Sanktionsbewehrt: Krankenhäuser müssen nachhaltig werden Nachhaltigkeit ist wirtschaftlich tragfähig

Nachhaltiges Krankenhausmanagement: Denkanstöße dazu gab es in Berlin. Ökologie, Ökonomie, Soziales – Nachhaltigkeit kommt in den Mainstream treibender Faktoren. Die Gründe liegen im Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz und in der EU-Direktive, die Maßnahmen und Reporting fordern. Krankenhäuser müssen handeln; eine Veranstaltung widmete sich dem „Wozu“ und „Wie“. Was kann das Gesundheitswesen aus anderen Branchen lernen? Wie lässt sich Nachhaltigkeit in die BWL-getriebenen Unternehmensziele integrieren? Was lernen wir für die Praxis von Pionieren – Konzernen und individuellen Krankenhäusern? Wie stellen sich Lieferanten auf? Antworten auf diese Fragen bot „Krankenhausmanagement neu denken“, getriggert von Sitex. Der Textildienstleister will mit dieser Veranstaltungsreihe Exzellenz für Nachhaltigkeit in Krankenhäusern voranbringen, unter dem Credo nachhaltig – erfolgreich – umweltbewusst. Als Unternehmen in vierter Generation in einer Branche, die zu den größeren Verursachern von Umweltherausforderungen zählt, möchte der Anbieter Verantwortung für eine „lebbare“ Zukunft mit übernehmen. Digitalisierung ist sexy, Nachhaltigkeit ein Loser-Thema? Nachhaltigkeit ist die essenzielle Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit: So lautete der Impuls von Kristina Jeromin, Expertin für nachhaltige Finanzen. Sie baute die Brücke von ihren Erfahrungen im Finanzsektor zum Gesundheitswesen. Führungskräfte auch in Krankenhäusern sollten Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie verstehen – nicht als grüne Nische. „Wie tragen meine Entscheidungen dazu bei, mein Haus zukunftsfähig, widerstandsfähig zu machen?“ Transparent, offen und partizipativ sollte die Position gegenüber den Mitarbeitenden sein. Diese, so Jermonin, seien die wichtigsten Partner für Veränderungen: Sie schaffen die Dienstleistung, agieren als Multiplikatoren nach außen – und haben aus ihrer Praxiserfahrung heraus ggf. selbst Ideen, wie man Nachhaltigkeitsmanagement verbessern kann. Erwartungen der Menschen zu kennen und auf sie präventiv einzugehen, ist ebenfalls von Bedeutung. Moderierte Gespräche mit Verbänden aufnehmen, diesen auch die Gegebenheiten im Gesundheitswesen vermitteln, Fehlermanagement aufbauen; kommunizieren und parallel schnell ins Handeln kommen, lauteten Jeromins Anregungen. Nachhaltigkeit in BWL-Ziele integrieren „Ökologie muss in die BWL hinein“, betonte Prof. Dr. Julia Oswald. Sie lehrt Betriebswirtschaftslehre (BWL) mit dem Schwerpunkt Krankenhausfinanzierung und -management an der Hochschule Osnabrück. „Im nächsten Schritt muss sie ins Zielsystem der Krankenhäuser integriert werden. Patientinnen und Patienten versorgen, Existenz sichern – aus diesen zentralen Zielsetzungen leiten sich Unterziele ab; dort muss auch die Ökologie operationalisiert werden.“ Ein brisantes Beispiel biete hier der Energieaufwand, so die Expertin. Aufgrund der Finanz- und Personalknappheit können viele Krankenhäuser allerdings nicht in ökologische Projekte investieren. Zur tragfähigen Herangehensweise fügte sie hinzu: „Wir haben uns mit dem kaufmännischen und dem ärztlichen Direktor sowie Vertretern sämtlicher Berufsgruppen an einen Tisch gesetzt.“ Das schaffe Transparenz, Akzeptanz und Motivation. Die Säulen sind Priorisieren und Strategie bilden, Strukturen inkl. Benchmarking schaffen und Verhaltensänderungen fördern – indem Führungskräfte das Thema leben … „Dienstanweisungen sind nicht alles.“ Ökologie sei für Patientinnen und Patienten kein vorrangiges Thema – im Mittelpunkt stehe immer der Therapieerfolg. Dort, wo sich Ökologie im „Produkt“ der medizinischen Leistung „on top zur Qualität“ sichtbar machen lasse, könne jedoch daraus ein Wettbewerbsvorteil entstehen. „Immer mehr Leuten ist inzwischen klargeworden, dass Nachhaltigkeit eine zentrale Bedeutung hat“, betonte Moderator Prof. Heinz Lohmann. Er lehrt an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg. Seit einiger Zeit ist auch vielen Mitarbeitenden im Gesundheitsbereich das Thema wichtig – vermehrt unter dem Aspekt der Ökologie als der Ökonomie. Das erleichtert es Krankenhäusern auch, Nachhaltigkeit in die Unternehmenskultur einzubringen. Die