In seiner neuen Kolumne beschäftigt sich HCM-Kolumnist Eckhard Eyer mit dem Modell „New Pay“ in der Pflege und blickt dabei auf die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Mönchengladbach.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Mönchengladbach, deren Wurzeln in der Arbeiter- und Gewerkschafsbewegung liegen, hat sich von ihrem Tarifvertrag verabschiedet. Offensichtlich wurden die Kosten im Vergleich zu den Einnahmen zu hoch. Eine Organisationsanalyse ergab, dass die Konzentration der Verantwortung in der Geschäftsführung zu deren Überlastung und zu einer finanziellen Schieflage führte. Unter dem Stichwort „New Work“ wurde eine Dezentralisierung der Verantwortung vorgenommen, Teamarbeit eingeführt und die Mitarbeitenden dafür qualifiziert. Die Teams wurden mit (Leistungs-) Kennzahlen ausgestattet, um sich selbst steuern. An die Stelle des tradierten Tarifvertrages kam ein neues Vergütungssystem, das mit dem Label „New Pay“ versehen wurde.
Wenn die Wertschöpfung nicht ausreicht
Bei der AWO Mönchengladbach bestand die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Unternehmen nicht zu verlassen obwohl die bisherige Vergütung unter den bis dato geltenden Tarifvertrag sank. Den Menschen wurde angeboten, bei einer nachhaltigen und ausreichenden Steigerung der Wertschöpfung je Stunde im Team, die Vergütung anzuheben. Dies ist bis auf maximal das Niveau des gekündigten Tarifvertrages bzw. dem des öffentlichen Dienstes (TVöD) möglich. Eine höhere Vergütung als die des TVöD dürfen die Mitarbeitenden in der Wohlfahrtspflege, aufgrund des gesetzlichen Besserstellungsverbots, nicht erhalten.
New Pay: alter Wein in neuen Schläuchen
In der Literatur findet man eine Reihe von Beispielen wie mit einer höheren Wertschöpfung je Arbeitsstunde die Entgelte der Mitarbeitenden erhöht werden können. Traditionell spricht man dann von Leistungsentgelten oder Erfolgsbeteiligungen. Im Kontext von Sanierungen ist auch der temporäre Entgeltverzicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Erhalt der Unternehmen und Wiederherstellung ihrer Wettbewerbsfähigkeit nicht unüblich. Eine Reihe von Tarifverträgen – z.B. in der Chemischen und Metall- und Elektroindustrie – wurden deshalb hierzu entsprechende Reglungen vereinbart. Durch das „Bündnis für Arbeit“, das die IG Metall 1993 ausgerufen hat, wurde dieses Vorgehen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Das Label „New Pay“ kommt ohne die Erfahrungen und Anwendung der „tradierten“ Gestaltungsoptionen der Vergütung, die sich z.B. in Good Pay manifestieren, nicht aus. Man kann sagen „alter Wein in neuen Schläuchen“ aber auch, dass die Verpackung stimmen muss, damit sich ein bewährtes Produkt gut verkauft.
Literatur
- Eyer, E. (2020): Good Pay: Vergütungssysteme betriebsspezifisch, gerecht und fair gestalten. In: Wirtschaftspsychologie aktuell, 4/2020, S. 20.25.
- Hornung, S. (2022): Einfach machen. In: Personalmagazin 09/2022. S. 40-44.
- Müller, A. (2018). Organisationale Gerechtigkeit und Entlohnung aus Perspektive der Mitarbeiter. Wirtschaftspsychologie, 2018 (2), S. 16-26.