Update aus dem Klinikum Osnabrück Mini-Time-outs jetzt auch auf der Intensivstation

Das Konzept der intraoperativen Minipausen in der Klinik für Allgemein-, Visceral- und Thorax-chirurgie am Klinikum Osnabrück hat die Erprobungs- und Evaluationsphase (s. HCM Ausgabe 4/2021) hinter sich, wurde erfolgreich implementiert und ist jetzt im Roll-out. Intraoperative Minipausen sorgen für Entspannung und steigern die Konzentrationsfähigkeit. Im Jahr 2016 hat das Klinikum Osnabrück begonnen, ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) und eine Personalentwicklung (PE) systematisch und mitarbeiterorientiert aufzubauen. Neben präventiven Angeboten (z.B. Seminarangebote, Fitnesskurse, Supervision, Gesundheits-Sprechstunden, Sozialberatung) werden verstärkt Teamentwicklungsmaßnahmen durchgeführt. Gleichzeitig wird ein starker Fokus auf die Entwicklung der Führungskräfte im Rahmen des Programmes KOSlead gelegt (vgl. Klinikum Osnabrück, 2023). Darüber hinaus ist die Suche nach innovativen Verbesserungsansätzen, die mit den Arbeitsbedingungen einer Klinik vereinbar sein müssen, fester Bestandteil des Teams der PE und des BGMs. Ein Beispiel hierfür ist der Einsatz von Mikro- bzw. Minipausen zur Entlastung. Obwohl Minipausen nachweislich zur Verbesserung von physischen Beschwerden führen und eine Zunahme psychischer Fehlbeanspruchungen vorbeugen können (vgl. Wendsche, 2017), finden sie in der Praxis wenig Beachtung. Besonders im Krankenhaussektor ist schon die Einhaltung regulärer Pausen nur teilweise oder gar nicht möglich (vgl. Bräutigam, 2014). Dies gab Anlass zur Forschung. Eine Forschergruppe der MHH Hannover (vgl. Engelmann; Schneider, 2015) untersuchte erstmalig die Effekte eines standardisierten intraoperativen Pausenschemas bei laparoskopischen Operationen. Hierfür wurden alle 25 Minuten fünfminütige, unstrukturierte Minipausen eingesetzt. Die Chirurgen und Chirurginnen zeigten signifikant geringere Cortisolspiegel und Ermüdung bei OPs mit Minipausen. Des Weiteren zeigten die Probanden signifikant geringere muskuloskelettale Symptome in Nacken, Armen, Knien und Wirbelsäule sowie eine signifikant bessere, postoperative Konzentrationsleistung. Eine nachfolgende Studie aus Kanada konnte ähnliche Effekte feststellen, wobei hier zwanzigsekündige, unstrukturierte Mikropausen alle 20 Minuten durchgeführt wurden (vgl. Dorian, Darveau, 2013). Neuere Untersuchungen aus den USA standardisierten den Inhalt der Minipausen (vgl. Hallbeck et al. 2017; Park et al., 2017). Die chirurgischen Mitarbeitenden führten nun nach 20 bis 40 Minuten eineinhalb- bis zweiminütige Minipausen durch, in denen Dehnübungen die am stärksten betroffenen Muskelgruppen entlasten sollten, wobei auch hierbei die Sterilität bewahrt wurde. Hierdurch wurden sowohl die muskuloskelettalen Symptome als auch der mentale Fokus bei OPs mit Minipausen als subjektiv besser bewertet als ohne Minipausen. Physische Intervention während der OP entlastet Basierend auf diesen Forschungsergebnissen hat die PE/BGM mit Unterstützung der Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Osnabrück, mit Centrumed und der Mobil Krankenkasse eine Feldstudie durchgeführt. So wurden ab einer OP-Dauer von zwei Stunden standardmäßig alle 28 Minuten zweiminütige Pausen durchgeführt. Hierbei stand eine Pause in Form einer physischen Intervention und eine Pause zur kognitiven Stressentlastung zur Auswahl. Die Erwartungen an die Minipausen konnten sowohl bei den Pflegekräften als auch beim chirurgischen Personal erfüllt werden. So konnte eine signifikante Verbesserung des Schmerzempfindens der Arme, des Nackens und der Schultern gezeigt werden. Die Ergebnisse legten jedoch keine Verbesserung hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeiten dar. Für die Implementierung am wichtigsten war jedoch die positive Resonanz der Mitarbeitenden und der eigene Wunsch der Fortführung (vgl. Flachenecker, 2021). In den letzten Jahren sind die Arbeitsbelastungen sowie die empfundenen