Gemeinschaftsprojekt der Paracelsus-Kliniken und der „Was hab‘ ich?“ GmbH Laienverständlicher Arztbrief für Patienten

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Patientenkommunikation

Beim Patienten bleibt nach dem Arztbesuch häufig das Gefühl zurück, nicht zu wissen, was man eigentlich hat und welche Behandlung der Arzt vorgeschlagen hat. Die Paracelsus-Kliniken haben gemeinsam mit der „Was hab‘ ich?“ gGmbH ein Projekt gestartet, das die Patientenkompetenz durch einen übersetzten Patientenbrief stärken soll.

Das Pilotprojekt der Paracelsus-Kliniken und der „Was hab‘ ich?“ GmbH soll die Patientenkompetenz durch den übersetzen Arztbrief stärken (v.l.n.r.): Dr. Carsten Eberle (Chefarzt innere Medizin an den Paracelsus-Kliniken in Bad Ems), Dr. med. Manfred Georg Krukemeyer (Vorsitzender der Gesellschafterversammlung bei den Paracelsus-Kliniken), Karl-Josef Laumann (Staatssekretär und Patientenbeauftragter und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung) und Ansgar Jonietz (Geschäftsführer der „Was hab‘ ich?“ gGmbH). – © Paracelsus-Kliniken

Die wenigsten Patienten können laut Paracelsus-Kliniken nach dem Arztbesuch detailliert wiedergeben, was der behandelnde Arzt als Diagnose und Therapievorschlag mitgeteilt hat. Patienten würden bis zu 80 Prozent der Informationen vergessen, die ihnen der Arzt übermittelt hat, sobald sie das Behandlungszimmer verlassen (Kessels 2003, Patients‘ memory für medical information). Nun erhalten die Patienten der Paracelsus-Klinik in Bad Ems erstmals eine individuelle, schriftliche Erläuterung ihres Entlassungsbriefes in leicht verständlicher Sprache.

Kostenloses Angebot für Patienten

„Die Verständnisschwierigkeiten von medizinischen Erläuterungen sind unabhängig von Bildung, Alter und Geschlecht“, betont Ansgar Jonietz, Geschäftsführer der „Was hab‘ ich?“ gGmbH. In seiner gemeinnützigen Firma haben seit 2011 eine Vielzahl von Medizinstudierenden und Ärzten mehr als 25.000 Arztbriefe übersetzt – ehrenamtlich und für die Patienten kostenlos.

Was damals als Studentenidee begann, ist heute ein virtuelles Wartezimmer, das praktisch nie leer ist. Menschen aus ganz Deutschland schicken ihre Arztbriefe an die Internetadresse washabich.de und bekommen binnen weniger Tage eine detaillierte Übersetzung in einer für Laien verständlichen Sprache.

Gesundheitskompetenz stärken

„Als Arzt weiß ich, wie wichtig es ist, ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinen Patienten zu haben“, betont Dr. Manfred Georg Krukemeyer, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung bei den Paracelsus-Kliniken. „Der mündige Patient muss seine Erkrankung verstehen, um sich gemeinsam mit dem Arzt für eine bestimmte Therapie entscheiden zu können. Als Grundlage für seine Gesundheitskompetenz benötigt er individuelle und leicht verständliche Gesundheitsinformationen.“

Weil Dr. Krukemeyer von diesen Grundsätzen überzeugt ist, hat er mit seinem Krankenhauskonzern ein nach Angaben der Paracelsus-Kliniken deutschlandweit einmaliges Pilotprojekt initiiert: Jeder Patient der inneren Abteilung in der Klinik aus Bad Ems bekommt den vorläufigen Arztbrief, der nach dem stationären Aufenthalt an den weiterbehandelnden niedergelassenen Arzt geht, als übersetzten Patientenbrief nach Hause geschickt. Die Arztbriefe übersetzen Mitarbeiter von „Was hab‘ ich?“, von dort wird der Brief zu den Patienten nach Hause versandt. Die gesamten Kosten trägt die Klinik.

Unterstützung für das Pilotprojekt vom Bundesministerium für Gesundheit

Dieses Gemeinschaftsprojekt wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) über den Zeitraum von 21 Monaten gefördert. „Nur Patienten, die Ihren Befund verstehen, können ihre Krankheit überhaupt verstehen und besser akzeptieren. Und ganz wichtig: Nur informierte Patienten können sich mit Hilfe unabhängiger, evidenzbasierter Informationen auch für eine für sie richtige Therapie entscheiden. Das hilft zudem, überflüssige Behandlungen zu vermeiden. „Was hab‘ ich?“ ist in diesem Zusammenhang ein tolles, zukunftsweisendes Projekt für eine erfolgreiche Behandlung“, lobt Staatssekretär Karl-Josef Laumann, Patientenbeauftragter und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, das Pilotprojekt der Paracelsus-Kliniken. Er unterstützt das gemeinnützige Unternehmen aus Dresden ausdrücklich.

„Dieses Projekt hat viele Facetten“, betont Dr. Holger-Carsten Eberle, Chefarzt innere Medizin an den Paracelsus-Kliniken in Bad Ems. „Es verändert die Art, wie Patienten mit ihren Ärzten reden. Der Dialog wird automatisch partnerschaftlicher. Deshalb haben wir auch vor Projektstart unsere niedergelassenen Kollegen mit einem Brief über unser Vorhaben informiert. Denn diese kommen nach dem Krankenhausaufenthalt als erstes in der Behandlungskette wieder in Kontakt mit einem aufgeklärten Patienten.“ Seit Projektstart im November haben laut Paracelsus-Kliniken bereits 40 Patienten den kostenlosen Service genutzt.

Lange Vorlaufzeit für das Gemeinschaftsprojekt

„Wir glauben, dass der Patientenbrief ein wichtiger Schritt zu einer besseren Arzt-Patienten-Kommunikation ist. Nach den intensiven Vorarbeiten – u.a. mussten einige datenschutzrechtlichen Fragen geklärt und eine geeignete Software entwickelt werden – freuen wir uns nun sehr, den Patienten endlich konkret beim Verstehen ihrer Erkrankungen, den durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen helfen zu können“, beschreibt Jonietz den Prozess. Die Sicherheit der übermittelten Daten hatte nach Angaben der Kliniken dabei höchste Priorität. Insgesamt habe der Vorlauf annähernd drei Jahre gebraucht.

„Das Arzt-Patienten-Verhältnis hat sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Patienteninformation und -kompetenz werden dabei in einem zunehmend komplexer werdenden Gesundheitswesen immer wichtiger“, findet Ministerialrätin  Bettina Godschalk, Referatsleiterin 317 Gesundheitsrecht, Patientenrechte im Bundesministerium für Gesundheit. „Mit dem Patientenrechtegesetz haben wir 2013 wichtige Impulse gesetzt. Die Umsetzung von Informationspflichten in die Praxis ist ein spannendes Projekt!“ Daher fördert das Gesundheitsministerium das Projekt auch als Forschungsvorhaben bis Ende 2016.

Geplant ist zunächst eine Laufzeit von einem Jahr. „Danach wollen wir Resümee ziehen und schauen, wie wir weitermachen. Über das Ob redet eigentlich keiner“, zeigt sich Dr. Krukemeyer optimistisch.