Prof. Karl Lauterbach (SPD) setzt auf Wissenschaft statt auf Selbstverwaltung. Vor der Presse gab der Gesundheitsminister am 2. Mai 2022 die 16 Mitglieder der „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ bekannt.

Bei der Kommission handelt es sich um Expertinnen und Experten aus den Bereichen Versorgung (Pflege und Medizin), Ökonomie und Rechtswissenschaften, zum Teil mit praktischer Klinikerfahrung. Koordinator ist Prof. Tom Bschor. Die Runde soll sich in den kommenden Tagen konstituieren und ihre Arbeit aufnehmen.
„Erarbeitet werden sollen schriftliche Stellungnahmen zu einzelnen Fragen der Krankenhausversorgung. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, sollen die Empfehlungen Grundlagen für Krankenhausreformen ab dem Jahr 2023 werden“, teilt das BMG mit. Lauterbach betont, dass es eine „Arbeitskommission“ und keine „Gutachtenskommission“ sei. Auf der Agenda stünden: Notfallversorgung, Pflegemangel, Vergütung, Investitionen und die Rolle des Bundes bei der Krankenhausplanung. Die Länder sollen miteingebunden werden. Vertreter der Selbstverwaltung findet man auf der Liste nicht. „Das ist eine wissenschaftliche Kommission“, betont der Minister.
So setzt sich die Regierungskommission zusammen
Die Mitglieder der Kommission sind:
- Prof. Dr. Boris Augurzky, Kompetenzbereichsleiter Gesundheit im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsinstitut (RWI).
- Prof. Dr. Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin.
- Prof. Dr. Tom Bschor, Koordinator der Regierungskommission Krankenhausversorgung, langjähriger Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie der Schlosspark-Klinik Berlin.
- Prof. Dr. Jörg Dötsch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Uniklinik Köln.
- Michaela Evans, Direktorin des Forschungsschwerpunktes Arbeit & Wandel am Institut Arbeit und Technik (IAT) an der Westfälischen Hochschule.
- Prof. Dr. Dagmar Felix, Professorin für Sozialrecht an der Universität Hamburg.
- Volkswirtin Irmtraud Gürkan, stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Charité.
- Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, Vorsitzende der Gesellschaft für Qualitätsmanagement und Leiterin Qualitätsmanagement und klinisches Risikomanagement der Sana Kliniken AG.
- Prof. Dr. Martina Hasseler, Professorin für Klinische Pflege an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften.
- Prof. Dr Stefan Huster, Professor für Öffentliches Recht, Gesundheits- und Sozialrecht und Rechtsphilosophie an der Ruhr-Universität Bochum.
- Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Intensivmedizin und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin.
- Prof. Dr. Thorsten Kingreen, ProfessorfürÖffentliches Recht, Sozialrecht und Gesundheitsrecht an der Universität Regensburg
- Prof. Dr. Heyo Kroemer, Pharmazeut und Pharmakologe und Vorstandsvorsitzender der Charité.
- Prof. Dr. Laura Münkler, Professorin für Öffentliches Recht (Verwaltungs- und Gesundheitsrecht) an der Universität Greifswald.
- Prof. Dr. Rajan Somasundaram, Ärztlicher Leiter in der Notaufnahme Campus Benjamin Franklin.
- Prof. Dr. Leonie Sundmacher, Professorinfür Gesundheitsökonomie an der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften an der TU München.
Stimmen aus der Branche und der Politik zur neuen Kommission
„Diese Kommission hat eine große Aufgabe vor sich, denn sie muss konsensfähige und umsetzbare Vorschläge unterbreiten. Es geht nicht darum, wissenschaftliche Modelle zu diskutieren, sondern tatsächliche Rahmenbedingungen für die Versorgung von 83 Millionen Menschen zu entwerfen, die dann auch von Kliniken und Kostenträgern mit Leben gefüllt werden können“, sagt Dr. Gerald Gaß, Vorstandschef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). „Es ist bekannt, dass wir die Beteiligung der Selbstverwaltung gefordert haben.“ Seine Organisation wolle aber beratend zur Seite stehen, ebenso wie der GKV-Spitzenverband. Sein Pressesprecher Florian Lanz betont: „Es gilt jetzt keine Zeit mehr zu verlieren.“ Der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) freut sich, dass es losgeht, moniert aber via Twitter: „Viel Theorie, wenig Praxis.“
Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, zur Berufung der Kommission für eine Krankenhausreform: „Wir begrüßen die Berufung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. Damit ist der erste Schritt getan, um die überfällige Reform anzustoßen. Allerdings hätten wir uns gewünscht, dass auch die Beitragszahler sowie Arbeitgeber als Financiers direkt eingebunden werden.“
„Die Krankenhausplanung gehört in die Hand der Bundesländer! Es ist vollkommen inakzeptabel, dass das Bundesgesundheitsministerium die Länder bei der Bildung der Regierungskommission zur Krankenhausplanung und -finanzierung nicht als Mitglieder beteiligen wird“, sagt Klaus Holetschek, Bayerischer Gesundheitsminister. Er unterstrich: „Ich fordere die Bundesregierung dringend auf, die Länder bei der Erarbeitung der Empfehlungen dennoch engmaschig und so frühzeitig einzubeziehen, dass eine substantielle Mitwirkung der Länder gewährleistet ist. Diese Expertise aus der Praxis ist unverzichtbar, um eine flächendeckende und hochwertige Krankenhausversorgung zu sichern, die auch den jeweiligen regionalen Bedürfnissen gerecht wird.“