Perspektivenwechsel: Die Notärztin Carola Holzner, auch bekannt als „Doc Caro“, zeigt wie die Arbeit mit den Patientinnen und Patienten in der Notaufnahme ihren Blick auf das Leben verändert hat.

Eine ,,katastrophale“ Lage offenbarte der vergangene 22. Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI). Doch wie sieht der Arbeitsalltag der Ärzteschaft in der Notfallmedizin aus? Welche menschlichen Schicksale begegnen den Ärztinnen und Ärzten? Carola Holzner nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn sie über ihre Arbeit spricht. In ihrem Buch ,,Keine halben Sachen“ schildert sie die Geschichten der Menschen, die ihr im Arbeitsalltag begegnen und erzählt zudem, wie sich dadurch ihre Einstellung zum Leben verändert hat.
,,Wie viele Menschen sehe ich eigentlich nicht?“
Im Buch erzählt Carola Holzner die Geschichte einer alleinerziehenden Frau. Diese kommt nachts mit Kleinkind, Fieber und starken Bauchschmerzen in die Notaufnahme. Obwohl der Blinddarm zu platzen droht, möchte sich die Frau nicht operieren lassen. Holzner schildert, wie nach und nach die Wahrheit ans Licht kommt: Die Frau ist alleinerziehend, hat niemanden, der sich um ihr Kind kümmern könnte und zudem Angst, ihren Job zu verlieren. Sie lebt in Armut, muss ihren Lohn aufstocken und fährt Pakete aus. Vom Arbeitgeber wurde ihr beim nächsten Fehltag mit der Kündigung gedroht. Die Autorin erzählt, wie sie durch diese Situation aus ihrer „rosaroten Wolke“ erwacht ist und sich selbst die Fragen stellt: ,,Wie viel Menschen sehe ich eigentlich nicht? Weil sie sich mit Schmerzen durch ihren Alltag schleppen? Weil sie keine Kapazität haben sich um ihre Gesundheit zu kümmern.“
Die Geschichte der alleinerziehenden Frau ist nur eine von vielen in ,,Keine halben Sachen“, die unter die Haut gehen. Für Holzner verändert sich durch sie ständig ihr Blick aufs Leben. Sie hat es zum Ziel gesetzt, Medizin auf Augenhöhe mit den Patientinnen und Patienten zu vermitteln.
Keine halben Sachen
Dr. med. Carola Holzner (2022) Keine halben Sachen. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag