Energie und FKT
Bis Ende dieses Jahres haben die Betreiber von KWK- oder PV-Anlagen noch Zeit, Messstrukturen aufzubauen, die es ermöglichen, die Belieferung Dritter mit Strom vom Eigenverbrauch abzugrenzen. Dann werden die im Energiesammelgesetz enthaltenen Vorgaben dazu scharfgeschaltet.
Bei der Abgrenzung von Drittverbräuchen bleibt die Legislative pingeliger als gedacht und erhofft, auch wenn nun erstmals Bagatellverbräuche und die Möglichkeit für Verbrauchsschätzungen normiert sind. Dass im kommenden Jahr sofort Kontrolleure ausschwärmen, die überprüfen, ob die Selbsterzeuger von Strom rechtskonform agieren, sei natürlich fraglich, erklärte der auf Energierecht spezialisierte Rechtsanwalt Sebastian Igel auf der Auftaktveranstaltung des FKT-Forums Klinikenergie in Hannover. KWK- und PV-Anlagenbetreiber, die ab dem 1. Januar 2020 nicht korrekt messen und abrechnen, riskieren jedoch auch weiterhin nichts Geringeres als den Verlust des Eigenversorgungsprivilegs und damit erhebliche Nachzahlungen von zuvor gesparter EEG-Umlage.
Alles wegen der EEG-Umlage
Die Höhe der EEG-Umlage wurde in den letzten Jahren zum Politikum. „Die von allen Stromversorgern zu zahlende Umlage von aktuell 6,405 ct/kWh, mit der der Ausbau erneuerbarer Energien (EE) gefördert wird, liegt bei den politischen Aufregerthemen gefühlt auf einem der ersten Plätze. Sie polarisiert kaum weniger als ein Geschwindigkeitslimit auf der Autobahn“, meint Igel. Politisches Ziel sei daher, die Basis der EEG-Zahler zu verbreitern. Dafür sei den Gesetzesschmieden offenbar keine Spitzfindigkeit zu absurd, ungeachtet der Tatsache, dass sich die EEG-Umlage mit steigenden Börsenstrompreisen, wie wir sie seit knapp zwei Jahren erleben, ohnehin automatisch verringert. Die EEG-Umlage deckt nämlich die Lücke zwischen den über Marktpreis liegenden Einspeisevergütungen, die EE-Anlagenbetreiber für den von ihnen erzeugten Strom erhalten, und dem tatsächlichen Börsenwert des EE-Stroms. Steigende Börsenstrompreise verringern diese Differenz, so dass die EEG-Umlage automatisch sinkt.
Betreiber der KWK-Anlagen waren bis Ende 2017 komplett (das gilt für Anlagen, die vor dem 1. August 2014 errichtet wurden) oder mit einer 40-prozentigen EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch (das gilt für Anlagen, die nach dem 1. August 2014 errichtet wurden) z.T. von der EEG-Umlage befreit. Für 2018 war die 40-Prozent-Privilegierung nach von der EU-Kommission angestoßenen Diskussionen u.a. darüber, ob diese Befreiung nach beihilferechtlichen Gesichtspunkten zulässig ist, ausgesetzt. Im Dezember 2018 trat nun das Energiesammelgesetz in Kraft. Zahlreiche Regelungen darin wurden rückwirkend zum 1. Januar 2018 wirksam, was unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten eine große Ausnahme darstellt. Die gute Nachricht für Betreiber von KWK-Anlagen mit einer Leistung bis 1 MW, die nach dem 1. August 2014 in Dauerbetrieb genommen wurden, ist: Sie behalten ihre Privilegien und bekommen die 2018 zu viel bezahlte EEG-Umlage erstattet. Die Befreiungen von der EEG-Umlage gelten aber weiterhin nur für den selbstverbrauchten Strom.
Unbestimmte Rechtsbegriffe
So steht der guten Nachricht die ernüchternde Erkenntnis gegenüber: „Auch wenn Bagatellverbräuche nun dem Eigenverbrauch zugerechnet und Fremdverbräuche erstmals geschätzt werden dürfen, sind die gesetzlichen Vorgaben für die Abgrenzung von Drittbelieferungen weiterhin viel strenger, als man mit gesundem Menschenverstand erwartet hätte. Dazu kommt eine Fülle an unbestimmten Rechtsbegriffen, die die korrekte Umsetzung des Gesetzes vorerst zum Lotteriespiel machen“, monierte Igel. Unklar sei v.a. die Auslegung der Bagatellregelungen. Was sind „geringfügige“ Mengen und was darf geschätzt werden? Fällt der Getränkeautomat auf der Station noch darunter? In der Gesetzesbegründung zum Energiesammelgesetz heißt es dazu: „Stromverbrauchseinrichtungen, die dauerhaft von derselben Person an der immer gleichen Verbrauchsstelle betrieben werden, dürften nur in Ausnahmefällen Bagatellverbrauch darstellen.“ Was sind diese Ausnahmen und was sind Stromverbräuche, die noch im Bereich des „Sozialadäquaten“ liegen? Klarheit werden hier erst entsprechende Urteile schaffen.
Als Bagatellgrenze mag bis dahin der Jahresverbrauch eines Haushaltskunden gelten, der bei rund 3.000 kWh liegt. Schätzungen sollen nur möglich sein, wenn geeichte Messungen technisch unmöglich oder nur mit unvertretbarem Aufwand umsetzbar sind. Bei Schätzungen muss zudem sichergestellt werden, dass auf die gesamte Strommenge nicht weniger EEG-Umlage gezahlt wird als bei einer Abgrenzung durch mess- und eichkonforme Einrichtungen. Bei der Endabrechnung ihrer nach EEG-Umlage relevanten Strommengen für 2019, die bis 28. Februar 2020 gegenüber dem Netzbetreiber oder bis 31. Mai 2020 gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber zu erfolgen hat, müssen KWK-Anlagen-Betreiber darlegen, wie sie ab 1. Januar 2020 die Anforderungen des § 62 b Abs. 1 und 2 EEG, der das alles festlegt, erfüllen werden.
Regelmäßiges Update
Mit diesen und vielen weiteren Voraussetzungen für die energierechtliche Compliance erzeugte Rechtsanwalt Igel mitunter gequälte Gesichter bei den knapp 50 aus ganz Deutschland angereisten Teilnehmern der Veranstaltung. Das FKT-Forum Klinikenergie wird sie künftig, ihrem Wunsch entsprechend, regelmäßig über die aktuelle Rechtslage in Sachen Energie updaten. Die Präsentation von Rechtsanwalt Igel, die alle wichtigen Vorgaben übersichtlich zusammenfasst, finden Sie auf der FKT-Homepage im Bereich Wissen/Tagungspräsentationen.
Maria Thalmayr
- Die Basis der EEG-Zahler soll verbreitert werden. Auch die jetzigen Neuregelungen zu Bagatellverbräuchen und Schätzungsmöglichkeiten stellen hiervon keine Abkehr oder auch nur einen praxiskompatiblen Ansatz für Krankenhäuser dar.
- Sebastian Igel