Personalgewinnung Kreativ den Nachwuchs locken

Werbewirksame Strategien oder nachhaltige Qualitätsoffensiven – worauf setzen Altenhilfeeinrichtungen im Wettbewerb um Auszubildende und Fachkräfte? HCM fragte nach. Kreativ den Nachwuchs lockenAn vielen Standorten Deutschlands werden Pflegekräfte schon heute händeringend gesucht. Mit der stetig wachsenden Zahl von Pflegebedürftigen im Zuge des demografischen Wandels wird sich die Situation weiter verschärfen. Altenpflege zählt nicht gerade zu den Traumjobs, die Anforderungen sind hoch, die Löhne vergleichsweise niedrig. Was also tun, um junge Menschen dennoch für den Altenpflegeberuf zu gewinnen? Im Wettbewerb um den raren Nachwuchs müssen Pflegeeinrichtungen die Werbetrommel für sich rühren. Es gilt, nicht nur den Pflegeberuf ins rechte Licht zu rücken, sondern sich auch als Ausbildungsbetrieb und Arbeitgeber interessant zu machen. Nur wer mehr bietet als andere, hat die Nase vorn. Mit dem ungewöhnlichen Angebot „Schnupperpraktikum und Städtereisen“ gehen die bundesweit mit 50 Einrichtungen vertretenen Alloheim Senioren-Residenzen in die Offensive. „Die Idee von Erlebnispraktika soll neue Horizonte erschließen und bei der Berufswahl helfen“, erläutert Thomas Kupczik, Geschäftsführer der Alloheim Senioren-Residenzen GmbH mit Hauptsitz in Düsseldorf. Die Offerte klingt verlockend: Interessenten können in einer Einrichtung ihrer Wahl ein einwöchiges Praktikum mit freier Kost und Logis machen und dabei gleichzeitig neue Städte kennenlernen. „Wer also zum Beispiel in Bayern wohnt und schon immer einmal Berlin erkunden wollte, kann sich bei einer unserer neuen Residenzen in der Hauptstadt für ein Praktikum bewerben“, erläutert Kupczik. „Wer an mehr als ans Surfen denkt, ist in Grömitz an der Ostsee herzlich willkommen, und Kulturbegeisterten stehen gleich zwei Einrichtungen in Dresden für ein Praktikum zur Verfügung.“ Erfolgreiche Praktikanten erhalten die Option auf einen Ausbildungsplatz. Das außergewöhnliche Praktikumskonzept ist ein Ergebnis eines Innovationswettbewerbs, bei dem die Alloheim Senioren-Residenzen rund 6.000 Vorschläge gesammelt hatten. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen, wie man Abläufe in der Altenpflege verbessern und junge Menschen für den Pflegeberuf begeistern könne. Gleich mehrfach zeichnete sich bei den eingereichten Ideen der Wunsch ab, mehr über die Abläufe in einem Altenheim zu erfahren. „Besonders zukünftige Schulabgänger gaben an, dass sie im Grunde keinerlei Ahnung über die konkreten Abläufe, das Management und die unterschiedlichen Berufsbilder in einem Alten- und Pflegeheim haben. Wegen ihrer Unkenntnis scheuen viele, diesen Bereich in die engere Berufswahl mit einzubeziehen.“ Das Praktikumskonzept soll dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Wie versuchen andere Pflegeeinrichtungen Nachwuchs zu werben? Auf welche aufmerksamkeitsstarken Strategien setzen sie? HCM fragte nach. Phönix Seniorenzentren, MannheimMit „Pfleg mich“ startete Phönix Seniorenzentren Beteiligungsgesellschaft mbH im März 2012 eine Initiative für die Pflege. Die Botschaft: Pflege ist mehr als nur Hintern abwischen, sondern bringt Freude und spannende Begegnungen mit Menschen, die auf ein erlebnisreiches Leben zurückblicken. Wer in der Pflege arbeitet, benötigt Einfühlungsvermögen, Geduld, Hingabe und Intelligenz. Die Kampagne soll den Pflegeberuf vom Image des „niederen Jobs“ befreien und mit Vorurteilen und Irrtümern aufräumen. Pflege ist eine anspruchsvolle Arbeit, die zunehmend betriebswirtschaftliches Know-how verlangt. Kostenlose Poster, Buttons, Aufkleber und Informationsmaterial über die Karriere in der Pflege sollen die Aufklärungsarbeit unterstützen. Beim Online-„Pfleg-mich!