Fachkräftemangel, Fort- und Weiterbildung und Personalentwicklung
Am 21. Oktober 2015 fand der zweite Fachkongress „Marketing für Senioreneinrichtungen“ in Düsseldorf statt. Zur Veranstaltung kamen rund 110 Teilnehmer. Themen waren u.a. Markenbildung und Arbeitgeberattraktivität.

Bereits im Vorjahr hatte die Resonanz auf den Fachkongress „Marketing für Senioreneinrichtungen“ gezeigt, dass Akteure der Pflegebranche ein Forum brauchen, das die spezifischen Herausforderungen des Wettbewerbs von Anbietern stationärer und ambulanter Versorgungsdienstleistungen diskutiert. Der zweite Fachkongress füllte am 21. Oktober 2015 mit rund 110 Teilnehmern die Reihen des Veranstaltungssaals im Düsseldorfer Hotel Nikko. Neben den Marketingthemen Differenzierung, Positionierung und Markenbildung war die Arbeitgeberattraktivität das Schwerpunktthema des Tages. Die Fragen für wen und von wem Dienstleistungen in der Pflege erbracht werden sollen, dominierten die Vorträge.
Menschen machen Marken
Für einen gelungenen Auftakt des Tages sorgte nach der Begrüßung durch die Organisatoren Dr. Thomas Hilse, Inhaber der Management- und Kommunikationsberatung HILSE:KONZEPT und Dagmar Shenouda, Geschäftsführerin der I.O.E. WISSEN GmbH, die erste Referentin mit einem Transfer aus der Tourismusbranche. Andrea Fischer, Leiterin der externen Akademie Gesundheitsbranche, TUI Service Akademie, ermunterte die Zuhörer in ihrem Vortrag „Service und Kundenorientierung im Krankenhaus – Vorbild für die Pflegebranche?“ zum Abgucken. Gerade im Bereich der Service- und Kundenorientierung könne der Pflegesektor vom Tourismusbereich lernen. Eine Markenbildung durch agierende Menschen könne durch eine proaktive Servicequalitätsverbesserung erreicht werden. Dass Menschen eine Marke ausmachen, diese leben und erlebbar machen müssen, vertrat ebenso Michael Müller, Geschäftsführer MediCare GmbH, COO Nord und Marketing Direktor Deutschland der Silvercare Holding in seinem Vortrag „Dachmarken-Strategie und lokale Positionierung“. Er stellte vor, wie seine Holding bisher verschieden gebrandete Unternehmen mit vielen einzelnen Einrichtungen unter einer Dachmarke vereine, ohne die lokalen beziehungsweise regionalen Gegebenheiten und die entsprechende Identität einzelner Häuser aus dem Auge zu verlieren.
Claudius Hasenau, Geschäftsführer APD GmbH und Roland Weigel, Geschäftsführer KCR GmbH vertraten in ihrem Referat „Positionierung: Vermarktung innovativer Wohn- und Versorgungsangebote“ die Meinung, dass Kunden und Mitarbeiter Markenbotschafter sein müssen. Sie stellten die Kampagne „Wir können Pflege!“, deren Kernbotschaften u.a. „Die Pflege alter und kranker Menschen ist besser als ihr Ruf!“ und „Das Berufsfeld Pflege ist attraktiv, vielseitig und zukunftssicher!“ lauten, vor.
Hilfe, ohne zu stigmatisieren
Dass es neue Ideen braucht, Versorgungsangebote zu schaffen und zu vermarkten, unterstrich der Vortrag „Differenzierung: Neupositionierung hochwertiger Wohn- und Pflegekonzepte“ von Bernd Rothe, vormals Geschäftsführer Tertianum GmbH. Er beurteilte insbesondere die Tatsache, dass potenzielle Kunden nicht gerne mit Begriffen wie Hilfs- und Pflegebedürftigkeit konfrontiert würden, als Schwierigkeit beispielsweise in Bezug auf die Bezeichnung von Wohnformen. Hilfe bieten ohne zu stigmatisieren, möchte das Unternehmen Villeroy & Boch AG mit innovativen, auf die Bedürfnisse von HiIfs- und Pflegebedürftigen abgestimmten Produkten leisten. Dies veranschaulichte Thimo Franke , Vertriebsleitung Objekt Deutschland, Villeroy & Boch AG mit seinem Referat: „Markenartikel: Gebäudeausstattung als Differenzierungsmerkmal“. Franke zeigte auf, wie sich sein Unternehmen bemüht, ästhetische Ausstattungsgegenstände mit Assistenz- beziehungsweise Zusatzfunktion zu schaffen, die nicht bei jeder Benutzung und jedem Anblick unangenehm an persönliche Einschränkungen erinnern.
Die Zielgruppe beziehungsweise den Kunden zu kennen und zufriedenzustellen, war auch grundlegend für den von Sandra Lange, Leiterin Unternehmensentwicklung der CASA REHA Unternehmensgruppe vorgestellten Ansatz „Zuweisermanagement: Professionelle Zuweisererschließung und -bindung“. Dieser beinhaltet eine Weiterentwicklung des Kundenbegriffs und rückt den Fokus auf jene, die Empfehlungen für eine Einrichtung aussprechen. Die Beziehungen zu diesen als Zuweiser zu bezeichnenden Akteure seien systematisch zu steuern und zu optimieren.
