Pflegekräfte berufslebenslang zum Verbleib in der Pflege zu motivieren, ist hochgesteckt. Der Beruf birgt hohe Belastungen und der Arbeitsalltag ist kraftzehrend. Mit demografieorientierte Personalentwicklungskonzepten kann es gelingen.
Von 45 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten 1,2 Millionen Menschen in der Pflege. Im damit verbundenen Gesundheitswesen sind 5,58 Millionen Menschen beruflich aktiv. Die Tendenz ist steigend und innovative Köpfe sind gefragt. Das Ziel, die Pflegekräfte berufslebenslang zum Verbleib in der Pflege zu motivieren, ist hochgesteckt. Denn der Beruf bringt starke körperliche und psychische Belastungen ebenso wie einen kräftezehrenden Arbeitsalltag mit sich. Demografieorientierte Personalentwicklungskonzepte setzen sich mit den beruflich verbundenen Lebensphasen auseinander und arbeiten an Lösungskonzepten. Wer in der Personalentwicklung diesen Weg einschlägt, hat den Paradigmenwechsel zu einem Management der Personalressourcen in seiner Einrichtung eingeleitet. Diese wegweisenden Schritte, gelten als Modell und sollen Herausforderungen im Pflegealltag überwinden. Das Konzept Lebensphasengerechtes Arbeiten ist nicht neu und wurde bereits auf dem Pflegekongress in Karlsruhe vor zehn Jahren vorgestellt. Bis heute wurde es allerdings nur punktuell umgesetzt und kann daher als Modell dabei helfen, die Hürden im Pflegealltag zu überwinden, die für einen frühzeitigen Ausstieg aus dem Beruf sorgen.
Lebensarbeitszeit richtig einteilen
Die vollständige Lebensarbeitszeit wird in dem Modell in fünf Dekaden eingeteilt. Ziel ist es dabei, dem Mitarbeiter in der jeweiligen Phase seines beruflichen Lebens gerecht zu werden und sichtbar zu machen, welche Apsekte des Berufsalltages für die einzelne Pflegekraft in welcher Lebensarbeitsphase relevant sind. Die Einteilung erfolgt in folgende fünf Abschnitte:
- Die Phase 17+ dreht sich um Ausbildung und Weiterbildung.
- In der Phase 27+ werden die Etablierung von Karriere und Familie beschrieben.
- Die Phase 37+ umfasst die Konsolidierung und Neuorientierung.
- Die Phase 47+ rückt die Erfahrungsphase in den Mittelpunkt.
- Die Phase 57+ wird mit Zielerreichung und Überleitung beschrieben.
In jeder dieser Phasen werden physische und psychische Herausforderungen gesondert betrachtet, um darauf reagieren zu können. Ebenso im Fokus stehen die geänderten Altersstrukturen. Die gesunde und nachhaltig motivierende Arbeitsleistung kann so erhalten, gefördert und aktiv unterstützt werden. So entwickelte Lösungen für lebensphasengerechtes Arbeiten, sind mitarbeiterorientiert ausgelegt. Folgende Beispiele zeigen, wie und in welchen Einrichtungen ein solches Modell in die Praxis umgesetzt wird:
Die Pflege für die Pflegenden – empCare stellt die Empathie für die eigenen psychosozialen Belastungen der Pflegekräfte in den Raum. Mit Hilfe des Konzeptes wird die Selbstwahrnehmung so gestärkt, dass Handlungsstrategien entwickelt werden können, um einer Überlastung vorzubeugen. Anwendung findet das Modell z.B. an den Universitätskliniken Bonn und Köln. Ähnlich funktioniert das 5-Säulen-Aktiv-Programm, bei dem in den Agaplesion Frankfurter Diakonie Kliniken Entlastungskonzepte Anwendung finden.
Unter der Abkürzung BECI verbergen sich Angebote, die die Berufszufriedenheit und Entwicklungschancen in der Pflege am Universitätsklinikum Regensburg stärken sollen. IMPULSe für die Führung von morgen soll es am St. Christoph Krankenhaus Werne jungen Nachwuchskräften ermöglichen, ein Jahr auf Probe Erfahrungen in Leitungsfunktionen zu sammeln.
Präventive, therapeutische, rehabilitative und nachhal-tige Individualmaßnahmen werden mit dem Projekt Fit for Work and Life an der Medizinische Hochschule Hannover angeboten. Der Austausch über die Thematik altersgerechte Arbeitsbedingungen greift in vielen Häusern, auch im Diakonissenkrankenhaus Flensburg. Am Evangelischen Krankenhaus Zweibrücken wurden z.B. Konzepte zur strategischen Personalplanung umgesetzt, die sich sowohl mit der Altersstrukturanalyse auseinandersetzten als auch ein Arbeitsbewältigungs-Coaching für die Mitarbeiter einbeziehen. Belastungen werden offen erörtert und das Streben nach verbesserten Arbeitsbedingungen aus Sicht der Führung werden diskutiert.
Als bundesweit einmaliges Projekt gilt Lebensphasengerechte Arbeiten im Pflegedienst – LAP, das im Städtischen Klinikum Karlsruhe seit 2010 als Pilotprojekt durchgeführt wird. Kerngedanken sind Verbesserung und Erhalt der Arbeitsfähigkeit als Voraussetzung für ein berufslebenslanges Arbeiten im Pflegedienst sowie die Anhebung der Attraktivität der Pflegeberufe. Schaukeldienste werden nur auf Wunsch durchgeführt, die Anzahl der Kernarbeitsplätze hat zugenommen und der Austausch des Personals läuft mit wachem Verstand, so dass auf die Arbeitsbedingungen durch Umbesetzung reagiert wird. Es gibt Stationspartnerschaften mit denen sich die Mitarbeiter unterstützen und ein Mitspracherecht erleben, das zufrieden stimmt. Das Team gewinnt so an Motivation und wird qualifikationsgerecht eingesetzt.
All diese Projekte zeigen, dass der Gedanke, die Ressource Mensch erhalten zu müsen, in vielen Führungsetagen Fuß gefasst hat. Einrichtungen, die wie die oben genannten Best-Practicer vom Modell des „lebensphasengerechten Arbeitens“ profitieren möchten, empfiehlt es sich im Personalmanagement den Fokus u.a. auf folgende Bereiche zu legen:
- die Verbindung zum familiären Leben (z.B. angepasste Arbeitszeitmodelle, Angebote zur Kinderbetreuung),
- Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements, die zur Entlastung für die Angestellten beitragen,
- den salutogenetischen Ansatz im politischen Kontext, bei dem die professionelle Pflegeleistung im Mittelpunkt steht,
- die positive Anpassung der Verdienste,
- die Stützung der Professionalität sowie
- eine lebendige und aktive Mitgestaltung der zukünf-tigen Pflegelandschaft im Sinne der Pflegekräfte.