Klinikmarkt
HCM hat mit Ulrich Langenberg, Leiter der Gruppe IV A Krankenhaus, Abteilung IV Krankenhausversorgung, des Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) über die jüngsten Fortschritte hinsichtlich der neuen Krankenhausplanung gesprochen. Am 1. September startete die Vorbereitung der Planungsverfahren der Krankenhäuser. Langenberg ist optimistisch, dass in überschaubarer Zeit gute Ergebnisse erzielt werden können.

Herr Langenberg, wie zufrieden ist man im MAGS mit dem Vorankommen der neuen Krankenhausplanung?
Langenberg: Bisher sehr zufrieden. Wir haben während einer Pandemie einen neuen Krankenhausplan auf den Weg gebracht, mit dem wir die bestmögliche Versorgung für alle Patientinnen und Patienten in Nordrhein-Westfalen sicherstellen können. Zudem sind wir bundesweite Vorreiter: Unser Plan ermöglicht deutschlandweit erstmals eine differenzierte, qualitätsorientierte Planung auf Basis von Leistungsgruppen. Wir freuen uns, dass dies in einer engen Zusammenarbeit und im Einvernehmen mit den Akteuren des Krankenhauswesens in Nordrhein-Westfalen gelungen ist. Nachdem der Krankenhausplan im Frühjahr veröffentlicht wurde, gehen wir jetzt mit den regionale Planungsverfahren auf die „praktische Umsetzung“ zu. Auch den Zeitplan und das Vorgehen der regionalen Umsetzung haben wir sorgfältig abgestimmt. Damit sind die richtigen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir auch weiter gut vorankommen.
Ab 1. September sollen die Krankenhäuser mit der Vorbereitung der Planungsverfahren starten. Was kommt da auf die Häuser ganz konkret zu?
Langenberg: Die Krankenhäuser erhalten Anfang September alle erforderlichen Informationen und Dokumente zum Verfahrensablauf. Dazu gehören auch Registrierungsdaten für eine digitale Datenaustausch- und Analyseplattform, über die wir die Verfahren abwickeln. Dann haben die Kliniken einen Monat plus die Herbstferien als „Puffer“, also genügend Zeit, um sich mit den Einzelheiten vertraut zu machen. Mitte Oktober fordern die Bezirksregierungen anschließend die Krankenhäuser in ihrer Region zur Aufnahme von Verhandlungen mit den Krankenkassen über die regionalen Planungskonzepte auf. Die Krankenhäuser können ab diesem Zeitpunkt über die Plattform die Unterlagen einreichen, mit denen sie ihre Vorstellungen zu ihrem künftigen Versorgungsauftrag darlegen – inklusive Leistungsgruppen, Fallzahlen und ihrer jeweiligen Erfüllung der Qualitätskriterien. Einen Monat später, also ab dem 17. November starten dann die Verhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Kostenträgern. Grundsätzlich sind die Verhandlungen innerhalb von spätestens sechs Monaten abzuschließen. Danach übernimmt die örtliche Bezirksregierung die Verfahrensleitung und bezieht dann auch weitere Beteiligte auf regionaler und überregionaler Ebene mit ein. Das MAGS entscheidet abschließend über alle Versorgungsaufträge.
„Im Normalfall müssten alle vorbereitet sein.“
Ulrich Langenberg
Sind alle vorbereitet?
Langenberg: Im Normalfall müssten es alle sein. Das MAGS hat den neuen Krankenhausplan bereits Ende April dieses Jahres veröffentlicht. Wir wissen, dass sich viele Krankenhäuser seitdem bereits intensiv vorbereitet haben. Bevor wir ab Mitte Oktober offiziell in die Verfahren starten, geben wir im September wie beschrieben nun allen nochmals Zeit, sich im Detail anhand der Unterlagen auf die Verfahren einzustellen. Das sollte eigentlich reichen.
Gute Vorbereitung auf die neue Krankenhausplanung: Abstimmung mit Nachbarhäusern
Wie können Sie die Häuser/Trägerschaften aus Ihrer Sicht am besten im Planungsverfahren aufstellen?
Langenberg: Überzeugende und sinnvolle Konzepte für die Versorgung einer Region entstehen durch aufeinander abgestimmte Angebote und Kooperationen der Häuser. Es macht daher auch Sinn, in der Vorbereitung mit „Nachbar“-Krankenhäusern zu sprechen. Das ist gut für die Patientinnen und Patienten, aber auch für die Krankenhäuser selbst.
Die KGNW steht hinter dem Vorhaben, ebenso die Akteure der Kassen und Kammern. Wie ist es dem MAGS gelungen, hier scheinbar alle mitzunehmen, um gemeinsam voranzukommen?
Langenberg: Aus meiner Sicht durch ein großes gegenseitiges Vertrauen und größtmögliche Transparenz. Wir haben uns sehr oft und sehr ehrlich ausgetauscht. Sowohl bei der Erstellung der neuen Rahmenvorgaben als auch bei der Entwicklung des Verfahren für die praktische Umsetzung in den Regionen haben die Akteure des nordrhein-westfälischen Krankenhauswesens intensiv mitgewirkt. Der breite fachliche Zuspruch bestätigt, dass alle Beteiligten hier in Nordrhein-Westfalen einen mutigen und richtigen Schritt gehen, der bundesweit Strahlkraft hat.
Wo sehen Sie nun für die kommenden Wochen die größten Herausforderungen für die Krankenhäuser?
Langenberg: Jedes Haus wird zunächst einmal für sich selbst prüfen müssen, welchen Beitrag es künftig in einer abgestimmten Versorgung leisten kann. Danach ist es entscheidend, diese Pläne mit den anderen Krankenhäusern in der Region und den Krankenkassen abzustimmen.