“-Gewinnspiel gab es zudem einen iPod und viele Wertgutscheine zu gewinnen. Phönix beschäftigt rund 4.200 Mitarbeiter in 48 Einrichtungen. Mit Road-shows in Schulen und auf Messen stellt sich die Gruppe als Ausbilder und Arbeitgeber vor. Am bundesweiten Girls’/Boys’ Day öffnen die Pflegeeinrichtungen ihre Pforten für Schüler, die in den Beruf hineinschnuppern möchten. In strukturschwachen ostdeutschen Gebieten wird der Nachwuchs mit „Begrüßungsgeldern“ gelockt. Ansonsten wirbt Phönix mit umfassenden und kostenlosen Aus- und Fortbildungskonzepten, einer betrieblichen Altersvorsorge, unbefristeten Verträgen und attraktiven Aufstiegsmöglichkeiten. Vom Verwaltungsangestellten zum Einrichtungsleiter - Karrieren dieser Art sind durch interne und externe Fortbildungen möglich. „Rund 30 Prozent unserer Führungskräfte akquirieren wir aus den eigenen Reihen“, betont Nga Do-Thi, Leiterin Marketing. Eine interne Ausbildungsoffensive sieht vor, pro Jahr eine Pflegeassistentin zur Fachkraft auszubilden, und zwar bei fortlaufendem Gehalt. Auch Absolventen des dreijährigen dualen Studienganges „Gesundheitsmanagement“ zahlt Phönix von Anfang an ein angemessenes Salär. Mit Großzügigkeit punktet die Unternehmensgruppe auch bei Mitarbeiterjubiläen: Langjährige Kräfte werden für ihre Treue mit bis zu 3.000 Euro belohnt. Caritas Altenhilfe, Berlin„Als katholischer Träger verfolgen wir keine aggressiven Anwerbungs- oder auch Abwerbungsmethoden“, sagt Claudia Appelt, Pressesprecherin und Bereichsleiterin Marketing. „Was die Gewinnung von Pflegepersonal angeht, so bedienen wir uns eher klassischer Methoden.“ Praktika, Hospitationen und das freiwillige soziale Jahr (FSJ) sind Möglichkeiten, in den Pflegeberuf hineinzuschnuppern. Bewerber- und Informationstage sowie die Präsentation auf Job- und Ausbildungsmessen dienen der Aufklärung. Darüber hinaus setzt die Caritas Altenhilfe gGmbH auf Kooperation mit den Schulträgern. Das Bewerbungsprozedere wurde mit einem Onlineformular für eine Schnellbewerbung vereinfacht. „Bewerber können so erst einmal Interesse bekunden, werden zurückgerufen und im Gespräch wird Weiteres vereinbart.“ Der Bewerber muss keine aufwändigen Bewerbungsunterlagen mehr erstellen, ohne zu wissen, ob man überhaupt zueinander passt. Auch intern hat der Träger, der mit 2.000 Mitarbeitern an 55 Einrichtungsstandorten aktiv ist, seine Bewerbervermittlungsprozesse professionalisiert. Schnelle Bearbeitung und zeitnaher Kontakt sollen dem Bewerber Wertschätzung vermitteln. Derzeit bildet die Caritas Altenhilfe 73 Pflegeauszubildende aus. Damit liegt die Quote über dem Durchschnitt (in Berlin 5,7 von 4,1). Die Ausbildungsvergütung wird nach dem Kirchentarifwerk AVR gezahlt. Die Übernahmequote von Auszubildenden steigt. „Statt auf kurzsichtige Incentive-Maßnahmen setzen wir eher darauf, Mitarbeitern zu ermöglichen, ihren Beruf lange ausüben zu können“, betont Appelt. „Wenn jeder Mitarbeiter nur ein Jahr länger in seinem Beruf tätig sein könnte, hätten wir keinen Personalmangel.