Pflegefachkräfte aus Bosnien Motiviert, wissbegierig und gut ausgebildet

Fachkräfte aus dem Ausland zu akquirieren und zu integrieren, bringt einige Stolpersteine hervor. Ein Projekt des Wilhelmsburger Krankenhauses Groß-Sand in Zusammenarbeit mit der Amesol-Akademie zeigt, was es braucht, um ein gutes Ankommen in Deutschland zu meistern. Jelena Kurtinovic (links), Pflegefachkraft aus Bosnien-Herzegowina, mit Hygienefachkraft Nevenka Ninkovic in Groß-Sand auf Station. Kurtinovic arbeitet seit Januar 2022 in dem deutschen Krankenhaus. Nevenka Ninkovic, Hygienefachkraft am Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand in Hamburg, hat eine Mission: In Bosnien-Herzegowina Pflegefachkräfte für Deutschland gewinnen. "In den letzten Jahren wurde der Pflegekräftemangel auch in Groß-Sand immer deutlicher. Die Idee, bosnische Pflegekräfte für unser Klinikum zu gewinnen, hatte ich schon länger und jetzt konnte ich sie umsetzen", sagt sie. Da Ninkovic selbst aus Bosnien-Herzegowina stammt, kennt sie die Bedingungen vor Ort gut. "Pflegefachkräfte sind dort gut ausgebildet. Sie müssen eine 4,5-jährige Ausbildung zur Pflegefachkraft durchlaufen." Die beruflichen Möglichkeiten seien allerdings begrenzt. "Hier sind auch die Weiterbildungs- und Aufstiegschancen für junge Menschen groß", sagt Ninkovic. Das bestätigen auch die Erfahrungen der Amesol-Akademie, die Kliniken vorrangig in Hamburg bei der Eingliederung internationaler Fachkräfte unterstützt. Melanie Schwarzbach, Psychologin bei Amesol, erklärt: "Besonders die jüngeren Fachkräfte kommen mit der Idee nach Deutschland, sich hier weiterzuentwickeln. Sie sehen Pflege als einen Beruf mit Chancen." Die Aufstiegschance war auch einer der Gründe, warum Jelena Kurtinovic, Pflegefachkraft aus Bosnien-Herzegowina, nach Deutschland gekommen ist: "Ich habe hier einen besseren Lebensstandard, große Aufstiegschancen, mehr Rechte und kann meiner Familie ein besseres Leben ermöglichen." Recruiting in Doboj Gemeinsam mit ihrem Bruder hat Ninkovic in Doboj, Bosnien-Herzegowina, Pflegefachkräfte auf das Projekt "Groß-Sand on Tour" aufmerksam gemacht – mit Mundpropaganda, aber auch klassisch über Radiowerbung. Danach wurden die Interessierten zu einem Kennenlern-Event mit Präsentation eingeladen. Der direkte Kontakt vor Ort war Ninkovic wichtig. "Ich selbst habe mitbekommen, dass Agenturen Gelder verlangen und danach wurde aus dem Job in Deutschland nichts", sagt sie. Daher wollte sie den Fachkräften zeigen, dass sie selbst – als eine reale Person – in Deutschland als Pflegefachkraft arbeitet. Sie rät anderen Kliniken, authentisch und engagiert an die Sache ranzugehen. Anerkennung in Deutschland So funktioniert die Berufszulassung internationaler Pflegefachkräfte in Deutschland: Unterlagen wie Zeugnisse, Praxis- und Theoriestunden müssen bei der zuständigen Behörde eingereicht werden.Daraufhin wird ein Defizitbescheid ausgestellt.Dieser sagt aus: Grundsätzlich wurde ein Gesundheitsberuf erlernt, aber sie müssen eine Anerkennungsmaßnahme oder Kenntnisprüfung machen. Führungskräfte sollten realistische Erwartungen haben: Der Anerkennungsprozess dauert im Schnitt acht Monate. Am Ende wird die Anerkennung mit einer Prüfung abgeschlossen und erst dann geht die eigentliche Einarbeitung los. Europäische Pflegekräfte werden in der Regel direkt anerkannt. Aufgrund der föderalen Strukturen kann es abweichende Regelungen in einzelnen Bundesländern geben. Quelle: Amesol Sprache als Herausforderung Wenn man ausländische Pflegefachkräfte nach Deutschland holen möchte, dann sieht Ninkovic zwei große Hindernisse: Bürokratie und Sprache. "Einrichtungen sollten