Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft – damit kennt sich Barbara Schulte bestens aus. Seit rund neun Jahren ist sie als Geschäftsführerin Finanzen und Infrastruktur für zehn Standorte im Klinikum Region Hannover (KRH) verantwortlich. Davor war sie bereits im Vorstand dreier Universitätskliniken tätig. HCM verrät sie ihre Motivation und Ziele.

Dass sie einmal im Gesundheitswesen arbeiten wollte, stand für Barbara Schulte schon frühzeitig fest. „Als ich 14 war, habe ich an Sonntagen die Pflegekräfte in unserem örtlichen Krankenhaus unterstützt – freiwillig und ohne Bezahlung“, erzählt die Dipl.-Kauffrau, die als Tochter eines Unternehmers in Nordrhein-Westfalen geboren und aufgewachsen ist. Sie hat dann eine Ausbildung in der Krankenpflege gemacht und einige Jahre Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt.
Mit 24 Jahren ging sie mit ihrem Mann nach Singapur und lernte eine faszinierende fremde Welt kennen. „Das Leben im Ausland, die bildungshungrigen Menschen, die ich dort kennenlernen durfte – das machte mir klar, dass auch ich beruflich noch lange nicht am Ziel angelangt war“, erinnert sich Schulte. Durch ihre Tätigkeit in der Pflege kannte sie die Arbeit am Patientenbett und die Prozesse in einem Krankenhaus. „Das war ein gutes Fundament, auf dem ich aufbauen konnte. Denn ich wollte mehr bewegen und aktiv daran mitarbeiten, Kliniken strategisch auszurichten.“ Ein BWL-Studium mit Schwerpunkt Gesundheitsökonomie lieferte ihr dazu die notwendigen theoretischen Grundlagen.
Veränderungsprozesse und Umstrukturierungen sind ihre Expertise
Die Kombination aus praktischer Berufserfahrung im Gesundheitswesen und kaufmännischem Wissen öffnete ihr viele Türen. Sie sammelte erste Führungserfahrungen in den Verwaltungsetagen der Krankenhäuser – zunächst in der zweiten Führungsebene. Mit 34 Jahren hatte Barbara Schulte bereits eine erste Vorstandsposition erreicht: In Kiel und Lübeck begleitete sie die beiden Unikliniken bei der Fusion. Anschließend wechselte sie an die Uniklinik Göttingen, wo damals v.a. die Konsolidierung im Vordergrund stand. Nach einer weiteren Vorstandsposition an der Uniklinik Essen, ging sie im März 2014 ans Klinikum Region Hannover. „Es sind v.a. Neuausrichtungen und Veränderungsprozesse, die mich reizen“, schildert Schulte ihren Antrieb. Fusionen, Konsolidierungen und neue Strukturen ziehen sich wie ein roter Faden durch ihren Lebenslauf. „Insofern ist es gut, dass wir im Gesundheitswesen ständig vor neuen Herausforderungen stehen. Ich bin jetzt zwar fast seit einem Jahrzehnt in Hannover – Stillstand gibt es trotzdem nicht.“ Hatte sie in den Anfangsjahren gemeinsam mit ihren Vorstandskollegen und den Mitarbeitenden einen beeindruckenden Turnaround hingelegt, fordern die Jahre der Pandemie und die sich ständig wandelnden gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen inzwischen eine weitere Neuausrichtung.
Wie das KRH sich den Herausforderungen entgegenstellt
Als Geschäftsführerin Finanzen und Infrastruktur des Klinikum Region Hannover ist Barbara Schulte verantwortlich für den Zusammenschluss von zehn Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft. Schaut man sich die Daten aus 2019 an, wird klar, welche Dimensionen das Unternehmen hat: Mit knapp 70 Fachabteilungen, mehr als 121 Tausend stationären Patienten, mehr als 213 Tausend ambulanten Behandlungen und betrieblichen Erträgen in Höhe von jährlich ca. 630 Millionen zählt das KRH zu den drei größten kommunalen Klinikverbünden in Deutschland.