psychischen Belastungen um ein Vielfaches angestiegen. Grund dafür ist u.a. die Covid-19-Pandemie (vgl. Vollbracht, Hombücher, 2022). Diese Situation hat den Startschuss für das Projekt „Wir sind KOStbar“ im Klinikum Osnabrück gegeben. Mit dem Projekt will das Haus den Mitarbeitenden für den Einsatz danken und auf die Angebote der PE/BGM aufmerksam machen. Im Zeitraum vom Sommer 2022 bis circa Frühjahr 2024 hat die PE/BGM es sich zum Ziel gesetzt, alle Abteilungen, Arbeitsbereiche und Stationen des Klinikums zu besuchen und jedem Team unterschiedliche Sonder- und Einzelaktionen aus dem vielfältigen Portfolio der PE/BGM anzubieten. Neben Resilienzkursen, Team-Supervisionen und individuellen Rücken-Check-ups besteht zudem die Möglichkeit, das Konzept der Minipausen zu implementieren. Das Projekt wird durch die AOK Niedersachsen unterstützt (§ 20b SGB V). Was Minipausen zum Instrument der Wertschätzung macht Das Projekt „Wir sind KOStbar“ startete zunächst auf der Station 98 des Klinikums Osnabrück. Aufgrund der starken Arbeitsbelastungen wurde das Team über fünf Wochen durch die PE/BGM begleitet. Zuvor erstellte das Stationsteam in eigener Initiative eine Collage von Dankesbriefen der genesenden Patienten, wodurch die Mitarbeitenden sich die Wichtigkeit ihrer Arbeit vor Augen führten. Ergänzend dazu führte die PE/BGM eine Team-Übung zur gegenseitigen Wertschätzung durch. Darüber hinaus konnte die Station an einer Team-Supervision und an der Implementierung der Minipausen teilnehmen. Wie im Operationssaal standen bei den Minipausen zwei unterschiedliche Formate zur Verfügung: eine Kurzintervention zur Entspannung/zum Abbau von Stress und ein Format zur physischen Entlastung. Damit die Übungen für die Mitarbeitenden auf der Station 98 passgenau sind, wurde zuvor ein Physiotherapeut mit dem Auftrag versehen, die individuellen Belastungen auf der Station zu erfassen, ein Übungs-Set zu erstellen und dieses als Video- und Audio-Format zu erstellen. „Die Minipausen sind eine tolle Möglichkeit, um während des Arbeitsalltags auf der Intensivstation für einen kleinen Erholungseffekt zu sorgen! Die Minipausen sind täglich etabliert und dabei doch immer anders: mal sehr entspannt und mal wird herzlich gelacht“, bringt es Dr. Maximilian Veddeler, Leitender Oberarzt der Station 98, auf den Punkt. Seit Beginn der Implementation werden die Minipausen täglich um 8.30 Uhr mit großer Euphorie zusammen mit Ärzteschaft und pflegerischem Personal durchgeführt. Aus Sicht der PE/BGM bestehen die Erfolgsfaktoren der Implementierung aus mehreren Aspekten. Zum einen ist die individuelle Betrachtung der jeweiligen physischen Anforderungen ein wichtiges Kriterium und ebenso die passgenaue Erstellung der Übungen. Zum anderen trägt die mehrwöchige Begleitung der Implementierung durch die PE/BGM sicherlich dazu bei, dass die Minipausen so gut angenommen werden. Eine weitere Schlüsselposition nehmen die Führungskräfte ein – nur wenn diese das Konzept befürworten und dies auch aktiv ins Team kommunizieren, kann die Implementierung von Erfolg sein. Wichtig: Die Implementierung der Minipausen darf niemandem aufgezwungen werden. Das Team darf entscheiden. So wird das Commitment um ein Vielfaches erhöht. Ein weiterer Befürworter dieses Konzepts ist der Chefarzt der Med. Klinik I – PD Dr. Carsten Schneider. Auf Anfrage von Schneider werden die Minipausen nun auch auf weiteren Stationen implementiert. Am Klinikum Osnabrück wurde das Konzept ebenfalls erfolgreich für die Mitarbeitenden in der Küche angepasst und implementiert. Es bestehen weitere Anfragen, die das Team PE/BGM nun nach und nach bedienen möchte. Dafür soll am Konzept der Begleitung und der etablierten eigenen Erfolgsfaktoren festgehalten werden. Literatur liegt bei der Autorin. Kontakt zur Autorin Dr. Stephanie Nobis, Leitung Personalentwicklung & betriebliches Gesundheitsmanagement am Klinikum Osnabrück, stephanie.nobis@klinikum-os.de

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