FKT
Im Vorfeld der 5. Fachmesse Krankenhaus Technologie mit Fachtagung Technik im Gesundheitswesen am 28. und 29. September in Gelsenkirchen sprechen Dubravka Maljevic, Cord Brüning und Horst Träger über die zentralen Herausforderungen der Technik im Gesundheitswesen.

Effiziente und sinnvolle Technik, die ihre Anwenderinnen und Anwender mitnimmt sowie neue Service-Strategien sind essenziell, wenn es um nachhaltigen Fortschritt in der deutschen Krankenhauslandschaft und Technik geht. Wie dieser gelingen kann, wird Ende September in Gelsenkirchen bei der 5. Fachmesse Krankenhaus Technologie mit Fachtagung Technik im Gesundheitswesen diskutiert. Im Gespräch erklärt das Veranstaltergremium bestehend aus
- Horst Träger, Präsident der Fachvereinigung Krankenhaustechnik e.V. (FKT),
- Cord Brüning, Präsident der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Krankenhaustechnik e.V. (WGKT) und
- Dubravka Maljevic, Präsidentin des Fachverbandes Biomedizinische Technik e.V. (fbmt),
worauf es aus technischer Sicht ankommt.
In welchen Bereichen der Gesundheitstechnik sehen Sie die größte Diskrepanz zwischen dem Krankenhaus, wie es ist, und dem Krankenhaus, wie es sein müsste und könnte?
Träger: Diese Frage ist mit zwei Schlagworten schnell beantwortet. Dem Krankenhaus, wie es ist, mangelt es an Geld und Fachkräften.
Brüning: Eklatante Diskrepanzen zwischen Soll und Ist liegen für mich ferner im niedrigen Digitalisierungsgrad und in einer damit einhergehenden fehlenden Transparenz über das Geschehen in der Technik. Die erforderlichen Werkzeuge wären da. Wir setzen sie zu zögerlich ein. Außerdem müssen wir uns der Frage stellen: Wie muss Führung heute sein, um im Kampf um qualifizierte Mitarbeiter mit der Industrie mithalten zu können?
Maljevic: Die Investition in gutes und gut ausgebildetes Personal ist für eine nachhaltige Entwicklung unabdingbar. Im Hinblick auf die Ziele der einzelnen Kliniken kann man beobachten, dass einerseits die Qualität der Versorgung gesteigert werden soll und gleichzeitig die Kosten für die Betriebsabläufe minimiert werden sollen. Die (Medizin-)Technik zwingt das, Betriebsabläufe und Instandhaltungsroutinen zu hinterfragen. Untersuchungen und praktische Erfahrungen zeigen z.B., dass eine evidenzbasierte Instandhaltung effizienter und ökonomischer sein kann als eine strikte Einhaltung der Herstellerempfehlungen. Hier brauchen wir neue Strategien.
„Optimale technische Performance und Nachhaltigkeit werden künftig nicht mehr zu trennen sein.“
Dubravka Maljevic
„Wir müssen uns ehrlich fragen: Was brauchen wir wirklich und wer kann die neuen Systeme beherrschen?“
Horst Träger
Wo sehen Sie in der Gesundheitstechnik den größten Handlungsbedarf und was wären Ihrer Meinung nach wichtige und effiziente Maßnahmen in Richtung einer optimalen technischen Performance?
Brüning: Großen Handlungsbedarf sehe ich wie meine Vorredner beim Fachkräftemangel. Wir müssen unsere Prozesse darauf abstellen, von althergebrachten Vorgehensweisen wegkommen und zu mehr Standards finden. Darüber hinaus wünsche ich mir mehr Nähe zum Krankenhausmanagement. Die technischen Abteilungen bündeln ein immenses Wissen über ihre Krankenhäuser, das viele Betreiber bei der Weiterentwicklung ihrer Unternehmen schlicht außer Acht lassen. Es gäbe in allen Krankenhäusern viel zu tun. In vielen Häusern fehlen aber klar kommunizierte Strategien und Konzepte für eine langfristige Entwicklung.
Träger: Klar. Digitalisierung, Big Data und KI müssen in der Gesundheitstechnik Einzug halten. Dabei müssen wir uns ehrlich fragen: Was brauchen wir wirklich und wer kann die neuen Systeme beherrschen? Wir brauchen sinnvolle Technik und müssen deren Anwender mitnehmen. Weiter benötigen wir angesichts des Fachkräftemangels und einer abnehmenden Fachlichkeit neue Servicestrategien. Wir werden so manche Make-or-Buy-Entscheidung hinterfragen und uns in spezialisierten Bereichen externe Unterstützung holen.
Maljevic: (Medizin)Technik soll in erster Linie dem Patienten oder dem Personal helfen und Menschenleben retten. Aber auch wenn die Langlebigkeit eines Produktes oder sein ökologischer Fußabdruck bislang nicht im Vordergrund standen, überdenken immer mehr Unternehmen ihre Materialauswahl, die Herstellungsprozesse und die Entsorgung ihrer Produkte. Sämtliche Branchen haben erkannt, dass ein nachhaltiges Wirtschaften in Zukunft unerlässlich ist. Die Themen optimale technische Performance und Nachhaltigkeit werden künftig nicht mehr zu trennen sein.
Mehr dazu im Messereport
Viele weitere nutzwertige Informationen rund um das Programm und zu den Ausstellern der 5. Fachmesse Krankenhaus Technologie mit Fachtagung Technik im Gesundheitswesen am 28. und 29. September 2022 in Gelsenkirchen finden Sie im Messereport und auf der Website zur Veranstaltung.