sich einen Fahrplan erstellen, was wo wann gebraucht wird – das schicken sie an die interessierten Pflegefachkräfte aus dem Ausland in deren Muttersprache", sagt Ninkovic. Sind die ausländischen Fachkräfte erstmal eingereist, sei die Sprachbarriere die größte Herausforderung. Schwarzbach sieht das auch so: "Sprache ist eine der Hauptstellschrauben. Wir beobachten, dass es oft zu einer Dequalifizierungserfahrung kommt. Die fachliche Kompetenz wird an der sprachlichen Kompetenz festgemacht. Wenn die Fachkräfte in der Sprache sicher werden, spüren sie wieder ihre Berufsidentität." Ihre Kollegin Veronika Blachowski, Pädagogin bei Amesol, bestätigt: "Die internationalen Fachkräfte machen ihre Defizite oft an der Sprache fest. Daher sollten sprachliche und fachliche Lernziele miteinander verbunden werden." Das Ziel sei, die neuen Pflegekräfte auf allen Ebenen in Kompetenz zu bringen. Mit Paten Hürden meistern Das Mentorenprogramm der Amesol-Akademie soll bei der Integration helfen. Dabei wird in den deutschen Teams, noch bevor die ausländischen Pflegekräfte ankommen, für Qualifizierungspaten geworben. In Groß-Sand sind das Praxisanleitende. "Dies ist aber keine Voraussetzung. Wichtig ist, dass der Pate Lust auf die enge Zusammenarbeit mit der internationalen Pflegekraft hat", sagt Schwarzbach. "Der Mentor vermittelt zwischen dem Team, der bosnischen Pflegefachkraft und der Amesol-Akademie und kann bei Problemen direkt gezielt eingreifen", erklärt Blachowski, die bei Groß-Sand vor Ort im engen Austausch mit den Praxisanleitungen und den Pflegenden ist. Kurtinovic nimmt dies auf Station positiv wahr: "Wir arbeiten eng als Team zusammen und ich erhalte von allen immer Unterstützung, wenn ich sie brauche. Besonders schwer fällt mir die Sprache, aber mein Team hat viel Geduld und zeigt mir alles. Das macht es leichter." Checkliste zur Integration Erhöhten Aufwand an motivationalen, zeitlichen und personellen Ressourcen anerkennen.Wertschätzen, dass es für Teams eine Herausforderung ist.Einarbeitung, Fortbildungen, Praxisanleitungen brauchen Zeit, diese auch geben.Rolle und Einstellung der Führungskraft: Offenes Ohr haben.Einen beziehungsorientierten Ankommensprozess gestalten mit offener Willkommenskultur.Mentorenprogramm für die internationalen Kolleginnen und Kollegen schaffen.Die Anerkennungsmaßnahme am neuen Pflegeberufegesetz ausrichten. Die Wahl der Maßnahme legt auch die zukünftige Qualität der Pflegekräfte fest.Sprache als Medium nutzen und sprachliche Begleitung über berufliches Setting hinaus. Quelle: Amesol Eine loyale Beziehung "Kliniken sollten trotz eines gewissen finanziellen und zeitlichen Aufwandes die positive Seite sehen. Sie gewinnen eine loyale und hochkompetente Fachkraft. Unsere Erfahrung ist, wenn die ausländische Fachkraft im Team gut ankommt, bleibt sie oft sehr lange in der Klinik", sagt Blachowski. Die Erfahrungen von Ninkovic mit internationalen Pflegekräften auf Station sind ebenfalls positiv. "Sie sind motiviert, wissbegierig und wollen sich weiterbilden. Daher wollen wir auch dafür sorgen, dass unsere neuen Pflegefachkräfte in Deutschland ankommen, sich wohlfühlen und ihre Anerkennung bekommen", sagt sie. Insgesamt hat Ninkovic in Bosnien-Herzegowina sechs Pflegefachkräfte rekrutiert. Im Januar waren in Groß-Sand bereits drei auf Station, auch Kurtinovic. "Bisher gefällt es mir sehr gut in Groß-Sand." Melanie Schwarzbach, Psychologin bei Amesol, unterstützt die Teams im Integrationsprozess.Veronika Blachowski, Pädagogin bei Amesol, begleitet die internationalen Pflegekräfte und Teams auf den Stationen.

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