Um das Bewusstsein der Krankenhausführung für Recruitingthemen zu schärfen, betreibt Dr. Lars Holldorf einen Podcast. Im HCM-Interview erklärt er, wie alles begann und worauf sich Hörer 2020 freuen dürfen.

Um das Bewusstsein der Krankenhausführung für Recruitingthemen zu schärfen, betreibt Dr. Lars Holldorf den Podcast „Faktor Personal in Krankenhaus & Altenpflege“ . HCM wird als Koopertionspartner künftig regemäßig über neue Folgen informieren und damit die Mission von Dr. Holldorf unterstützen, dass Personalarbeit auf der Ebene der Geschäftsleitung mehr an Bedeutung gewinnt.
Herr Holldorf, trotz Fachkräftemangel schöpfen viele Arbeitgeber im Gesundheitswesen das vorhandene Bewerberpotenzial noch nicht aus. Warum?
Ich ordne es so ein, dass viele Arbeitgeber einfach unter ihren Möglichkeiten bleiben. Es gibt wenige Arbeitgeber, die schon zeitgemäß rekrutieren, aber der Großteil hängt Industrie und Mittelstand doch schon recht weit hinterher.
Aus meiner Sicht ist es v.a. ein Mindset-Problem und mangelndes Wissen um die Möglichkeiten. Häufig ist die Personalleitung fokussiert auf Abrechnung und Verwaltung, stammt noch aus einer Zeit mit deutlichem Bewerberüberhang oder hängt der Illusion nach, dass es eine Ehre sei, für den Arbeitgeber tätig zu werden. Häufig fehlt auch das „neue“ Methodenwissen. Sicherlich ist das ganz gut erlernbar und ich leiste mit meinen Trainings dazu auch einen Beitrag, aber gerade viele junge Personaler dringen mit ihren richtigen und zielführenden Ideen weder bei der Personalleitung noch bei der Geschäftsleitung durch.
Zeitgemäße Rekrutierung und digitales Bewerbermanagement benötigen zunächst ein gewisses Investment zum Start. Das ist so, aber wer sich genauer damit beschäftigt, wird schnell erkennen, dass sich das durch mehr und schneller besetzte Stellen und damit weniger Rekrutierungskosten und weniger Zeitarbeit schnell amortisiert.
Doch in der Praxis beobachte ich, dass das Thema Personal und Rekrutierung von ganz oben immer noch als „Gedöns“ empfunden wird, auch wenn das offen keiner so ausspricht.
Was sind die brennendsten Probleme bei der Personalsuche?
Das Grundproblem ist, dass es zu wenige Fachkräfte gibt. Einfacher haben es diejenigen Unternehmen, die hier besser als die Branche sind und besser als andere konkurrierende Branchen (z.B. beim Werben um Azubis).
Leider ist der gesamte Bewerbungsprozess noch zu langsam, weil er überwiegend manuell abläuft (Outlook, Excel etc.). Häufig werden weiterhin unreflektiert teure Suchkanäle genutzt und die effizienten digitalen Wege noch weitgehend vernachlässigt. Gerade bei diesem Punkt bin ich in Workshops immer wieder erstaunt, weil auch Verbünde mit mehr als 10.000 Mitarbeitern noch wie kleine Mittelständler agieren. Zudem fällt auf, dass der Fokus derzeit ganz unausgewogen auf den aktiv suchenden Bewerbern liegt und wenn überhaupt nur homöopathisch auf dem passiven Bewerbermarkt. In Zeiten von Vollbeschäftigung ist das nicht sehr sinnvoll.
Rekrutierung und Personalsuche sind aber nicht alles. Studien zeigen, dass der Start im Unternehmen, auch als Onboarding bezeichnet, fast noch wichtiger ist. Und leider haben die wenigsten Unternehmen im Gesundheitswesen hier bislang weder ein Konzept noch eine Strategie.
Welche Maßnahmen können Healthcare-Einrichtungen hier ergreifen?
Ausgangspunkt sollte die Bereitschaft sein, wirklich neue Wege zu gehen. Das sollte idealerweise sowohl von der Personalleitung als auch von der Geschäftsleitung geteilt werden und zwar nicht nur als Lippenbekenntnis.