Veranstaltung fand Lohmann v.a. deshalb attraktiv, weil sie nicht darauf abzielte, erzieherisch und mit Jammern der Askese das Wort zu sprechen, sondern mit einem motivierenden Spirit und Gestaltungsbeispielen zum Handeln aufzufordern. Diese Häuser gehen mit gutem Beispiel voran „Nachhaltigkeit ist Teil unserer DNA“, unterstrich Dr. Jens Schick. Ein Umdenken fange beim Einzelnen an – und habe mit gesundem Menschenverstand zu tun, führte das Vorstandsmitglied bei Sana weiter aus. So hat der Konzern, als Element seiner „Sustainability Agenda“, das Vorschlagsmanagement neu aufgestellt. Es sollten gemeinsam Standards und Kennzahlen für die Branche erstellt werden – etwa auf Basis eines IQM-Leitfadens für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. So können die Krankenhäuser externen Regulierern zuvorkommen. Bestehende Ansätze wie zum Qualitätsmanagement lassen sich um Nachhaltigkeit ergänzen, so Lohmanns Vorschlag. Ein breiter Maßnahmenkatalog in den verschiedenen Handlungs- bzw. Themenfeldern biete sich an, stellte Michael Jannis fest. Das Spektrum umfasse „softe“ Faktoren fürs Personal ebenso wie „harte“ etwa beim Energiemanagement, sagte der Leiter Nachhaltigkeitsmanagement der Charité. Im Einkauf ließen sich 30 Prozent Bewertungsgewicht auf Nachhaltigkeit setzen. Die Vertreter der BG Kliniken nahmen als Botschaft mit – Strategien sind von oben zu implementieren. Dabei muss man Mitarbeitende mitnehmen und im Einkauf den Fokus auf nachhaltige Produkte setzen. Die sind jedoch bislang teurer, das zeigen beispielsweise OP-Textilien. Ein Kollege forderte daher ein „KHZG für Investitionen in Nachhaltigkeit“. Umsetzbarkeit ist da, belegte Thomas Voß von den LWL-Kliniken Münster und Lengerich: Dort werden bis zu 50.000 Euro durch Vermeidung von Verschwendung eingespart; dieses Geld fließt nun in höherwertige Lebensmittel. Zu weiteren Projekten zählt das Verbot der präventiven Antibiotikagabe. Voss plädiert für den Einsatz der EMAS-Zertifizierung. Mit neuen, nachhaltig orientierten Geschäftsmodellen lässt sich die Wertschöpfung vom Ressourcenverbrauch entkoppeln, betonte Stefan Krojer von Zukunft Krankenhauseinkauf. Und Jens Leveringhaus von der P.E.G. erklärte: Wer unter den Krankenhäusern, die von den Vorgaben betroffen sind, keinen Nachhaltigkeitsbericht vorweisen kann, wird künftig keine Kredite mehr bekommen und keinen Zugriff auf Fördertöpfe. Eine aktuelle Umfrage der Einkaufsgenossenschaft schafft Transparenz zur Marktsituation. Wäschezyklus: „Closing the loop“ Kreislaufwirtschaft über Wäschezyklen hin zum Recyclen separierter Komponenten für neue Textilien bzw. die Umwandlung in Dünger und Biogas – diese attraktiven Optionen präsentierte Ralf Hellmann, Dibella. In der freien Wirtschaft laufen tolle Aktivitäten zur Nachhaltigkeit, resümierte der Tagungspräsident Heinz Kölking und Präsidiumsmitglied in der Europäischen Vereinigung der Krankenhausdirektoren (EVKD). Sitex sei ein Beispiel mit Vorbildcharakter, das in die Krankenhäuser getragen werden sollte. Statt von der „Wiege zur Bahre“ (etwa im Kontext Müll) müssen wir hin zum Prinzip „Von der Wiege zurück zur Wiege“, forderte Tim Janßen von der NGO Cradle to Cradle. Gesundheitliche Risiken durch Nichthandeln zeigte Dr. Christian Schulz von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit KLUG auf. „Wir sollten unser Handeln auf die Zukunft das Planeten ausrichten“, erklärte Stephan Richtzenhain, geschäftsführender Gesellschafter von Sitex. „Im Spannungsfeld der Ökonomie müssen wir jetzt den Widerspruch auflösen: Nachhaltigkeit ist nicht unwirtschaftlich, sondern wird uns helfen, besser zu wirtschaften.“ „Nachhaltigkeit erfordert eine Anschubfinanzierung, ist jedoch in der Gesamtkostenbetrachtung nie teurer“, fügte Moritz Schäpsmeier von Sitex hinzu. Wenn alle Player zusammenspielen, werden Erfolge greifbar: Diese positive Stimmung zu erzeugen, das gelang den Machern in Berlin. Mitmachen – Strukturen neu aufstellen und eine Kultur der Inspiration aufbauen … in dieser Zeit vielfacher Krisen! So lautete die Aufforderung von Kölking an die Führungskräfte. Kontakt zum Autor: Michael Reiter, Freier Journalist, spezialisiert auf den Gesundheitssektor, michael.reiter-pr@gmx.de

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