Digitalisierung
Der erste Tag des Hauptstadtkongresses war ein Tag der großen Namen aus Politik, Forschung und Medizin. Und er war ein Tag der großen Fragen: Was haben wir aus der Krise gelernt? Welche Lehren ziehen wir für das Gesundheitssystem, die Gesellschaft und die Politik? Und sind wir einer neuen Pandemie gewachsen?

- Haupstadtkongress als Pilotveranstaltung
- Grußwort aus Brüssel
- Bundespolitik gibt sich vorsichtig und optimistisch
- Lessons learned nach der Krise? Was sagen die CEOs
- Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl
- Standing Ovations zum Abschied
Der Haupstadtkongress 2021 hat als Hybridveranstaltung, trotz der Möglichkeit für 500 Teilnehmende vor Ort dabei zu sein, auch viele digitale Angebote: 91 Sessions in drei Tagen, 33 davon im Livestream, dazu zahlreiche Videomeetings zu allen Healthcare-Themen, machen den HSK zu einem Mammutprojekt und den City-Cube Berlin zu einem Sendezentrum, wie Falk H. Miekley, Geschäftsführer der Veranstaltenden WISO Consulting GmbH in seiner Begrüßungsrede sagte.
Dass der Hauptstadtkongress als Hybridveranstaltung durchgeführt werden kann, sei auch ein Symbol dafür, dass es nach der Corona-Pandemie weitergeht. Das sagt Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci in ihrer Begrüßungsrede und verknüpft mit der Erkenntnis, dass es weitergehen kann auch die Hoffnung, dass aus der Pandemie die richtigen Schlüsse gezogen werden. In der Pandemie wurde Stärken aber in erster Linie die Schwachstellen unseres Gesundheitssystems deutlich. Die größte davon: die Personalknappheit.
Grußwort aus Brüssel
In ihrem Grußwort aus Brüssel verteidigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Entscheidung, die Impfstoffe auf europäischer Ebene zu beschaffen. „Ich will mir gar nicht ausmalen, was es bedeutet hätte, wenn sich einige große Mitgliedsstaaten ihre Impfstoffe gesichert hätten, während der Rest, all die kleinen und mittleren Mitgliedsstaaten leer ausgegangen wären“, sagte sie. „Das hätte die europäische Einheit zerrissen.“
Von der Leyen räumte zwar Startschwierigkeiten ein, aber inzwischen sei die europäische Impfkampagne ein voller Erfolg. Im Gegensatz zu anderen Ländern sei die EU außerdem fair gewesen und habe fast so viele Impfdosen für den Export genehmigt, wie sie für EU-Bürger reserviert habe. „Wir könnten am Anfang eines Zeitalters der Pandemien stehen“, sagt von der Leyen und will in einer europäischen Gesundheitsunion EMA-Prozesse beschleunigen, um Medikamente gegen Covid-Erkrankungen schneller zulassen zu können und Medikamente in der EU produzieren, um unabhängig von China und den USA zu sein. Zudem sollen die Behörden der EU besser vernetzt werden: Allein dafür stellt die EU-Kommissionspräsidentin rund 360 Milliarden Euro in Aussicht.
Bundespolitik gibt sich vorsichtig und optimistisch
Um die Versorgung mit Impfstoffen ging es auch Kanzleramtschef Helge Braun. Er plädierte dafür, noch mehr für das Impfen zu werben. „Wir brauchen 80 Prozent Immunisierte, vor allem wenn uns im Herbst wieder der Schutz der Vulnerablen beschäftigt“, sagt Braun und pocht auf das Schließen von Impflücken. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der mit einer Videobotschaft zugeschaltet war, betonte das Positive, dass bisher erreicht wurde: ein erfreuliches Impftempo, immer mehr Impfstoff, vielversprechende Fortschritte bei der Digitalisierung und eine bessere Bezahlung der Pflegeberufe.
Lessons learned nach der Krise: Was sagen die CEOs?