“ Mit verschiedenen Maßnahmen versucht der Träger, den Druck, dem Pflegemitarbeiter durch die gesetzten Rahmenbedingungen ausgesetzt sind, zu mindern. Verschlankte Pflegedokumentation und der Abbau von unnötiger Bürokratie sollen für Entlastung sorgen. „Die hohen Qualitätsanforderungen haben branchenweit dazu geführt, dass inzwischen rund 25 Prozent der Arbeitszeit für administrative Pflichten und Dokumentationsarbeiten aufgewendet werden müssen“, erläutert die Pressesprecherin die Hintergründe. Das Projekt zur Gewaltprävention (wir berichteten in der HCM , 11/2011, S. 24 ff.) ist eine weitere Maßnahme für mehr Berufszufriedenheit. Da die Caritas Altenhilfe stationäre, aber auch ambulante Pflegedienste bietet, können Mitarbeiter zwischen diesen Aufgabenfeldern wechseln. „Wenn jemand z.B. für die Pflege körperlich nicht mehr in der Lage ist, kann dessen fachliche Kompetenz auch am Telefon unserer Pflegerufzentrale gute Dienste leisten.“ Die Caritas Altenhilfe hat sich gegen Leiharbeit entschieden und bezahlt alle Pflegekräfte nach AVR-Tarif, der im Branchenvergleich über dem Durchschnitt liegt. Die Weiterentwicklung der Mitarbeiter wird durch Freistellungen und Kostenbeteiligungen gefördert. Kursana Residenzen, Dussmann-Gruppe, Berlin„Von guten Feen, fleißigen Bienen und anderen außergewöhnlichen Helfern“: Mit einem humorvollen Ausflug in die Welt der Phantasiegestalten hat Kursana Residenzen GmbH die diesjährigen Besucher der Fachmesse „Altenpflege“ angelockt. Die konnten sich mithilfe passender Accessoires in Pflegehelden, Pflegefeen, Pflegebienen und Nachschichteulen verwandeln. Das eigene Bild wurde gleich vor Ort auf einer individuellen Postkarte zum Mitnehmen fertig gestellt. Das Leitmotiv der Karten dokumentiert die zahlreichen Aufgaben der Pflegekräfte im Pflegealltag und stellt die täglichen Höchstleistungen der Mitarbeiter heraus. „Damit Pflegekräfte ihre verschiedenen Rollen als professionelle Helfer, tatkräftige Lebensretter und geduldige Zuhörer meistern können, erhalten sie von Kursana eine gute Basis und tatkräftige Unterstützung“, berichtet Michaela Mehls, Pressesprecherin der Dussmann-Gruppe. Von Schülerpraktika bis zum FSJ gibt es einige Möglichkeiten für junge Leute, um herauszufinden, ob der Altenpflegeberuf in einer der 116 Kursana-Einrichtungen das Richtige sein könnte. Der private Dienstleister ist in Deutschland, Italien, Österreich, der Schweiz und Estland vertreten. Interessenten mit akademischem Abschluss, die Führungsverantwortung in einem der Pflegeheime übernehmen möchten, sind im Kursana-Traineeprogramm gut aufgehoben. Eine Ausbildung zur Heimleitung gelingt in 18 Monaten. Ein Trainee wird in der Berliner Zentrale sowie an verschiedenen Kursana Standorten intensiv auf die Tätigkeit als Direktor vorbereitet und durch begleitende Seminare weiterqualifiziert. Trainees werden ins Tagesgeschäft eingebunden und lernen zahlreiche Aufgaben verantwortlich wahrzunehmen. Als erfolgreiches Instrument zur Bindung und Findung von Nachwuchskräften hat sich auch der