Digitalisierung
An der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster haben Chirurgen eine neue Operationsmethode in der robotischen Mikrochirurgie eingeführt.

Ein großer Erfolg für die robotische Mikrochirurgie in Münster – sowohl für die Medizin als auch für die Wissenschaft. Ein Team um Privatdozent Dr. Maximilian Kückelhaus und Prof. Dr. Tobias Hirsch vom Zentrum für Muskuloskelettale Medizin der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster hat erste vollständig robotergestützte mikrochirurgische Eingriffe an Menschen durchgeführt.
Die Wissenschaftler haben eine innovative Operationsmethode entwickelt, bei der ein neuartiger und speziell für die Mikrochirurgie konzipierter Operationsroboter mit einem robotischen Mikroskop vernetzt wird. Dieses Verfahren ermögliche eine vollständige Entkopplung des Operierenden vom Operationsfeld. Der Einsatz der Roboter für die klinische Forschung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Münster und der Fachklinik Hornheide.
Das WWU Münster berichtet, dass die Experten das neue Verfahren seit gut zwei Monaten nutzen. Bislang erfolgten fünf erfolgreiche Operationen, viele weitere sollen folgen.
„Das neue Operationsverfahren ermöglicht es uns, wesentlich feiner und präziser zu arbeiten als es mit konventionellen Operationstechniken möglich ist.“
Privatdozent Dr. Maximilian Kückelhaus
Bei diesem Verfahren werde weniger Gewebe zerstört und die Genesung verlaufe schneller. Das Verfahren setzen die Experten beispielsweise bei Patientinnen mit Brustkrebserkrankung ein, die komplexe Brust-Rekonstruktionen benötigen, oder wenn Gewebetransplantate gebraucht werden. Mit Hilfe des Roboters und des robotischen Mikroskops können die Mikrochirurgen feinste anatomische Strukturen wie Blutgefäße, Nerven oder Lymphbahnen mit einem Durchmesser von oft nur 0,3 Millimeter wieder miteinander verbinden.
Roboter übernimmt menschliche Bewegungen
Während der Operation nimmt der Roboter, das sogenannte „Symani Surgical System“, die menschlichen Bewegungen der Hände über ein elektromagnetisches Feld und Joysticks auf. Die Bewegungen des Operateurs führt der Roboter bis einer zu 20-fachen Verkleinerung über winzige Instrumente aus und eliminiert dabei das Zittern der Hände. Mit dem Operationsroboter ist ein robotisches Mikroskop des Unternehmens BHS Technologies verbunden, das das Operationsfeld über ein „3D Augmented Reality Headset“ mit zwei hochauflösenden Monitoren darstellt. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes „binokulares Headset“, das in der Lage ist, die reale Welt mit virtuellen Informationen zu kombinieren. So werden die Kopfbewegungen des Chirurgen erfasst und auf den Roboter übertragen, sodass auch komplizierte Blickwinkel auf den zu operierenden Bereich möglich sind. Zusätzlich kann der Operateur über Kopfgesten verschiedene Menüs ansteuern und Funktionen des Roboters ausführen, ohne dabei die Hände zu benutzen.
Vorteile der neuen Technik
Die neue Technik soll zudem den Vorteil einer entspannten Körperhaltung für den Operateur bieten, der sonst häufig über mehrere Stunden hinweg stehend und in einer anstrengenden Position operieren muss.
„Diese Technik schützt uns vor Ermüdung, sodass sich die Konzentration über viele Stunden deutlich besser aufrechterhalten lässt. In ersten Studien an den Systemen vor dem Einsatz im OP konnten wir bereits die positiven Auswirkungen auf die Operationsqualität und Ergonomie belegen.“
Prof. Dr. Tobias Hirsch
Bei einem Training mit Studierenden und Chirurginnen sowie Chirurgen zeigten die Wissenschaftler, dass die Lernkurve, die Handhabung der Instrumente und die Ergonomie bei der Anwendung mit dem Robotersystem, im Vergleich zu bisherigen Operationstechniken, besser ist.
In den kommenden Wochen und Monaten werden Kückelhaus und Hirsch weitere Operationen durchführen und dabei Daten erheben, die sie in wissenschaftlichen Studien evaluieren.
Für die Entwicklung und klinische Erprobung dieser neuen Behandlungsmethode erhielt Maximilian Kückelhaus eine Finanzierung der Initiative „Recovery Assistance for Cohesion and the Territories of Europe“ der Europäischen Union.
Expertenkontakt
Privatdozent Dr. Maximilian Kückelhaus: Leiter der Experimentellen Plastischen Chirurgie des Zentrums für Muskuloskelettale Medizin an der WWU Münster
Kontakt: maximilian.kueckelhaus@ukmuenster.de
Prof. Dr. Tobias Hirsch: Leiter der Sektion Plastische Chirurgie der Universitätsklinik Münster in Kooperation mit der Fachklinik Hornheide