Dafür jetzt mit den Anstrengungen nicht nachzulassen, plädiert Frans van Houten. Der CEO von Philips warnt in einer Diskussionsrunde davor, Entscheidungen ohne die Bürgerinnen und Bürger zu treffen. Das gelte für die Digitalisierung genauso, wie für das Impfen. „Wir müssen uns vorbereiten. Andere Corona-Varianten werden kommen und wir müssen die Leute überzeugen sich impfen zu lassen.“
Dem schließt sich auch Prof. Dr. Jochen Maas an. Der Geschäftsführer Forschung und Entwicklung bei Sanofi-Aventis sagt: „Die Pandemie ist erst beendet, wenn die ganze Welt geimpft ist.“ Die Lektion, die z.B. Pharmahersteller gemacht haben ist: Der Gegner ist nicht die andere Firma, der Gegner ist das Virus. So hätten sich viele Firmen der Pharmabranche gegenseitig mit Zusatzstoffen oder dem Abfüllen von Impfstoffen geholfen, sagt Maas.
Auch auf das Thema Digitalisierung und Datenschutz angesprochen waren sich die CEOs einig: So geht es ihnen darum, Datennutzung von der Chance her zu sehen und nicht von den Problemen ausgehend. „Moderne Gesundheitsversorgung ist in der Gesellschaft angekommen. Healthcare ist die Zukunft, da geht es um Wissen, nicht um Rohstoffe“, sagt Dr. Bernd Montag, Vorstandsvorsitzender von Siemens Healthineers und er hofft, dass die Gesundheit nach der Pandemie nicht nur als Kostenfaktor, sondern als moderner Wirtschaftszweig angesehen wird, mit dem Deutschland punkten kann.
Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl
Mit der Frage, wie es mit der nach der Bundestagswahl und v.a. nach der Pandemie weitergehen soll, beschäftigte sich eine Fragerunde, die aus technischen Gründen ohne Vertreter der Regierungskoalition stattfinden musste. Ausgerechnet das Digitale zog dem Veranstalter und den Teilnehmenden einen Strich durch die Rechnung, dabei war hier natürlich auch die Digitalisierung Thema. So hatten die Oppositionsparteien aus dem Bundestag das Plenum für sich.
Eine schnellere und bessere Datenverbindung, gerade auf dem Land, wünscht sich nicht nur Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Auch Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen macht sich für eine gute Vernetzung und Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger stark. Die Wege dahin sind allerdings unterschiedlich und auch die Finanzierungsideen: Dr. Achim Keßler von der Bundestagsfraktion der Linken ist dafür das Gesundheitssystem durch eine solidarische Bürgerversicherung zu finanzieren, in die alle Bundesbürger einzahlen. Von Seiten der AfD muss eine Finanzierung durch Umschichtungen von Steuergeldern passieren. Detlev Spangenberg, Obmann des Bundestagsausschusses für Gesundheit, sagt, dass man z.B. Geld vom Bundeswehreinsatz in Afghanistan dem Gesundheitswesen zugute hätte kommen lassen können. Das seien immerhin rund 20 Milliarden Euro gewesen.
Standing Ovations zum Abschied
Der Haupstadtkongress hat eine überragende Bedeutung für alle, die im Medizinischen Bereich arbeiten. Er ist ein Ort des Streitens und des Ringens um den richtigen Weg und er war immer ein „Muss-Treffen“ für die Gesundheitspolitik. Diese Worte kommen von den ehemaligen Bundesgesundheitsministerinnen und einem Minister Andrea Fischer , Ulla Schmidt und Hermann Gröhe und waren an die Gründer des HSK gerichtet. Dr. Ingrid Völker und Ulf Fink die aus einem kleinen Krankenhauskongress im laufe der Jahre das Branchentreffe schlechthin gemacht haben. Mehr als 20 Jahre hat das Paar als Kongressleiterin und Kongresspräsident organisiert. „Der HSK ist wie unser Kind, man will, dass es ihm gut geht, und dass es sich gut entwickelt, das war unser Grundgedanke“, sagt Völker zum Abschied. Fink schließt seine kurze Ansprache ebenso knapp mit: „Das war’s, bis bald“.