Was glauben Sie, wie werden die Verhandlungen mit den Krankenkassen ab 17. Oktober 2022 ablaufen? Begleiten Sie die Vorbereitungen vom MAGS aus auch auf Kassenseite?
Langenberg: Ich glaube, dass es sowohl einfachere als auch schwierigere Verhandlungen geben wird. Das hängt entscheidend von den Gegebenheiten des jeweiligen Falls ab – das haben auch die Erfahrungen mit der alten Krankenhausplan gezeigt. Die Bezirksregierungen und das MAGS werden die Verfahren auch in den ersten Monaten der Verhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Krankenkassen begleiten. Wir stehen z.B. selbstverständlich zur Klärung von Auslegungsfragen zum neuen Krankenhausplan zur Verfügung.
Neue Krankenhausplanung: „Erhebliche finanzielle Anstrengungen“ geplant
Die Krankenhäuser fordern Unterstützung in Höhe von zwei Milliarden Euro im Rahmen des Strukturfonds – gerechtfertigt? Inwiefern wird das Land den Forderungen nachkommen?
Langenberg: Die Landesregierung ist weiterhin ein verlässlicher Partner der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser. Allein in der letzten Legislaturperiode hat die Landesregierung 5,2 Milliarden an Investitionsfördermitteln für die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen bereitgestellt. Dazu kamen noch über eine Milliarde Euro an zusätzlichen Bundesinvestitionsmitteln. Zum Vergleich: Zwischen 2012 und 2017 wurden einschließlich der Mittel des Bundes nur etwa 3,1 Milliarden Euro an Investitionsfördermitteln zur Verfügung gestellt. Die neue Landesregierung knüpft an die Leistungen der letzten fünf Jahre an: Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, dass in den kommenden fünf Jahren erhebliche finanzielle Anstrengungen unternommen werden, damit in allen Krankenhäusern die notwendigen Investitionen für Personal und Ausstattung erfolgen können. Dazu sollen die Pauschalen deutlich erhöht werden. Zusätzlich sollen in den kommenden fünf Jahren erhebliche Summen zur Umsetzung der Krankenhausplanung investiert werden. Die Krankenhausplanung ist also durch finanzielle Mittel hinterlegt. Wie hoch die Summen am Ende konkret ausfallen, entscheidet der Landtag als Haushaltsgesetzgeber.
„Eine neue ‚Qualitätsbürokratie‘ wird es nicht geben.“
Ulrich Langenberg
Kritik kommt seitens KGNW grundsätzlich immer wieder hinsichtlich überbordender Bürokratie – wie versuchen Sie diese gerade jetzt in diesem Großprojekt so gering wie möglich zu halten?
Langenberg: Um den bürokratischen Aufwand für alle möglichst gering zu halten, haben wir uns entschieden die Verfahren über eine digitale Plattform abzuwickeln. Die Plattform bietet gut strukturierte Vorlagen für alle Angaben, die für die Verhandlungen benötigt werden. Darüber hinaus ist klar: Wir werden nur dort Nachweise für Qualitätskriterien anfordern, wo es wirklich erforderlich ist. Eine neue „Qualitätsbürokratie“ wird es nicht geben.
Optimismus angesichts Vorankommen und Ergebnissen der neuen Krankenhausplanung
Wann dürfen die Krankenhäuser mit den ersten Feststellungsbescheiden rechnen?
Langenberg: Wie lange der Prozess dauern wird hängt natürlich auch vom Verlauf der Verhandlungen zwischen Kliniken und Kassen ab. Nach den ersten sechs Monaten der Verhandlungen werden wir sehen, wie viele Punkte noch offen sind und wo es Klärung bedarf. Wir haben ein großes Interesse daran, die Verfahren zügig voranzubringen. Es steht fest, dass es jahrelange Hängepartien, wie bei der alten Krankenhausplanung, nicht geben wird. Mit diesem Ziel haben wir die Verfahren konzipiert. Gleichzeitig ordnen wir jedoch auch die gesamte Krankenhauslandschaft Nordrhein-Westfalens neu. Das benötigt naturgemäß Zeit. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat bis zum Versenden der Feststellungsbescheide circa zwei Jahre veranschlagt.
Und wann geht der „Umbau“ tatsächlich los und wie?
Langenberg: Wieviel Zeit die Umsetzung nach Erteilung der Feststellungsbescheide noch benötigt, wird sehr von den jeweiligen Einzelfällen abhängen. Manches wird schnell gehen oder zum Teil auch schon während der Verhandlungen angebahnt werden können. Anderes wird etwas länger brauchen. Gesetzlich vorgesehen ist ein Umsetzungszeitraum von zwölf Monaten. Wenn in einem Krankenhaus Baumaßnahmen erforderlich sind, wird die Zeit für die Umsetzung im Einzelfall festgelegt.
In unserem Vorabgespräch erzählten Sie auch von „einigen guten Ideen“ mancher Träger, können Sie uns da einen kleinen exklusiven Einblick geben?
Langenberg: Wir hören immer wieder – und zum Teil kann man das auch in der Zeitung lesen –, dass sich Träger bereits intensiv auf die neue Planung einstellen und zum Teil bereits Konzepte entwickelt haben. Besonders freuen wir uns, wenn solche Konzepte auch schon trägerübergreifend abgestimmt sind. Das greift den Verhandlungen und den Planungsverfahren nicht vor, stimmt aber optimistisch, dass es möglich ist, in überschaubarer Zeit zu guten Ergebnissen zu kommen.