Wenn das gegeben ist, gilt es, das entsprechende Know-how aufzubauen. Meine Erfahrung zeigt dabei, dass der Besuch eines Seminars dabei allerdings nicht zielführend ist, weil es am Ende auch im Unternehmen umgesetzt werden muss. Eine Agenturbeauftragung ist ebenfalls nicht sinnvoll, weil dann nur begrenzt Know-how ins Unternehmen kommt. Meine Kunden profitieren am stärksten von sechs- und zwölfmonatigen Umsetzungsprogrammen, bei denen sie von mir als Coach und Sparringspartner bei der Umsetzung begleitet werden. Das erfolgt dann übrigens auch zeitgemäß per Online- bzw. Video-Zusammenarbeit. Damit kommt die Umsetzung wirklich in Gang.
Ein Podcast für den Faktor Personal in Krankenhaus & Altenpflege – warum haben Sie sich für das Format Podcast entschieden, um diese Themen zu transportieren?
Die Kernzielgruppe des Podcasts sind Führungskräfte in der Geschäftsleitung, weil diese am Ende über die Budgets entscheiden. Der Podcast hat als Medium eine stark steigende Reichweite und Penetration in dieser Alterszielgruppe, insbesondere bei höherem Bildungsniveau und Haushaltseinkommen. Nur wenn ganz oben die Einsicht einsetzt, dass sich Investitionen in Personlarbeit auch finanziell ganz klar auszahlen, kommt es zu Veränderungen.
Vor einigen Wochen hatte ich einen Telefontermin mit einem Krankenhausvorstand. Bevor wir zum eigentlichen Thema kamen, hat er mir begeistert berichtet, dass er meinen Podcast regelmäßig im Auto höre und sogar inhaltlich über zwei Folgen diskutiert. Genau das ist das Ziel. So können dann auch intern die Gespräche zwischen Geschäftsleitung und Personalleitung noch fruchtbarer verlaufen.
Seit wann gibt es den Podcast und wie viele Folgen haben Sie bereits umgesetzt?
Der Podcast ist am 4. Oktober 2019 gestartet. Zum Zeitpunkt dieses Interviews gibt es 22 Folgen. Ich plane, circa zwei Folgen pro Monat zu veröffentlichen.
Welche Themen haben Sie schon umgesetzt?
Auch wenn alles unter dem Thema Personal läuft, sind die Themen doch recht vielfältig. Im Kern ziehen die meisten Folgen darauf ab, konkrete Maßnahmen vorzustellen, die auch im Gesundheitswesen sinnvoll sind und sich nach kurzer Zeit von selbst refinanzieren und dann sogar monatlich einen positiven Ergebnisbeitrag liefern. Als Beispiel seien hier die Automatisierung des Bewerbungsprozesses, Onboarding und auch Auslandsrekrutierung genannt. Es gibt aber auch mal ein exotisches Thema wie z.B. den Umgang mit suchtmittelabhängigen Mitarbeitern.
Wie geht´s weiter? Auf welche Themen dürfen wir uns in den kommenden Monaten freuen?
Generell gibt es weiterhin eine Mischung aus eigenen Themen, die ich selbst beisteuere und Experteninterviews. In Kürze erscheint eine Folge zum Thema Krisenkommunikation. Und einer der erfolgreichsten Personalvordenker Deutschlands, Prof. Dr. Gunther Olesch, zeigt anhand seiner Kennzahlen auf, warum sich Investitionen in die Mitarbeitergesundheit für Arbeitgeber auszahlen.
Übrigens lade ich die Hörer auch ganz ausdrücklich dazu ein, selbst Themen- oder Referentenvorschläge zu machen. Wenn also jemand aus Ihrer Leserschaft ein bestimmtes Wunschthema hat, freue ich mich sehr auf weitere Vorschläge. Dazu gibt es ein Formular, das man anonym ausfüllen kann.
Den Podcast gibt es auf allen gängigen Podcast-Apps Spotify , Apple Podcasts , Google Podcasts , Podcast.de , Deezer und Libsyn , zu finden auch unter dem Suchbegriff „Faktor Personal“. Zudem ist der Podcast aktuell auch testweise als eigener YouTube-Kanal verfügbar.