Gesundheitskongress des Westens 2023 +++ aktualisiert +++ Nachhaltig aus der Krise

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Nachhaltigkeit

Der diesjährige Gesundheitskongress des Westens überzeugte bereits am ersten Event-Tag am 3. Mai mit Inspiration, Innovation und neuen Gesichtern. Kongressleiterin Claudia Küng hat nicht zu viel versprochen, als sie zur Eröffnung einen „Kongress mit Strahlkraft“ versprach.

Karl-Josef Laumann
NRW-Gesundheitsminister Karl Josef Laumann sprach am Vorabend des Kongresses über die weit fortgeschrittenen Pläne der Krankenhausreform in NRW. – © WISO/Schmidt-Dominé

Unter dem Motto „Raus aus dem Krisenmanagement, rein in eine nachhaltige Zukunft!“ kamen am 3. und 4. Mai 2023 Gestalter und Gestalterinnen der Gesundheitswirtschaft in Köln zusammen. Bereits der Vorabendempfang war mit der Key Note und der Anwesenheit von Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen, ein Highlight zum Start. Laumann sprach über die fortgeschrittenen Pläne der Krankenhausreform in NRW. Die Summe von 2,5 Milliarden Euro stehe für den Umbau der Kliniklandschaft in NRW bereit. Laumann geht davon aus, dass die Krankenhausplanung in allen 16 Planungsgebieten bis Ende 2024 finalisiert ist. Anders als bisher, sollen nicht die Bettenkapazitäten als Parameter verwendet
werden, sondern Leistungsgruppen und -bereiche. “Was wir in Nordrhein-Westfalen machen, ist nicht die Krankenhausplanung der Regierung, sondern des Gesundheitswesens,“ so Laumann. Am 23. Mai würden alle Landesgesundheitsministerinnen und -minister sowie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einer Sitzung zu dem Thema zusammenkommen.

An dieses Highlight schloss Kongressleiterin Küng am Morgen des ersten Kongresstages direkt an und verkündete ein Novum: Essen zum Mitnehmen. Getreu dem Kongressthema Nachhaltigkeit, geht die WISO S.E. Consulting GmbH mit gutem Vorbild voran und lud die Teilnehmenden dazu ein, übriges Essen mit nach Hause zu nehmen. Selbstverständlich alles auflagenkonform. Der Nachhaltigkeitsgedanke hat es in Köln damit von den Programmflyern und Podien in erste Umsetzungsunternehmungen geschafft. Umso authentischer als Küng erklärte: „Wir wollen hier nicht nur Reden halten, sondern umsetzen.“

GDW 2023 Küng
Kongressleiterin Claudia Küng eröffnete den Gesundheitskongress des Westens und überraschte mit einem nachhaltigen Novum. – © WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitliche Eigenverantwortung und Finanzierungsfragen

Dieser Antrieb hallte in den folgenden Sessions nach – so auch im Panel zur Frage nach nachhaltiger Finanzierung im Gesundheitswesen mit u.a. Dr. Jochen Pimpertz, Leiter des Clusters Staat, Steuern und Soziale Sicherung beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V., Dr. Heidemarie Haeske-Seeber, Mitglied der Regierungskommission, Krankenhaus Bereichsleiterin Qualitätsmanagement und klinisches Risikomanagement bei Sana, und Andrea Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit. In der Diskussion ging es nicht nur um das Decken des enormen Finanzierungsbedarfs und das Ringen um eine auskömmliche Finanzierung, sondern auch um das Zusammenspiel mit Prozessmanagement, Ergebnisqualität und die gesundheitliche Eigenverantwortung: „Darüber sprechen wir viel zu selten. (…) In einer solidarischen Gesellschaft erstaunlich“, kommentierte Pimpertz.

Gesundheitskongress des Westens
Wie sieht eine nachhaltige Systemfinanzierung aus? Diskussionen an Kongresstag eins. – © HCM

„Unsere letzte koordinierte Chance“

Zum Panel „Wie sieht eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung aus?“ brachte Key-Note-Speaker Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Mitglied des ExpertInnenrats der Bundesregierung, nicht nur Einblicke und persönliche Einschätzungen zur Entwicklung der neuen Krankenhausstruktur mit, sondern auch eine eigene Unterzeile zum Panel-Titel: „Unsere letzte koordinierte Chance“. Karagiannidis nannte Zahlen und Fakten aus aktuellen Untersuchungen, die den notwendigen Wandel unterstreichen. Der Mediziner stellte dafür folgendes Zielbild in den Raum – verbunden mit der Frage: „Was ist 2030 überhaupt noch realisierbar in Anbetracht der Personalentwicklung?“

  • Reduktion der individuellen Arbeitslast
  • Flächendeckende Notfallversorgung
  • Ambulantisierung
  • Zentralisierung
  • Bevölkerungsbezug
Gesundheitskongress des Westens
Wie sieht eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung aus? Diskussion mit u.a. Dr. Gerald Gaß (links) und Prof. Dr. Christian Karagiannidis (rechts). – © WISO/Schmidt-Dominé

Next Generation in der Gesundheitswirtschaft

Die Entwicklung der Next Generation/nicht-ärztliches medizinisches Personal wurde diskutiert mit dem Fazit, dass insbesondere die zeitliche Belastung des Personals durchweg zu hoch ist. Dieses müsse dringend entlastet werden mit besseren Rahmenbedingungen und Fortbildung als Qualifikation. Dies sei ein wichtiger Schlüssel gegen Personalfluktuation in den Praxen. Dr. Carsten König, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, rät: „Wir müssen 20 Prozent der MFA-Absolventinnen für eine höhere Qualifikationsstufe ausbilden.“ Die Delegation von Aufgaben an weitergebildetes Personal sei auch eine gute Lösung, um das ärztliche Personal zu entlasten.

