Pharma
Insgesamt haben Pharma-Unternehmen 2020 32 Medikamente mit neuen Wirkstoffen in die Versorgung gebracht. Das sind sieben mehr als 2019. Wie der vfa berichtet, kamen dazu noch zahlreiche Erweiterungen der Anwendungsgebiete von schon eingeführten Medikamenten sowie neue Darreichungsformen.
Die Medikamente mit neuem Wirkstoff sind für die folgenden Krankheitsgebiete zugelassen:
- Krebserkrankungen: 10
- Entzündungskrankheiten: 5
- Infektionskrankheiten: 4
- Blutbildungsstörungen: 4
- Stoffwechselkrankheiten: 4
- nicht-entzündliche neurologische Krankheiten: 3
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: 1
- Augenkrankheiten: 1
Mit der Zahl der neu eingeführten Medikamente mit neuen Wirkstoffen liegt die Bilanz laut vfa genau im Durchschnitt der letzten fünf Jahre von jährlich 32 Präparaten.
Im Dezember 2020 konnte der Corona-Impfstoff erstmals in Deutschland außerhalb von Studien eingesetzt werden. Auch ein erstes neues Medikament zur Behandlung der Krankheit kam heraus. Weitere Impfstoffe und Therapeutika können laut vfa 2021 folgen.
Doch auch gegen andere Infektionskrankheiten kamen neue Medikamente heraus; darunter das erste gegen die besonders schwere Leberentzündung Hepatitis D. Gegen HIV wurde mit dem Neuzugang eine neue Wirkstoffklasse eröffnet. Dieser kann in Kombination mit weiteren als Therapiealternative eingesetzt werden, etwa wenn die bisherige Therapie nicht mehr ausreichend vor Aids schützt.
Für die Behandlung seltener Krankheiten konnten im vergangenen Jahr ebenfalls Fortschritte erreicht werden: 13 der Medikamente mit neuem Wirkstoff haben laut vfa Orphan Drug-Status in der EU. Dieser zeigt an, dass die EU-Arzneimittelbehörde EMA sie als überlegen gegenüber bisherigen Behandlungsmöglichkeiten (soweit überhaupt vorhanden) für diese selten auftretenden Leiden einstuft.
Das Medikament gegen Beta-Thalassämie ist dabei eines von zwei Gentherapeutika, die 2020 auf den Markt kamen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass bei ihnen eine einmalige Behandlung meist eine lang andauernde Wirkung oder möglicherweise sogar eine Heilung erzielt, so dass die regelmäßige, dauerhafte Gabe von anderen Medikamenten oder Blutkonserven entfallen kann. Das andere Gentherapeutikum dient der Behandlung der ebenfalls angeborenen Spinalen Muskelatrophie Typ 1, bei der es zu Lähmungen kommt und viele der betroffenen Kinder bereits in den ersten zwei Lebensjahren versterben.
Wie schon 2019 kamen zehn neue Medikamente gegen unterschiedliche Krebserkrankungen heraus. Dazu Steutel: „Für die Anfang 2019 vom Forschungs- und Gesundheitsministerium initiierte ‚Nationale Dekade gegen Krebs‘ sind diese Medikamente eine wichtige Stärkung. Denn in ihr geht es neben Prävention und Früherkennung auch um noch wirksamere Behandlungen für Krebspatienten, die im besten Fall eine Heilung ermöglichen.“
Zweites „tumoragnostisches“ Medikament
Bei vier dieser Medikamente sei vor der Anwendung mit einem Gentest zu prüfen, ob die Krebszellen des betreffenden Patienten eine bestimmte Mutation aufweisen, gegen die das Mittel seine Wirkung ausrichtet. Das Vorliegen einer bestimmten Mutation (einer NTRK-Genfusion) sei bei einem der Medikamente sogar das allein ausschlaggebende Einsatzkriterium ‒ unabhängig vom betroffenen Organsystem. Es ist laut vfa damit erst das zweite Medikament, das eine solche Zulassung erhalten hat, die Mediziner „tumoragnostisch“ nennen. Bei anderen Krebsmedikamenten spielt auch das Organsystem für die Festlegung des Anwendungsgebiets eine Rolle, so dass sie für jede Tumorart einzeln erprobt werden.
Nach solchen, auf eine Tumorart fokussierten Studien konnten 2020 auch vier bereits zugelassene Medikamente gegen weitere Krebsarten einsetzbar gemacht werden, etwa gegen Krebs an Bauchspeicheldrüse oder Speiseröhre.