Arbeitgeberattraktivität
Im abschließenden Block des Kongresses hatten die Organisatoren den Themenschwerpunkt Arbeitgeberattraktivität auf die Agenda gesetzt und Referenten mit innovativen Ansätzen eine Bühne bereitet. Uwe Müller, Leitung zentrales Personalmanagement der AZURIT HANSA Gruppe, gelang es, die Zuhörer von der Notwendigkeit, den Blickwinkel zu ändern, zu überzeugen. In seinem Vortrag „Attraktivitäts-Kampagne und Arbeitgeberportal: Wir drehen den Spieß um – Rollentausch im Bewerberverfahren. Ein Erfahrungsbericht zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität“ machte er deutlich, dass es für Unternehmen, die mit ähnlichen Mitarbeitern ähnliche Dienstleistungen zu ähnlichen Preisen anböten, eine auf den veränderten Bewerbermarkt ausgerichtete Denkweise unabdinglich sei, um bestehen und erfolgreich sein zu können. Dass dabei auch unkonventionelle Instrumente und neue Medien eingesetzt werden müssten, die die potenziellen Mitarbeiter in ihrer Lebenswelt abholen, illustrierte er anhand der unternehmenseigenen Kampagne zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität.
Nahezu nahtlos schlossen sich die Kernaussagen des folgenden Vortrags „Crossmediale Kommunikationsformen zur Mitarbeiter-Gewinnung: Ein Erfahrungsbericht zu erfolgreichen Kampagnen für AWO-Altenhilfeeinrichtungen“ von Eric Langerbeins, Geschäftsführer COMMWORK Werbeagentur GmbH an. Seine Präsentation zeigte auf, wie ein Träger gute und motivierte Pflegefachkräfte gewinnen und das Interesse von Jugendlichen auf die Ausbildung zur Altenpflegefachkraft lenken könne. Wie wichtig es ist, sich dem Thema Arbeitgeberattraktivität von Pflegedienstleistern zu widmen, betonte anschließend nochmals Christine Strobel, Landesbeauftragte des bpa NRW bei ihrer Präsentation „Praxisbeispiel: Das Projekt PFLEGEplusQ gegen den Fachkräftemangel“. Es ist laut Strobel entscheidend, Mitarbeiter zu binden und bei Bedarf neue Mitarbeiter für den Pflegebereich zu begeistern. Dies sei letztlich die Motivation des bpa gewesen, das vom Arbeitsministerium geförderte Projekt PFLEGEplusQ zur Fachkräftesicherung ins Leben zu rufen.
Einen Ansatz, wie Unternehmen sich selbst „pflegen“ oder gar „heilen“ und damit für Mitarbeiter attraktiver werden können, lieferten abschließend Sabine Krause und Dr. Heinz Pilartz vom Forum M mit ihrem „Praxisvortrag: Einsatz von Mediation im Pflegesektor – ein Argument für den Arbeitgeber!“. Anhand eines Fallbeispiels demonstrierten die Referenten, wie es gelinge, mit Hilfe des Einsatzes von Mediatoren die Führung eines Unternehmens zu verbessern, indem interne Konflikte aufgedeckt und bearbeitet würden.
Ein Umdenken ist nötig
In der Abschlussrunde verdeutlichen die Referenten nochmals die Notwendigkeit eines Umdenkens. Die Branche brauche eine neue Sicht auf die Pflege und den Pflegeberuf, war der allgemeine Tenor. Die Fähigkeit, sich in den Kunden beziehungsweise den Mitarbeiter zu versetzen und unter Berücksichtigung auch dieser Perspektive Unternehmensstrategien zu entwickeln, sei zukünftig maßgeblich für Erfolg. Die Frage „Wie möchte ich im Alter leben und gepflegt werden?“ könne als Leitlinie dienen, den Themen Hilfs- und Pflegebedürftigkeit weniger technokratisch zu begegnen, sondern den Menschen mit seinen Bedürfnissen zu sehen.
Marketingpreis mit drei verschiedenen Kategorien
Während der Veranstaltung wurden innovative und kreative Marketingkonzepte im Pflegemarkt mit dem von Villeroy & Boch unterstützten Marketingpreis gewürdigt. Der erste Sieger hatte sich dem Thema Auslastung angenommen. In der Kategorie „Belegungsmanagement“ erhielt die Volkshilfe Steiermark den Preis für den Ansatz „Ein Klick alle freien Plätze“. Die Online-Pflegeplatzbörse bildet tagesaktuell die Belegungssituation nach innen und außen ab und unterstützt dabei die zeitnahe und direkte Kommunikation.
Der Preis in der Kategorie „Marketingmanagement“ ging an den Caritasverein Illertissen mit dem Konzept „Heimat statt Heim“. Mit der neuen Identität „illerSENIO – Ihre Caritas im Illertal“ ist es dem Träger gelungen, sich selbstbewusst neu zu positionieren.
Sieger in der Kategorie „Versorgungsmanagement“ wurde Senator Dortmund mit dem Modell „Jüdischer Wohnbereich“. Das Versorgungskonzept berücksichtigt in besonderer Weise die Anforderungen und Bedürfnisse jüdischer Pflegebedürftiger und ist in der Community wohl einzigartig. Dr. Thomas Hilse, der den Preis ins Leben gerufen hatte, verlas die Urteilsbegründung der aus ausgewiesenen Experten bestehenden Jury und gab den Gewinner danach Raum, ihre Konzepte zu präsentieren.