Update Wundversorgung Qualität, Patientenbefinden und Kosten im Fokus

Die gesundheitsökonomische Bedeutung des Themas Wundversorgung hat im deutschen Gesundheitssystem bislang nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdient. Unser Experte erläutert anhand aktueller Daten, was im System falschläuft und welche Maßnahmen er für die Zukunft empfiehlt.Qualität, Patientenbefinden und Kosten im FokusDas Wundversorgungsmanagement im deutschen Gesundheitssystem bedarf der Verbesserung. Dies zeigt zum einen die REhabilitation- und DIAgnosis-Related Studie (REDIA-Studie; vgl. von Eiff et al. 2011), die z.B. nachweist, dass die Zahl der orthopädischen Patienten die mit offenliegendem Nahtmaterial und nicht geschlossenen Wunden von 2003 bis 2011 von sieben auf 40 Prozent gestiegen ist. Die notwendige Qualität der Wundversorgung wird durch Unterbrechung des Verlegungsprozesses zwischen Entlassung aus dem Akuthaus und Aufnahme in die Reha eingeschränkt. Bei Direktverlegungen ist in zunehmendem Maß ein aufwändiges Wundversorgungsmanagement erforderlich. Andererseits leiden circa vier Millionen Menschen in Deutschland an chronischen Wunden (Abb. 1), etwa 3,5 Millionen werden nicht adäquat versorgt. Jährlich kommt es zu 15.000 bis 20.000 vermeidbaren Amputationen, insbesondere auch der unteren Extremitäten. Etwa 70 Prozent der Patienten mit Major-Operationen, also z.B. Fußamputationen, sind nach dem Eingriff pflegeabhängig. 22 Prozent der Patienten mit Major-Operationen versterben perioperativ. Ein Großteil der Amputationen und damit auch der amputationsbedingten Sterbefälle ließen sich durch eine adäquate Wundversorgung vermeiden. Diese Zahlen demonstrieren einen dringenden Handlungsbedarf. Ursachen für eine nicht appropriate VersorgungWesentliche Gründe für eine nicht appropriate Versorgung von Patienten mit einer Wunde sind: •unattraktive Vergütung im niedergelassenen Bereich im Verhältnis zum Betreuungs- und Materialaufwand;•unzureichende Anzahl interprofessioneller Wundnetze;•mangelhafte Ausbildung zum Thema Wundheilung und Wundmanagement im Medizinstudium und in der ärztlichen Weiterbildung;•unüberschaubare Anzahl von Wundauflagen, die die verschiedensten Wirkansätze verfolgen;•die Hypoxie als gemeinsame Genese fast aller chronischen Wunden wird trotz der großen Anzahl verschiedenster Wundauflagen nicht behoben.InnovationenGemeinsame Ursache fast aller chronischen Wunden ist die sogenannte Hypoxie, die Sauerstoffarmut. Diese wird von den klassischen Wundauflagen nicht behoben. Genau hier setzt die Kombinationstherapie mit topischem Hämoglobin an; diese überwindet die Sauerstoffarmut. In einer prospektiv angelegten, randomisierten Studie (Arenbergerova 2013) wurde die medizinische Wirksamkeit einer Kombinationstherapie (hier mit dem Produkt Granulox) im Verhältnis zur Therapie ohne Granulox untersucht. Das Ergebnis wurde mit den klassischen Versorgungskonzepten (konventionell-trockene Therapie; hydroaktive Therapie) verglichen. Es stellte sich heraus, dass die konventionell-trockene Therapie bis zum Wundverschluss durchschnittlich 301 Tage benötigt, die hydroaktive Therapie 91 Tage und die Kombinationstherapie 60 Tage. Insbesondere beim Einsatz therapierefraktärer Wunden zeigte sich die Kombinationstherapie überlegen. Ausgangspunkt des vom Centrum für Krankenhausmanagement (CKM-Institut) durchgeführten Health Technology Assessments war die Feststellung, dass die Versorgung chronischer Wunden mit Behandlungskosten in Höhe von sechs Milliarden Euro einhergeht. Pro Wunde entstehen für die Krankenkassen pro Jahr durchschnittlich 5.000 Euro Kosten. Bewertung in zwei SchrittenIm ersten Schritt entstand eine Standardkalkulation auf Basis der durchschnittlichen Zeiten bis Wundverschluss sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Fall der Kombinationstherapie nur drei Verbandwechsel pro Woche nötig sind (täglicher Wechsel bei konventionell-trockener Therapie; Abb. 2). Im zweiten Schritt wurden an zufällig ausgesuchten Patienten mit Wundversorgungsproblemen der Behandlungsverlauf, die medizinische Qualität, direkte und indirekte Kosten sowie Opportunitätskosten fallspezifisch festgestellt (Abb. 3). Die Kombinationstherapie hat sich bei therapie-refraktären Wunden bewährt (Abb. 4). Selbst wenn erst 210 Tage nach Beginn einer erfolglosen Standardtherapie mit der Kombinationstherapie gestartet wird, lassen sich noch bis zu 300 Euro je Fall einsparen, was einer Gesamteinsparung bei 3.000 Fällen von über 800.000 Euro entspricht. Überraschend war auch die festgestellte Höhe der Folgekosten eines defizitären Wundmanagements: Bereits 15.000 vermeidbare Fußamputationen belasten die Kassen mit 225 Millionen Euro. Fazit und EmpfehlungenDie Überlegenheit der Kombinationstherapie mit topischem Hämoglobin in der Wundversorgung, insbesondere bei therapierefraktären Wunden, führt zu der Empfehlung, die Anwendung dieses Verfahrens zu verbreiten. Leider ist festzustellen, dass v.a. Niedergelassene unsicher sind, ob die GKV diese Leistungen vergütet. Dazu ist festzustellen: Das der Kombinationstherapie zugrundeliegende Granulox ist kein Arzneimittel, das gesondert zugelassen werden muss, um in den Leistungskatalog aufgenommen zu werden. Vielmehr handelt es sich um ein Verbandsmittel, das keiner besonderen Freigabe bedarf, da es nach § 31 Absatz 1 Satz 1 SGB durch die gesetzlichen Krankenversicherungen zu erstatten ist.

Update Wundversorgung Qualität, Patientenbefinden und Kosten im Fokus

Reimbursement im Überblick

Digitale Gesundheit von A bis Z

Newsletter-Anmeldung