Materialeinsatz in nachhaltig

Mit allein elf Panels am ersten Tag begegnete den Teilnehmenden ein Rundumschlag zu allen heiß diskutierten Branchenentwicklungen und Trends der Gegenwart – immer im Blick: Nachhaltigkeit. So z.B. beim Materialeinsatz in Healthcare-Einrichtungen. Dieses Thema diskutierte HCM-Chefredakteurin Bianca Flachenecker mit Arianna Gamba, Director of Programmes bei Healthcare Without Harm Europe, Markus Lahr, Projektleiter Operationssaal Krankenhaus, Vertrieb Klinik, Paul Hartmann AG, und Dr. Jens Thieme, Head of Sales und Digital Services Waste Operations bei Alba. Dabei wurde v.a. die besondere Bedeutung von Kreislaufwirtschaft im Healthcare-Sektor deutlich. Mehr dazu in Kürze bei HCM.

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Nachhaltigkeit in der Materialwirtschaft und die Frage nach Kreislaufwirtschaft, Einweg oder Mehrweg in der Diskussion. – © Bauer

Neues Format: Innovation Stage

Auf der neuen Innovation Stage im Foyer des Gürzenich holten die Veranstalter neue und zukunftsweisende Ideen, Projekte und Technologien auf die Bühne. Unter der Moderation von Falk Miekley, Geschäftsführer bei WISO S.E. Consulting GmbH, und Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Max Einhäupl, Kongresspräsident, fanden u.a. die Innovationsmanufaktur, QRaGO oder Midaia eine neue Plattform.

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Innovation Stage mit Falk Miekley und zukunftsweisenden Projekt-Initiatoren und Initiatorinnen. – © HCM

Gesundheitskongress des Westens: Digitalisierungsstrategie in der Diskussion

Auch die Frage des Krankenhauszukunftsgesetzes und Eckpunkte der neuen Digitalisierungsstrategie wurde intensiv beleuchtet. Prof. Dr. Jochen Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender Universitätsklinikum Essen, benannte die Wichtigkeit einer sektorenübergreifenden Planung. Aufgrund der Folgen des demografischen Wandels bestehe nun ein enormer Pflegekräftemangel. Auch Kommunikation und Information seien wichtig, um transparent zu machen, worum es bei der Digitalisierung geht. Prof. Dr. Sylvia Thun, Direktorin für E-Health und Interoperabilität, Charité Universitätsmedizin, thematisierte ebenfalls den Fachkräftemangel. Sie empfahl, Personal anders einzusetzen sowie neue Arbeitsmodelle.

Die Themen Digitalisierung und Datenschutz im Gesundheitswesen wurden ebenfalls intensiv in einer Expertenrunde diskutiert. Tanja Jost, Bundesbeauftragte für den Datenschutz (BfDI), berichtete über die elektronische Patientenakte ePA, die bereits 2003 im Deutschen Bundestag beschlossen wurde und laut Gesundheitsminister Lauterbach bis 2024 realisiert werden soll. „Es ist wichtig, dass die Menschen weiterhin souverän über ihre Gesundheitsdaten entscheiden können. Dies ist das Ziel des Datenschutzes bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen,“ erklärte Jost. Günter Wältermann, Vorstandsvorsitzender AOK Rheinland-Hamburg, erklärte, dass die Digitalisierung hilfreich sei die Resilienz zu
stärken, ebenso müsse sie dazu führen, dass Behandlungserfolge steigen. Kongresspräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Max Einhäupl betonte den hohen Wert von Daten und ihrer Verwendung u.a. in der Forschung, da die Wirtschaftlichkeit in Weltregionen maßgeblich davon bestimmt würde.

Nachhaltigkeit konkret

Die Thematik Folgen des Klimawandels als Verstärker für aktuelle und Auslöser für neue Krankheiten zeigte deutlich, wie schwerwiegend diese Auswirkungen sind. Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Lehrstuhl für Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg, stellte vor, dass 71 Prozent aller Todesfälle weltweit aufgrund von Krankheiten eintreten, die durch Klimawandel und Umweltverschmutzung verstärkt werden. Sie wies darauf hin, dass die Hitzesteigerung zu zunehmenden Mortalitäts-Zahlen führt, sowie Umweltfaktoren immense Treiber für bspw. allergische Erkrankungen durch Pollen seien. „Die Klimakrise ist ein medizinischer Notfall, der sofortiges Handeln erfordert“, sagte Traidl-Hoffmann im Rahmen des
Satellitensymposiums „Bayreuther Gesundheitsdialog“ auf dem Kongress.

Dringender Handlungsbedarf an vielen Stellen des Gesundheitswesens: Der Gesundheitskongress des Westens beleuchtete in diesem Jahr einmal mehr, wo die Stellschrauben für eine nachhaltige Neuausrichtung stehen und woran die Akteure arbeiten sollten, damit langfristig Stabilität ins System kommt.

Der Termin für 2024 steht

Der Gesundheitskongress des Westens 2024 ist für den 17. und 18. April vorgesehen. Alles Infos unter www.gesundheitskongress-des-westens.de