jährliche zweitätige Azubi-Workshop in Berlin bewährt. Alle neuen Auszubildenden lernen sich kennen, aber auch ihren zukünftigen Beruf und Arbeitgeber. Neben Fachvorträgen zu pflegerischen Themen und Erfahrungsberichten langjähriger Kursana-Mitarbeiter werden die Auszubildenden selbst aktiv. In drei verschiedenen Workshops mit den Schwerpunkten „Essen und Trinken“, „Aktivierung von Körper, Geist und Seele“ sowie „Hindernisse überwinden“ erlangen sie zusätzlich Praxiserfahrung. „Mund-zu-Mund-Propaganda sorgt dafür, dass auch potenzielle Bewerber von diesem besonderen Start in Azubi-Leben bei Kursana erfahren“, berichtet Mehls. GDA, Gemeinschaft Deutsche Altenhilfe, Hannover„Unsere Strategie, dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist, selbst auszubilden“, betont Georg Nicolay, Geschäftsführer operativer Geschäftsbereich der GDA GmbH. Das Unternehmen setzt dabei auf Information und Aufklärung zu vermeintlich „unattraktiven“ Ausbildungsberufen im Bereich Pflege oder Hauswirtschaft. Die GDA zeigt Präsenz auf Fachmessen sowie lokalen und regionalen Jobmessen in Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, um sich als regionale Arbeitgebermarke zu etablieren. Aktive Partnerschaften zu den Schulen werden gepflegt, Schnupper- und Informationstage, Praktika, FSJ oder Bundesfreiwilligendienst ermöglicht. Die Ausbildung punktet mit attraktiven Highlights: So wird einmal jährlich der Wettbewerb „Bester Auszubildender der GDA“ veranstaltet. Der Gewinner erhält für ein Jahr einen Dienstwagen VW UP! zur freien Verfügung. Ebenfalls einmal jährlich lädt die GDA zum „Auszubildendentag“: Zwei Tage verbringen die derzeit 94 Auszubildenden auf einer Burg. Im Mittelpunkt stehen Teamevents und -arbeit, die das Miteinander und die persönliche Zufriedenheit fördern. Alle Auszubildenden bekommen ein kostenfreies Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr spendiert, ein kostenloses Mittagessen und haben gute Übernahme-, Entwicklungs- und Aufstiegschancen. Fortbildungs- und Qualifizierungsangebote sind ein wichtiges Argument, auch um ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. In diesem Jahr können die GDA-Mitarbeiter 136 zentral organisierte Fortbildungen nutzen. Maßnahmen, die die einzelnen Häuser selbst organisierten, kommen hinzu. Fortbildungszeit wird als Dienstzeit angerechnet. „Es spricht sich herum, wenn ein Arbeitgeber gute Bedingungen bietet“, stellt Nicolay fest. „Unsere Einrichtungen erhalten besonders gute und viele Bewerbungen. Wir können offene Stellen schneller und mit besserem Personal besetzen.“ Als Mitgliedsunternehmen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands gestalte die GDA die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mit: „Wir setzen uns in den Verbandsgremien und anderen relevanten Gremien dafür ein, dass die Rahmenbedingungen von Auszubildenden im Bereich der Altenpflege tragfähig gestaltet und refinanziert werden. Ein wichtiger Ansatz ist aus unserer Sicht ein Mentoring für Auszubildende mit einer Refinanzierung analog zum Krankenhausbereich. Wir setzen uns für den Erhalt der Altenpflegeausbildung ein und widersprechen der Einführung einer generalistischen Krankenpflegeausbildung.“

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