Die Kolumne von Eckhard Eyer Personalmangel und Verantwortungsgefühl machen krank

In seiner aktuellen Kolumne beschäftigt sich HCM-Kolumnist Eckhard Eyer mit dem hohen Krankenstand in der Pflege, von dem jüngst mehrere Untersuchungen von Krankenkassen berichtet haben.

Dipl.-Ing. Eckhard Eyer, Perspektive Eyer Consulting in Ockenfels, Kontakt: info@eyer.de – © Eckhard Eyer

Vor größeren gesundheitlichen Risiken für Beschäftigte in Jobs mit ständigen Personalengpässen hat die Krankenkasse DAK-Gesundheit gewarnt. Sie stellte aufgrund der Analyse ihrer Versichertendaten fest, dass in Berufsgruppen mit größeren Fachkräftelücken der Krankenstand im vergangenen Jahr über dem Berufedurchschnitt von 5,5 Prozent lag. In der Altenpflege bei 7,0 Prozent und damit mehr als 25 Prozent über dem Berufedurchschnitt. Eine Analyse der Techniker Krankenkasse bei ihren Versicherten unterstreicht dieses Ergebnis und weist sogar einen 50 Prozent höheren Krankenstand der Pflegekräfte gegenüber dem Berufedurchschnitt aus.

Arbeit mit Menschen belastet

Nach einer von der DAK-Gesundheit in Auftrag gegebene Umfrage erlebten insgesamt 45 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben regelmäßig Phasen, in denen die Arbeit mit dem vorhandenen Personal nur unter großen Anstrengungen zu schaffen war. Bei Pflegekräften und Beschäftigten in der Erziehung und Betreuung von Kindern war der Anteil demnach besonders hoch.

Kunden und Kundinnen müssen geduldig sein

Wenn ein Industrieunternehmen den Kundenwunschtermin nicht erfüllen kann müssen die anonymen Kunden und Kundinnen etwas länger auf ihr Auto oder ihre Waschmaschine warten. Die Mitarbeitenden verspüren zwar einen gewissen Zeitdruck, aber es lässt sich nicht ändern. Den Kundinnen und Kunden werden bei Fachkräftemangel einfach spätere Lieferzeiten zugesagt und die Geschäftsführung freut sich über ein schönes Auftragspolster. Entsprechend ist es bei Handwerkern, der Kunde stellt sich – mangels Alternativen – (un-)geduldig in die Warteschlange und wartet bis er drankommt bzw. der Handwerker zu ihm kommt.

Verantwortungsgefühl mach krank

In Dienstleistungsberufen, die mit Menschen arbeiten und in denen die Mitarbeitenden ihre Kundinnen und Kunden persönlich kennen und ein Gesicht vor Augen haben, wissen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was der Personalengpass für ihre Zielgruppe bedeutet. Sie wissen, welche Arbeiten liegen bleiben (müssen) und welche Heimbewohner in der Altenpflege keine ausreichende aktivierende Pflege, weniger Ansprache und Motivation, etc. erhalten können. Entsprechendes gilt bei der Erziehung und Betreuung der Kinder. Menschen in einem helfenden Beruf mit einem entsprechenden Verantwortungsgefühl zerreißt diese Situation nicht selten. Der Anspruch eine gute Arbeit zu machen und für die anvertrauten Menschen da zu sein, führt zu einer höheren Arbeitsintensität, die auf Dauer physisch und psychisch nicht durchzuhalten ist. Die Folge ist dann – wie die Statistik zeigt – ein höherer Krankenstand möglicherweise verbunden mit einem Burnout.

„Nein“ sagen ist notwendig

Als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eigenen Grenzen zu sehen und zu akzeptieren, dass ein krankes System auf Dauer nicht durch ein zusätzliches Engagement und die eigene Überlastung zu heilen ist, ist notwendig. Instrumente zur Personalbemessung und damit verbunden eine menschengerechte Arbeitsgestaltung können ein erster Schritt sein, um die Situation in der Pflege zu verbessern. Die Belegung eines Hauses muss sich dann nach den zur Verfügung stehenden Mitarbeitenden richten und das ohne in die Insolvenz zu gehen. Erfolgt das nicht, ist das Lernen des „Nein“-Sagens für die Mitarbeitenden wichtig, um trotz fehlender Fachkräfte zum Erhalt der eigenen Gesundheit und damit auch ihrer langfristigen Arbeits- und Leistungsfähigkeit beizutragen. Das ist im Interesse der Mitarbeitenden und der Unternehmen.

Kontakt zum Autor

Eckhard Eyer, Perspektive Eyer Consulting, www.good-pay.de, info@eyer.de