INTERVIEW MIT DR. med CHRISTOF VEIT „Qualitätsmessung kann Vertrauen stärken“

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Qualitätsmanagement

Vertrauen ist gut, Kontrolle besser – dieses simple Sprichwort ließe sich genauso auf die komplexen Aufgaben des neuen Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) übertragen. Oder doch nicht? IQTIG-Leiter Dr. Christof Veit im HCM-Gespräch.

Es ist kein leichtes Erbe, das Dr. Christof Veit im Januar am Rande des schönen Berliner Tiergartens antrat: Das dort ansässige, neu gegründete Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) soll – im weitesten Sinne – effektiver arbeiten als seine Vorgänger. Unter anderem wird das IQTIG die Daten aus der Qualitätskontrolle sektorenübergreifend sammeln, aufbereiten und veröffentlichen; bisher hat dies das Göttinger AQUA-Institut getan. Doch nicht alle Beteiligten der Branche sehen der neuen Institution, die im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aktiv wird, begeistert entgegen: Die einen fürchten zu viel Einfluss, die anderen eine „Datenkrake“ oder „informatorischen Overkill“.

HCM: Herr Dr. Veit, seit mehr als 20 Jahren sind Sie ein erprobter Qualitätsfachmann in der Gesundheitsbranche. Warum werden solche Posten häufig argwöhnisch beobachtet?

Veit: Jeder Versuch, Qualität zu messen, wird mit großer Vorsicht betrachtet, wenn das Folgen haben kann. Wird sinnvoll gemessen? Wie werden die Einzelnen dabei abschneiden? Werden die relevanten Aspekte hinterfragt? Werden die Vergleiche fair sein? Das sind legitime Fragen, denen sich das IQTIG durch transparente Arbeit stellen wird.

HCM: Die Kritik am IQTIG nahm schon vor der Gründung ihren Lauf. Parallel soll Ihr Institut besser arbeiten als die Vorgänger. Wie lässt sich da Vertrauen, intern wie extern, überhaupt schaffen?

Veit: In den letzten Monaten gab es natürlich viele Befürchtungen, aber auch viele Hoffnungen, bezüglich der Arbeit des neu gegründeten IQTIG.

Die Chancen und die Gefahren eines solchen Projekts müssen offen diskutiert werden. Vertrauen in das Projekt entsteht dann, wenn die Beteiligten feststellen, dass selbstkritisch, verantwortungsvoll und fair mit den Qualitätsvergleichen umgegangen wird.

HCM: Wie viel Prozent Ihrer Arbeit wird aus Kontrolle bestehen – und an welchen Stellen setzen Sie auf Vertrauen?

Veit: Ohne Vertrauen ist keine medizinisch-pflegerische Versorgung möglich. Qualitätsmessung kann dabei hilfreich sein und Vertrauen stärken. Als Kontrolle mit negativem Beigeschmack wird sie nur dort empfunden, wo Mängel zeigen, dass das Vertrauen nicht gerechtfertigt ist.  Dort kann sie aber auch Vertrauen wiederherstellen.

HCM: Trotzdem rechnen Sie schon jetzt mit Klagen und wollen eine gute Rechtsabteilung aufbauen. Das klingt nicht gerade nach Vertrauen …

Veit: Eine gute Qualitätssicherung muss immer auch kritisch sein. Wenn sie Konsequenzen hat, dann werden die Betroffenen versuchen, sich zu wehren. Das ist legitim. Unsere juristische Abteilung soll uns dabei helfen, dass unsere Ergebnisse so transparent, belastbar und justiziabel sind, dass Klagen vermieden werden.

HCM: Wie lautet Ihre erste Bilanz nach vier Monaten am neuen Schreibtisch?

Veit: Wir sind noch im Aufbau und die inhaltlichen Diskussionen über den künftigen Kurs der externen Qualitätssicherung sind natürlich kontrovers, aber konstruktiv. Das ist ein guter Ausgangspunkt.

Die Fragen stellte Carolina Heske.

Dr. med. Christof Veit

  • Dr. Christof Veit, geboren 1957 im Schwarzwald, studierte Medizin in Freiburg, London und Boston. Nach seiner Promotion 1985 arbeitete er in der Urologie und Chirurgie des Allgemeinen Krankenhauses Altona in Hamburg. 
  • Von 1992 bis 2007 leitete er die Landesgeschäftsstelle Externe Qualitätssicherung Hamburg (EQS), war auch als Prüfer bei der Ärztekammer Hamburg tätig.
 
  • Danach wechselte er als Geschäftsführer zum BQS Institut für Qualität und Patientensicherheit, für das er an bundesweiten Qualitätssicherungsverfahren im Bereich der stationären Versorgung mitwirkte.
 
  • Im Januar 2015 wurde Veit zum Leiter des neu gegründeten Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) ernannt.
 
  • Kontakt: christof.veit@iqtig.org

Der G-BA – das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland – hat auf der Basis des § 137a Absatz 1 SGB V Ende 2014 das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) gegründet.

Am 9. Januar wurde diese Gründung vollendet. Als Leiter wurde Dr. med. Christof Veit bestellt.

  • Als Trägerin des IQTIG fungiert die Stiftung für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen. Die Stiftung ist selbstlos tätig und verfolgt keine eigenwirtschaftlichen Zwecke. Mittel der Stiftung dürfen nur für den satzungsgemäßen Zweck verwendet werden.↓
 
  • Organe der Stiftung sind der G-BA für Beschlüsse zu Änderungen der Satzung und Aufhebung der Stiftung, der Stiftungsrat und der Vorstand. Das Institut ist eine Einrichtung der Stiftung unter verantwortlicher wissenschaftlich unabhängiger Leitung.
 
  • Beratende Gremien sind das Kuratorium und der wissenschaftliche Beirat.
 
  • Es wird ein Finanzausschuss der Stiftung eingesetzt, der die Organe der Stiftung berät und v.a. den von der Institutsleitung vorbereiteten Haushaltsplan und Jahres-abschluss prüft.
 
  • Das IQTIG wird im Auftrag des G-BA Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur Darstellung der Versorgungsqualität im Gesundheitswesen erarbeiten und an deren Umsetzung mitwirken. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Entwicklung und Durchführung von Verfahren der einrichtungs- und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung, der Entwicklung von Kriterien zur Bewertung von Zertifikaten und Qualitätssiegeln und der Publikation der Ergebnisse in einer für die Allgemeinheit verständlichen Form.
 
  • Das Institut hat seinen Sitz in Berlin-Tiergarten. Es führt nach der Aufbauphase 2015 ab Januar 2016 die einrichtungs- und sektorenübergreifende Qualitätssicherung nach § 137 SGB V fort. Derzeit wird am Aufbau des Teams und der Strukturen gefeilt, um schnell umfassend arbeitsfähig zu werden.
 
  • Mehr Infos fortan laufend unter www.iqtig.org.