„Annährend 100 Prozent der Krankenhäuser haben keine Nachhaltigkeitsstrategie.“
Cord Brüning
Hochgesteckte Klimaziele und exorbitante Energiepreise verleihen Nachhaltigkeit eine neue Relevanz. Wo steht hier die Gesundheitstechnik und wie wird Fortschritt nachhaltig?
Brüning: Annähernd 100 Prozent der Krankenhäuser haben keine Nachhaltigkeitsstrategie. Mit ganzheitlichen Energiekonzepten könnte man viel Energie sparen. Wir sind jedoch meilenweit entfernt von Smart Buildings und haben es schlicht versäumt, über Alternativen für fossile Brennstoffe und konventionell erzeugten Strom nachzudenken. Lange waren die großzügig subventionierten BHKWs der Weisheit letzter Schluss, und jetzt?
Träger: Bei diesem Thema werden wir uns in Zukunft mit sehr grundlegenden Fragen auseinandersetzen müssen. So werde ich in letzter Zeit sehr häufig nach dem optimalen Energieträger zum Heizen gefragt. Gibt es Alternativen zum Gas? Was ist die richtige Wahl bei Ersatzinvestitionen? Ein weiteres Thema, das mich schon seit längerer Zeit umtreibt, ist die Tatsache, dass der Energieverbrauch bei vielen zum Einsatz kommenden Technologien keine Rolle zu spielen scheint. Fragen wie diese möchte ich in Gelsenkirchen mit unseren Industriepartnern erörtern.
Maljevic: Zuletzt werden wir uns fragen müssen, wie wir in unserem Agieren als Techniker nachhaltig werden können: Eine hohe Fehlerbehebungsquote beim ersten Kundenbesuch ist das Ziel jedes Serviceunternehmens. Jede eingesparte Zweitanfahrt verringert den CO2-Ausstoß und senkt die Energiekosten. Ein Trend, der sich durch die Corona-Pandemie verstärkt hat, ist der Remote oder auch Self Service. Tools und Technologien, mit denen Kunden befähigt werden, ihre Geräte und Anlagen selbst zu warten und zu reparieren, sind in einigen Branchen schon im Einsatz. In der Instandhaltung und im technischen Service erweitern Augmented-Reality-Anwendungen die Realität der Techniker/Instandhaltung. Zusätzlich kann ein Experte per Video anleiten. Diese Tools lassen sich direkt aus einer App aufrufen und sind damit überall von Smartphone oder Tablet aus einfach und schnell nutzbar. Der Ersatz von papierbasierten Dokumenten durch eine Software zur Auftragsplanung und durch eine mobile App für die Auftragsabwicklung leistet einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der CO2-Bilanz.
Warum ist es wichtig, dass TechnikerInnen ihre Interessen bündeln, wo sehen Sie die größten Synergieeffekte?
Maljevic: In der Conona Pandemie haben wir gesehen, wie gut ausgebildete, leistungsstarke Mitarbeitende alles gegeben und kreative Lösungen umgesetzt haben. Dabei haben sie interdisziplinär und fachübergreifend gearbeitet. Den kommenden Herausforderungen können wir nur gemeinsam begegnen. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens und der Wandel in Richtung Klimaneutralität sind große Aufgaben, die nur mit vereinten Kräften gelingen können. Dabei gilt es, über den Tellerrand zu schauen und im Sinne einer besseren Patientenversorgung die in unserer Verantwortung stehenden Krankenhäuser in die Zukunft zu führen.
Träger: Technikthemen klar der Medizintechnik, der Betriebstechnik oder der IT zuzuordnen, ist schon lagen nicht mehr möglich. Die Sparten fließen immer mehr ineinander. Vor diesem Hintergrund ist es überfällig, dass wir uns gemeinsam fortbilden und austauschen. Die gemeinsame Ausrichtung der 5. Fachmesse Krankenhaus Technologie mit Fachtagung Technik im Gesundheitswesen durch die FKT, die WGKT und den fbmt und eine enge Kooperation dieser Verbände spiegeln wider, was im Krankenhaus längst Alltag ist oder sein sollte.
Brüning: Synergieeffekte in der Zusammenarbeit sehe ich jenseits der gemeinsamen Bewältigung technischer Aufgaben für das Krankenhaus bei der Lösung von Organisationspflichten. „Wie können wir Fortschritt für uns bestmöglich nutzen?“ Antworten auf diese Frage können wir gemeinsam finden. Das gilt für die Umsetzung von Vorschriften ebenso wie – untrennbar damit verbunden – für neue Methoden der Instandhaltung, des Projektmanagements und technisch-wirtschaftliche Neuerungen. Themen wie diese spielen daher auf der diesjährigen Tagung eine große Rolle.
Umschlagplatz für technischen Fortschritt
Nach zweijähriger Corona-Pause präsentiert die 5. Fachmesse Krankenhaus Technologie am 28. und 29. September 2022 im Wissenschaftspark Gelsenkirchen endlich wieder wie gewohnt Technologien und Services für das Krankenhaus. Lösungen, die das Gesundheitswesen wirklich voranbringen, verdichtete Information, Konzentration auf das Wesentliche, eine persönliche Atmosphäre, Zeit und Raum für Fachgespräche mit Tiefgang sind die bewährten Eckpfeiler des etablierten Branchentreffens.
Zum ersten Mal wird die Fachmesse Krankenhaus Technologie mit Fachtagung Technik im Gesundheitswesen in diesem Jahr von
- der Fachvereinigung Krankenhaustechnik e.V. (FKT),
- der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Krankenhaustechnik e.V. (WGKT) und
- dem Fachverband Biomedizinische Technik e.V. (fbmt)
gemeinsam veranstaltet.