„Krankenhäuser stehen schon viele Jahre lang vor großen Herausforderungen“, macht Schulte deutlich. In der Pandemie hätten die Kliniken Versorgungssicherheit bewiesen. Trotzdem habe die Corona-Krise u.a. durch stark sinkende Elektivpatientenzahlen, die Lage verschärft. Fachkräftemangel, Inflation und explodierende Energiekosten machten es schwer, wirtschaftlich zu arbeiten. Die Krankenhausfinanzierung funktioniere nicht mehr. Kosten und Erlöse klafften immer mehr auseinander. Vielen Kliniken drohe die Insolvenz. „Die Reformansätze der Politik gehen zwar in die richtige Richtung, doch die konkrete Ausarbeitung fehlt“, teilt Schulte ihre Einschätzung. Das KRH könne das innerhalb des Konzerns und mit der Unterstützung des Trägers noch etwas abfedern. Der Wirtschaftsplan gehe in 2023 trotzdem von einem hohen Defizit aus. „Wir arbeiten mit unserer neuen Medizinstrategie daran, mittelfristig wieder wirtschaftlich zu werden. Gerade kleineren Häuser läuft aber die Zeit davon. Das Kliniksterben hat bereits begonnen.“
Schultes Motivation sind die Menschen
Dass sie trotz dieser anspruchsvollen Zeiten nie die Motivation verliert, liegt vor allem an den Menschen: den Mitarbeitenden im KRH, aber auch den vielen spannenden Persönlichkeiten in ihrem Netzwerk. „Manchmal fühlt es sich wie ein Kampf gegen Windmühlen an“, gibt Schulte zu. Dann sei es hilfreich, zu sehen, dass es den allermeisten Kolleginnen und Kollegen in den Klinken nicht anders ergeht. Auch das Vernetzen mit anderen Frauen empfindet Barbara Schulte als sehr bereichernd. Dabei ist sie in zwei Frauennetzwerken engagiert. In Hannover trifft sie sich monatlich mit Frauen in Führungspositionen aus verschiedensten Branchen. „In diesem Netzwerk sind etwa Frauen aus dem Finanzsektor, der Politik oder der Industrie vertreten, daher diskutieren wir unterschiedliche Themen“, erklärt Schulte. „So lernt man andere Denkweisen kennen und erweitert den eigenen Horizont.“ Eher fachspezifisch sei dagegen das überregionale Klinik-Netzwerk, das sich an Frauen mit Führungspositionen im Gesundheitsbereich richtet. „Ich schätze den Austausch bei diesen Veranstaltungen, die ein bis zwei Mal im Jahr an unterschiedlichen Orten stattfinden, sehr und finde es inspirierend, zu sehen, welche Impulse andere Frauen in meiner Branche setzen.“
Das Gesundheitswesen ist ein spannendes Berufsfeld – davon ist Schulte selbst nach so vielen Jahren noch überzeugt. Sie sieht sich auch als Mentorin für die vielen jungen Kolleginnen und Kollegen, die sie in ihrem Berufsleben begleiten durfte. So hat ihr bisheriger Referent Dr. Simon Schrader kürzlich das Personalmanagement im KRH übernommen. „Frisch promoviert von der Universität hat er mich drei Jahre hervorragend unterstützt und sich in dieser Zeit für Führungsaufgaben qualifiziert“, sagt Schulte nicht ohne Stolz und erinnert sich an einige seiner Vorgängerinnen und Vorgänger, die innerhalb und außerhalb des KRHs inzwischen erfolgreich ihren Weg gegangen sind. „Wir brauchen gute Leute, um unserer Gesundheitswesen zukunftssicher aufzustellen, daher ist mir die Förderung der jungen Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten darf, ein großes Anliegen.“
Sicherung einer guten Krankenversorgung
Auch in Krisenzeiten verliert Barbara Schulte nicht ihren Optimismus und lenkt den Blick aufs Wesentliche. „Eine gute Krankenversorgung ist ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität in einem Land“, macht sie deutlich. Damit die Patientinnen und Patienten auch in Zukunft darauf bauen könnten, sollten Kliniken jetzt mit Politik und Kostenträgern gemeinsam an einem Strang ziehen. Spezialisierung und abgestimmte Versorgungsaufträge innerhalb einer Region seien ein wichtiges Element notwendigen Veränderungen. Nicht jede Klinik könne künftig noch alles anbieten. Digitalisierung sei ebenfalls hilfreich, beispielsweise um Prozesse effizienter zu gestalten oder um das Personal von Dokumentationsaufgaben und anderem administrativen Aufwand zu entlasten. „Vor allem benötigen wir Planungssicherheit“, richtet Schulte das Wort Richtung Politik. Man könne sich nicht alle paar Monate auf neue Gesetze und Regeln einstellen. „Wir brauchen eine Gesamtstrategie für das deutsche Gesundheitswesen und klare politische Vorgaben. Solange die nicht da ist, müssen wir eben auch aus einem Stückwerk das Beste machen.“
„Erfolgsrezept“
Die Klinikgeschäftsführerin sieht Veränderungen nicht als Bedrohung, sondern als Chance. Als leidenschaftliche Seglerin kennt sie stürmische Zeiten und weiß, dass es vor allem ein gutes Team braucht, um das Boot auch bei viel Wind sicher auf Kurs zu halten. Ihre Motivation sind die Patientinnen und Patienten, deren sichere Versorgung ihr ein Herzensanliegen ist.
Kontakt zur Autorin
Mirjam Bauer, Freie Journalistin, Health-IT, mirjam-bauer@gmx.de