Pflegequalität: Vieles ist besser geworden, aber nicht alles ist gut

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Qualitätsmanagement

Anstatt auf freiheitseinschränkende Maßnahmen setzen Pflegeheime zunehmend auf Alternativen. Unter anderem deshalb wurden bei der Pflegequalität deutliche Fortschritte erzielt, wie der Pflege-Qualitätsbericht zeigt. Dennoch besteht weiter Handlungsbedarf.

Der GKV-Spitzenverband und der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbands haben zusammen den 4. Pflege-Qualitätsbericht vorgelegt. – © Kzenon (Fotolia.com)

Verbesserungen bei der Dekubitusprophylaxe, fast eine Halbierung beim Einsatz von freiheitsentziehenden Maßnahmen in Pflegeheimen aber nach wie vor Schwächen beim Schmerzmanagement – das offenbart der Pflege-Qualitätsbericht, den der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) gemeinsam vorgelegt haben. Unterm Strich hat sich bei der Versorgungsqualität in Pflegeheimen und bei ambulanten Pflegediensten einiges getan. Sie ist besser geworden. Handlungsbedarf besteht dennoch.

Einsatz von Windeln und Katheter oftmals unnötig

Nach Ansicht von MDS-Geschäftsführer Peter Pick müssten Pflegeeinrichtungen z.B. noch stärker darauf achten, dass sie die Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen beim Toilettengang fördern. „Zu oft werden pflegebedürftige Menschen mit Windeln und Kathetern versorgt, obwohl dies nicht nötig wäre“, kritisiert er.

Gesunken ist indes der Anteil der Bewohner von Pflegeheimen, bei denen freiheitseinschränkende Maßnahmen wie Bettgitter oder Gurte eingesetzt werden. Seit dem letzten Qualitätsbericht ist dieser von 20 Prozent auf nunmehr 12,5 Prozent zurückgegangen. Bei 91,9 Prozent der Betroffenen lag für die freiheitseinschränkenden Maßnahmen eine richterliche Genehmigung vor. Im Jahr 2012 war das nur bei 88,8 Prozent der Fall. Ein Grund für diese Verbesserung sehen die Autoren des Berichts darin, dass in den Pflegeeinrichtungen mittlerweile immer häufiger Alternativen zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen – wie z.B. Matratzen auf dem Boden oder Sensormatten zum Schutz vor Stürzen – eingesetzt werden.

Schmerzmanagement: Pflegebedürftigen könnte viel Leid erspart werden

Für Gernot Kiefer, den Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, zeigt der Bericht, dass „noch viel zu tun ist“. Das gelte v.a. für das Schmerzmanagement. Er ist sich sicher: „Mit einem modernen Schmerzmanagement könnte pflegebedürftigen Menschen viel Leid erspart werden, doch hier wird in vielen Pflegeeinrichtungen noch nicht genug getan.“

Die Schmerztherapie liegt im Verantwortungsbereich der Ärzte. Doch einer Therapie muss zunächst die Schmerzerfassung vorausgehen. Und für die sind die Pflegefachkräfte in den Einrichtungen zuständig. Dem Bericht zufolge war bei 37,3 Prozent der Heimbewohner eine Schmerzfassung erforderlich. Davon lag bei 80,3 Prozent dieser Bewohner eine Schmerzeinschätzung vor. Im Vergleich zu 2012 ist somit eine deutliche Verbesserung eingetreten, denn seinerzeit erfolgte die Schmerzerfassung bei 54,6 Prozent.

Gleichwohl mussten die Autoren des Berichts feststellen, dass aktuell bei 19,7 Prozent der Betroffenen keine Schmerzeinschätzung stattfand. Die Folge: es fehlten wichtige Informationen für eine Anpassung der Schmerzmedikation.

Druckgeschwüre: Deutliche Fortschritte bei der Prophylaxe

Seit der Veröffentlichung des letzten Pflege-Qualitätsberichts hat sich viel beim Thema Dekubitusprophylaxe getan. Aktuell hatten 3,8 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen ein Druckgeschwür und bei 43,3 Prozentder Pflegebedürftigen bestand das Risiko eines Dekubitus. Bei zwei Dritteln davon wandte das Pflegepersonal Prophylaxen wie Lagerungswechsel an und setzte Hilfsmittel ein. Das versäumte das Pflegepersonal jedoch in 24,4 Prozent der Fälle oder erbrachte diese Leistungen nicht in ausreichendem Umfang.

Unterm Strich ist das eine Verbesserung, denn im Jahr 2012 wurde die Prophylaxe nur in 59,3 Prozent der Fälle umgesetzt, bei 40,7 Prozent der Betroffenen erfolgte sie nicht.

Die Ergebnisqualität und die Qualifizierung der Pflegefachkräfte

Ein weiteres wichtiges Ergebnis des Pflegequalitätsberichts brachte Autor Jürgen Brüggemann auf den Punkt: „Wir stellen insgesamt einen klaren Zusammenhang zwischen dem Pflegeprozess und den Ergebnissen fest. Dort wo qualifizierte Pflege erbracht wird, stimmt auch die Ergebnisqualität.“

Dass zu einer guten Versorgung auch eine angemessen hohe Anzahl gut qualifizierter Pflegefachkräfte gehört, ist für Prof. Christel Bienstein logisch. Denn das Erkennen und Bewerten von Pflegebedarfen sowie die Umsetzung und Evaluation daraus abzuleitender evidenzbasierter Maßnahmen erfordere Fachwissen und Sachverstand, so die Präsidentin des Deutschen Berufsverbands Pflege (DBfK). Und das brächten eben nur Pflegefachkräfte mit.

Deutliche Fortschritte trotz Personalmangel

Insgesamt sieht Bienstein im Pflege-Qualitätsbericht ein positives Signal. Sie wies darauf hin, dass die Verbesserungen trotz schwieriger Rahmenbedingungen und einem erheblichen Personalmangel realisiert worden seien. „Das ist v.a. der Fachkompetenz und dem großen Engagement der beruflich Pflegenden in Pflegediensten und Heimen zu danken“, würdigte die DBfK-Präsidentin das Erreichte.

Den vollständigen MDS-Pflege-Qualitätsbericht finden Sie auf der Website des GKV-Spitzenverbandes.

Der 4. MDS-Pflege-Qualitätsbericht
Die Grundlage des Berichts sind Daten aus über 23.211 Qualitätsprüfungen, die im Jahr 2013 in Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten stattfanden. Die MDK-Gutachter untersuchten dabei die Versorgungsqualität bei 146.000 Menschen.