Routinedaten im Gesundheitswesen

Routinedaten im Gesundheitswesen sind standardisierte Informationen, die v.a. zu Abrechnungszwecken mit den Leistungserbringern erhoben werden. Dies sind z.B. Daten der gesetzlichen Krankenversicherung, der Renten- und Unfallversicherung (Sozialdaten) und der amtlichen Statistik (z.B. Krankenhausdiagnose- oder DRG-Statistik, siehe Vergütungssystem). Im Gegen­satz zu Primärdaten, die eigens für den wissenschaftlichen Verwendungszweck erzeugt werden, handelt es sich bei Routinedaten um bereits vorliegende Daten, die zunächst für andere, nicht primär wissenschaftliche Zwecke erhoben wurden.

1. Synonyme:

Sekundärdaten, Abrechnungsdaten, Krankenkassendaten

2. Kurzhistorie:

Die erste Version der „Guten Praxis Sekundärdatenanalyse“ (GPS) wurde von der Arbeitsgruppe „Erhebung und Nutzung von Sekundärdaten (AGENS)“ der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) und der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) veröffentlicht. Bis zum Jahr 2014 erfuhr die GPS zwei weitere Revisionen. Im Jahre 2014 wurde das Standardwerk „Handbuch Sekundärdatenanalyse“ in der zweiten, vollständig überarbeiteten Auflage veröffentlicht.

3. Ziel:

Primäres Ziel von Routinedaten, hier konkret der GKV-Daten, ist die Erfassung von – meist abrechnungsrelevanten – Informationen aus der medizinischen Routineversorgung. Ziele der Nutzung der Routinedaten als Sekundärdaten sind z.B. die Beantwortung von epidemiolo­gischen Fragestellungen, von Fragen der Versorgungsforschung, der Qualitätssicherung oder die Erkenntnisgewinnung für gesundheitsökonomische Studien.

Die genannten Merkmale und die mit der wissenschaftlichen Nutzung dieser Daten verbun­denen Zielsetzungen gelten in ähnlicher Weise für die Routinedaten anderer Sozialversicherungsträger und weiterer Dateneigner.

4. Wesentliche Merkmale:

Die Routinedaten im Gesundheitswesen sind standardisierte Informationen, die v.a. zu Abrechnungszwecken mit den Leistungserbringern erhoben werden. Zudem werden die Daten gerne von Versorgungsakteuren/-forschern zu Auswertungszwecken verwendet, da hier individuelle Daten von Versicherten und/oder Patienten je nach Größe des Datensatzes mehrere hundert tausende oder gar Millionen an Individuen beinhalten können. Für die Nutzung der Daten werden diese meist in einer pseudonymisierten Form zusammengestellt .

5. Wesentliche Einsatzgebiete:

Die zu Abrechnungszwecken zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen übermittelten Daten der Gesetzlichen Krankenversicherung, um beispielhaft die am stärksten genutzten Routinedaten zu charakterisieren, sind durch gesetzliche Bestimmungen (hier SGB V) und Verordnungen (GKV-Datenaustausch) weitgehend formalisiert und standardisiert. Unterschiede zeigen sich lediglich auf der technischen Ebene, also wie bei den Dateneignern die Versichertenstammdaten und die Versorgungsdaten organisiert sind. Für die wissenschaftliche Nutzung können die versorgungsrelevanten Daten nach projektspezifischen Vorgaben selektiert und i.d.R. in pseudonymisierter Form genutzt werden (siehe Pseudonym).

Die Vorteile der GKV-Routinedaten liegen zunächst in der Größe der in wissenschaftliche Auswertungen einschließbaren Population, in der Länge (Kontinuität) der beobachtbaren Zeiträume sowie in der Tatsache begründet, dass diese Daten einen weitgehend unverzerrten Blick auf die Versorgungsrealität gestatten. Weitere Vorzüge sind in der Erfassung der Nachfrage nach bestimmten Gesundheitsleistungen und der Aufschlüsselung nach soziodemografischen Faktoren (z.B. Alter, Geschlecht, Versichertenstatus) zu sehen. Da Routinedaten aus dem Versorgungsalltag stammen, weisen sie in der Regel eine hohe externe Validität auf, sodass allgemeine Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit bei einer ausreichend großen Stichprobe grundsätzlich möglich sind. Weitere Vorteile der Routine­daten liegen insbesondere in folgenden Eigenschaften und Informationen: Personenbezug, Populationsbezug, Arzt- und Institutionenbezug, Behandlungsdaten aller Sektoren, mögliche Zuordnung von Kosten und einer kostengünstigen Beschaffung. Diese Eigenschaften unterstreichen, dass Routinedaten eine wichtige Informationsquelle zur Darstellung der erbrach­ten Versorgungsleistungen (Output) sowie der Intensität ihrer Inanspruchnahme sind. Routinedaten-/Sekundärdaten stehen in Abwägung ihrer Vor- und Nachteile durchaus gleichberechtigt neben Primärdaten

6. Unterscheidung von ähnlichen Begriffen:

Routinedaten werden auch Sekundärdaten genannt, da sie aus vorherigen Erhebungen, Beobachtungen oder Experimenten stammen. Die Sekundärdatenanalyse beschreibt somit die wissenschaftliche Auswertung von Daten, die primär zu anderen Zwecken erhoben wurden.

Prof. Dr. David Matusiewicz
Prof. Dr. David Matusiewicz, Dekan und Institutsdirektor der FOM sowie Gründer der Digital Health Academy. – © Tom Schulte/FOM

Autor:

Prof. Dr. David Matusiewicz

Dekan und Institutsdirektor FOM

Gründer, Digital Health Academy

david.matusiewicz@fom.de

Matusiewicz D. (2020) Definition Routinedaten im Gesundheitswesen. In: Matusiewicz D. Kusch C. (Hrsg.) Digital Health Lexikon, Health&Care Management, URL: hcm-magazin.de, Holzmann Medien, 2020.