Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) Nicht in allen Klinikbereichen zielführend

Per PpUGV wurden zum 1. Januar 2019 konkrete Zahlen für Fachkräfte in pflegesensitiven Klinik-bereichen festgesetzt. In Bereichen, in denen Patienten mit sehr unterschiedlichem Pflegeaufwand betreut werden, gelten damit gleiche Personalvorgaben. Das sorgt für Probleme in der Praxis.In pflegesensitiven Akutbereichen kann ein Mangel an qualifizierten Fachkräften, wie in Studien mehrfach nachgewiesen wird, Auswirkungen auf die Mortalität von Patienten haben (Griffiths et al. 2019, Aiken et al. 2014). Je mehr Menschen eine Pflegefachperson also zu betreuen hat, desto höher ist das Sterberisiko. Mit Einführung der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung, kurz PpUGV, soll eine ausreichende, festgelegte Fachkraftquote in der Patientenversorgung gewährleistet werden. Nach und nach wird die PpUGV auf die einzelnen Klinikbereiche ausgeweitet. Seit 1. Februar 2021 gilt sie für die Allgemeine Chirurgie, Innere Medizin, Pädiatrie und pädiatrische Intensivstation. Sind Stationen sowohl mit pflegesensitiven als auch mit nicht pflegesensitiven Fachrichtungen belegt, sind die Vorgaben der PpUGV pauschal ohne Differenzierung für alle belegten Betten einzuhalten (§ 6 Abs. 4 PpUGV). Dies führt in vielen Klinikbereichen, wie u.a. in der konservativen Akutorthopädie, zu Problemen, die im Folgenden am Beispiel der m&i-Fachklinik Ichenhausen aufgezeigt werden. Beispiel konservative Akutorthopädie In der orthopädischen Abteilung der m&i-Fachklinik Ichenhausen werden sowohl akutorthopädische Patienten als auch orthopädische Rehabilitanden behandelt. Die pflegerische Versorgung wird zentral von einem Stützpunkt durch ein Pflegeteam gesteuert. Die Patienten der konservativen Akutorthopädie sind größtenteils mobil, kognitiv unauffällig. Sie können sich selbst versorgen und haben keinen erhöhten Pflegebedarf – allenfalls benötigen Einzelne leichte Unterstützung bei der Grundpflege. Das Gros dieser Patientinnen und Patienten leidet unter Schmerzen und Funktionseinschränkungen am Bewegungsapparat. Ein Fokus ihrer Behandlung liegt daher auf aktivierenden Therapieformen. Seit dem 1. Februar 2021 sind für rund ein Drittel der Betten der konservativen Akutorthopädie die Untergrenzen nach der PpUGV einzuhalten. In der Tagschicht sind zehn Patienten und in der Nachtschicht 22 Patienten pro Pflegefachkraft vorgesehen (PpUGV § 6 Abs. 1). Personalplanung und Personal-Skill-MixUm die Vorgaben der PpUGV erfüllen zu können, ist ein enormer Stellenaufbau bei gleichbleibendem Arbeitsaufkommen erforderlich. Die Berechnungsgrundlage legt die Mindestbesetzung an Pflegefachkräften fest, ohne den Pflegeaufwand in der Patientenversorgung zu berücksichtigen. Damit hat sich der Bedarf an examinierten Pflegefachkräften annähernd verdreifacht. Der Anteil an Pflegehilfskräften, gemessen an der erforderlichen Gesamtzahl der Pflegefachkräfte, wird mit zehn Prozent berücksichtigt (PpUGV § 6 Abs. 2). Geleistete Arbeit der Pflegehilfskräfte, die anteilsmäßig über zehn Prozent liegt, fließt in die Berechnung zur Erfüllung der PpUGV nicht ein. Stationshilfen finden keine Beachtung. Dabei erfolgt die stationäre Organisation und pflegerische Versorgung der Patienten durch den Einsatz dieser drei Berufsgruppen, mit entsprechender Aufgabenverteilung nach Qualifikation. Dies entspricht einer bedarfsgerechten Patientenversorgung sowie einer wirtschaftlichen und ressourcenorientierten Verteilung der Tätigkeiten. Laut einer Online-Umfrage des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe werden bereits in vielen Kliniken pflegeferne Aufgaben des Servicepersonals an Pflegefachpersonal zurückverlagert (DBfK 2020). Folgen für Versorgung und PersonalDieser starre, verbindliche Personalschlüssel führt zu einem Mehrbedarf an Pflegefachkräften, der schon allein wegen des leergefegten Arbeitsmarktes in der Praxis an Grenzen stößt. So hat laut DKI-Krankenhaus Barometer 2019 jedes fünfte Haus mit pflegesensitiven Bereich in mindestens einem Monat die Untergrenzen in mindestens einer Station und Schicht nicht erreicht (DKI 2020). Es lässt sich nur gegensteuern, indem die Patientenzahl an die Personalstärke angepasst wird. Die Folge sind Bettensperrungen, Abteilungsschließungen, Terminverschiebungen bis hin zu einer Gefährdung der wohnortnahen Versorgung (DKI 2020). Zudem besteht die Gefahr, dass Fachkräfte aus Bereichen ohne geforderte Untergrenze in Bereichen, in denen der Arbeitsaufwand diese nicht erfordert, sie aber vorgeschrieben sind, eingesetzt werden. Damit können Versorgungslücken in nicht pflegesensitiven Bereichen entstehen. Um die Untergrenzen einzuhalten, können Überstunden, kurzfristige Dienstplanänderungen und „Kollegen aus dem Frei rufen“ notwendig werden. Die dadurch entstehende Unsicherheit und Nicht-Planbarkeit des Arbeits- und Privatlebens macht den Pflegeberuf wiederum unattraktiv und schadet dem Berufsbild. Ferner ist ein deutlich gesteigerter Organisations- und Controllingaufwand festzustellen. Die geforderte Umsetzung der PpUGV in der konservativen Akutorthopädie ist paradox, da sie pflegerisch gesehen nicht notwendig ist. Es stellt sich die Frage, wie in Zeiten des deutlich sichtbaren Pflegepersonalmangels mit knappen Ressourcen umgegangen wird. Der Einsatz und die Planung von Pflegefachkräften, die nach vorgegebenen Rechengrundlagen erfolgt, ohne dabei den Pflegeaufwand zu berücksichtigen, ist nicht zeitgemäß. Um die knappe Ressource Pflegefachkräfte effektiv und effizient zu planen, braucht es einen adäquaten ordnungspolitischen Rahmen. Die Überregulierung durch die starren Untergrenzen in ihrer jetzigen Form hingegen ist nicht hilfreich. Zur Bemessung des tatsächlichen Pflegeaufwandes ist ein Instrument der Pflegepersonalbedarfsmessung nötig. So lässt sich eine am Patientenbedarf orientierte Personalausstattung planen.

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