrollen und Audits bei Trinkwasserinstallationen haben dazu geführt, dass das Thema Trinkwasserhygiene – insbesondere in öffentlichen Gebäuden der Daseinsvorsorge – entsprechend weniger in die Politik zurückgespielt wurde und wird. Während gleichzeitig allgemeine Hygienethemen die öffentliche Debatte bestimmten oder sogar überlagert haben. Um sachlich und fachlich korrekte Entscheidungen zu treffen, braucht es aber genau dieses Detailwissen. Mit Blick auf unser Lebensmittel Nummer eins bedeutet das, dass eine größtmögliche Hygiene gewährleistet wird. Gesetzliche Bestimmungen zum Teil mit Verzug „Wasser kommt aus dem Hahn“, das gilt z.B. auch in den Gebäuden des Deutschen Bundestages. Warum kann es direkt genossen werden? Was genau ist dafür zu tun? Die Antwort auf die erste Frage ist vermeintlich einfach: Weil es Gesetze und Verordnungen gibt. Das sind z.B. das Infektionsschutzgesetz – Trinkwasser darf u.a. keine Krankheitserreger enthalten – und die Trinkwasserverordnung. Letztere fußt u.a. auch auf der seit 1998 EU-weit geltenden Trinkwasserrichtline. Diese wurde jüngst überarbeitet und hätte seit dem 12. Januar 2023 auch in Deutschland umgesetzt werden müssen. Dazu kam es nicht. Der Bundesrat als zweite gesetzgebende Kammer hat das zustimmungspflichtige Werk am 31. März abschließend beraten. Dem war eine Mahnung der EU-Kommission vorausgegangen. Die Antwort auf Frage zwei ist technischer Natur und weniger politisch. Hier spielen die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ eine Rolle – etwa für TGA-Fachleute. Die spezielle Thematik Trinkwasserhygiene mit Blick auf die Politik Jedem leuchtet sofort ein, dass bei akuter Ansteckungsgefahr – z.B. durch Corona – Vorsicht geboten ist. Eine Pandemie sorgt für schlagartige Aufmerksamkeit und die internetgestützten Echtzeitmedien transportieren alles rasch in jeden Winkel. Hier liegt eine große politische Popularitätschance. Das ist beim Thema Trinkwasser anders gelagert. Freilich wird das Lebensmittel Nummer eins in einem exzellenten Zustand vom Versorger angeliefert. Aber was passiert ab dem Gebäudeanschluss? Ab da wird es kompliziert, weil jede Trinkwasserinstallation ihren eigenen komplexen Aufbau hat und keine der anderen gleicht. Das gilt ganz besonders für große Gebäude wie z.B. ein Krankenhaus. Da sind vielleicht von 1.000 Entnahmestellen (Armaturen) nur 500 regelmäßig in Betrieb. Das ist insgesamt technisch anspruchsvoll. Wenn es zu einer Havarie oder Verkeimung kommt, wo genau ist die Ursache zu suchen – oder besser: zu finden? Ganz entscheidend ist zudem, dass kein Betreiber einer Trinkwasserinstallation in einem Gebäude wie Krankenhaus, Schule oder Pflegeeinrichtung beispielsweise einen Legionellen-Ausbruch so kommuniziert, dass es gleich die Politik erreicht. Zunächst einmal sind die gesundheitlichen Aufsichtsbehörden am Zug und dann heißt es, rasch den Schaden zu beheben. "Ein stärkeres Bewusstsein für die Trinkwasserhygiene in der gesundheitlichen Daseinsvorsorge ist dringend gefordert." Udo Sonnenberg Prävention muss in der politischen Denke Einzug halten Der Politik muss also viel intensiver der Präventivansatz nähergebracht werden und dass sich Investitionen darin lohnen. Nachsorge kommt einer Einrichtung immer teurer zu stehen. Darin sehen die Partner für Wasser ihre eigentliche Aufgabe: Aufmerksamkeit und Ressourcen in Maßnahmen zu leiten, die der Gesundheit der Menschen zugutekommen, die aber schon lange davor in Entscheidungen münden, die Prävention überhaupt ermöglichen. Das komplizierte Finanzierungsgeflecht z.B. mit Blick auf den Krankenhaussektor führt unweigerlich zu einer Vielzahl von Mitsprachen auf allen Ebenen. Die Kommune oder der Landkreis als Betreiber vor Ort – bei den Häusern in kommunaler Trägerschaft – sind zudem für den laufenden Betrieb verantwortlich. Wenn es am Notwendigsten fehlt – Notfallpersonal, Medikamente, wichtige Heilmittel, während Corona Betten-Kapazitäten –, dann steht die Trinkwasserhygiene zunächst einmal hinten an. Obwohl die Politik über die verschiedenen Finanzierungshebel die Möglichkeit hätte, hier auch dieses Thema entsprechend einzusteuern. Ein ähnliches Bild zeichnet sich im Bildungswesen ab. Beim Trinkwasser in Pflegeeinrichtungen ist die Politik am weitesten weg Pflegeeinrichtungen sind überwiegend in kirchlich-gemeinnütziger Trägerschaft oder privat organisiert. Hier ist die Politik u.U. noch weiter weg. Bestimmte Anforderungen, die über die Personalsituation und das Medikamentenmanagement hinausgehen, kommen kaum in der Politik an. Um Missverständnissen vorzubeugen: Auch Pflegeheimbetreiber sind Trinkwasseranlagenbetreiber und damit rechtlich voll in der Verantwortung. Kontakt zum Autor Udo Sonnenberg, Geschäftsführung und Gründungsmitglied der Partner für Wasser e.V., sonnenberg@partnerfuerwasser.de

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