Hygiene
Hygiene hilft, Infektionen zu vermeiden – zum Schutz von Mitarbeitenden ebenso wie Patientinnen und Patienten. Das Diktum ist bekannt, Compliance-Vorgaben sind definiert. Und doch: Bei der Erkenntnisarbeit und bei Verbesserungen im täglichen Doing gibt es ständig Handlungsbedarf.
So standen Methoden, Prozesse und anzuwendende Mittel im Mittelpunkt beim Hygiene Summit des Anbieters Melag mit den Partnern B. Braun und Karl Storz. Als Anwendungsgebiet bildete das operative Umfeld – stationär wie ambulant, in Klinik und Praxis – einen Schwerpunkt.
Die enorme Zahl an Post-OP-Wundinfektionen, von denen 60 Prozent vermeidbar seien, und Lungenentzündungen sowie Sepsis verdeutlichten die Relevanz des Themas, so der Tenor beim Summit. Valide Zahlen gebe es übrigens nur für den stationären Bereich, wo die Erfassung einfacher sei. Die Übertragung von Keimen erfolge über Luft, Tröpfchen und Schmiervorgänge. Bei Instrumenten seien die letztgenannten am häufigsten. Die MPBetreibV liefere hierzu Vorgaben – mit Verknüpfung zu RKI-Richtlinien für die Aufbereitung von Medizinprodukten laut Instrumentenklassifizierung, Aufbereitungskreislauf und Validierung.
Drei Faktoren stellten die Medizintechnikanbieter – die Qualität der Instrumente, räumliche Voraussetzungen und Fachkompetenz der Mitarbeitenden – in den Mittelpunkt: Der Prozess mit dem Ziel der bestmöglichen Hygiene beginne schon bei der Wahl bei der Instrumentenanschaffung, betonte Sebastian Maletzki, Hygienexperte bei B. Braun. Kriterien der Geräte und Instrumente mit maßgebender Auswirkung auf Desinfizierbarkeit und Hygienequalität beinhalten Oberflächen, Komponenten und die Zerlegbarkeit. Schneidefähigkeit und Flexibilität, verbundene Materialien spielten ebenfalls eine Rolle.
Die Kategorisierung in semikritisch, kritisch und Untergruppen bedingt unterschiedliche Vorgaben für Reinigung, Desinfektion bzw. Sterilisation; die Vorbereitung, so eine Kernbotschaft auf dem Summit, sei die halbe Miete. Folien sollten durchstichsicher gewählt, Einmalinstrumente tatsächlich nur einmal verwendet und Rückstände wie Blut entfernt werden. Arbeitskanäle sollten gleich gespült, beim Einsatz von Desinfektionsmitteln eine proteinfixierende Wirkung ausgeschlossen werden. Auch unwichtig erscheinende Details wie das „Abwerfen“ von Instrumenten kam in Berlin zur Sprache: Ablegen vermeidet Beschädigungen. Zu den weiteren Schulungstipps zählten die Trockenentsorgung in geschlossenen Behältnissen, das Unterbringen feiner Instrumente in vorgesehenen Lagerungsvorrichtungen und das separate Verstauen von Optiken in entsprechenden Behältnissen. Wartezeiten sollten bei Trockenentsorgung unbedingt beachtet werden, so lautete eine weitere Botschaft an die Teilnehmenden. Motoren müssten zerlegt, Spüladapter angeschlossen werden! Bei Neuware sollte zweimal aufbereitet werden, das stärke die Passivschicht. Generell gelte: Keine unverpackten Instrumente sterilisieren, das bringe nichts.
Ausgewählte Tipps zum Doing
Dosierungen sollten beachtet werden, so die Vortragenden, die im Alltag anderweitige Beobachtungen gemacht hatten. Instrumente müssten vollständig eingetaucht, Gelenke bewegt werden. Das Schließen von Deckeln wirke gegen ein Abdampfen. Die Einwirkzeit und notwendige Zwischenspülungen seien zu beachten.
Für die Dokumentation sollten digitale Tools zum Einsatz kommen. Personal-, Sterilisator- und Chargennummern sowie Datum der Beladung, Freigabe und weitere Informationen ließen sich so sicherer und leichter nachvollziehbar eintragen. Auch das Monitoring und die Steuerung ließen sich digital besser realisieren.
Für die Erreichung der Ziele des Schutzes von Patienten und Mitarbeitenden seien die Leiter von Einrichtungen verantwortlich, rief Carlo Brauer, Facharzt Anästhesie Rettungsmedizin, Krankenhaushygiene, von der Sophienklinik in Hannover in Erinnerung. Um welche Eingriffe bei welchen Patienten geht es? Risikoanalyse und Hygieneplan sollten hausindividuelle Besonderheiten abdecken und eine grobe Trennung zwischen konservativ (nur Hygieneplan) und operativ (mit baulichen Aspekten) beinhalten. Zahlreiche Verordnungen gelten neben IfS und HyVO der Länder. Analysieren, bewerten und festlegen – das seien die Planungsschritte. Wer habe was zu leisten – für die Festlegung von Verfahren und Anleitungen gebe es keine vorgeschriebene Form, so der Experte. Die Umsetzung beinhalte das Schulen, Dokumentieren und Prüfen. Modernes Hygienemanagement sei ein Multi-Barrieren-Konzept aus Basismaßnahmen, sagte Brauer weiter. Krankenhäuser sollten nun bauliche und prozessuale Voraussetzungen schaffen für den erhöhten Anteil an ambulanten OPs laut Krankenhausreform-Konzept.
Schlüsselfaktor Händehygiene
Bis 90 Prozent der Infektionen geschehen über die Hände, so eine Botschaft in Berlin. Die Compliance bei der Händehygiene sei nach wie vor zu niedrig, wie eine Untersuchung im Orthopädie-OP der MHH zeige. Pflegekräfte seien zuverlässiger als Ärzte und Ärztinnen. Die fünf „Momente der Händehygiene“ der WHO sollten bei Kampagnen das Fundament bilden. Verantwortung übernehmen, Kompetenz bilden und täglich umsetzen – so die Aufforderung des Hygiene Summits.
Kontakt zum Autor
Michael Reiter, Freier Journalist, Michael Reiter PR, michael-reiter-pr@gmx.de