Gesundheitspolitik Krankenhauspflegeentlastungsgesetz verabschiedet

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Krankenhausgesetzgebung

Die Bundesregierung will mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz die Pflege im Krankenhaus stärken. Qualität und medizinische Aspekte im Gesundheitswesen sollen wieder in den Vordergrund rücken. Was sagen Krankenhausgesellschaften und Verbände?

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Mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz will die Bundesregierung die Pflege im Krankenhaus stärken. – © MQ-Illustrations (stock.adobe.com)

Nach einer Reihe von Anpassungen, wie z.B. Einführung eines Pflegepersonalbedarfsbemessungsinstrumentes, kann mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz in den kommenden Jahren eine positive Entwicklung in der Pflege eingeleitet werden. Dennoch bleiben zentrale Kritikpunkte. So darf es keinesfalls eine Pflege nach Kassenlage geben. Pflege kann sich nur nach dem Pflegebedarf der Patientinnen und Patienten richten. Das Vetorecht des Finanzministers konterkariert die Zielsetzung und das politische Versprechen, dass mit den Pflegebudgets verbunden war, nämlich die vollständige Refinanzierung der Pflege am Bett, erklärte Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG.

„Keine Bundesregierung wird es sich zukünftig leisten können einen objektiv gemessenen Personalbedarf in der Pflege zu ignorieren.“

Dr. Gerald Gaß

Ausdrücklich positiv bewertet die DKG die Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums, den Pflegeentgeltwert ab dem 1. Januar 2023 auf 230 Euro anzuheben und damit eine angemessene Refinanzierung der Pflegepersonalkosten für die Krankenhäuser bereitzustellen, die noch kein vereinbartes Pflegebudget haben.

DKG: Hybrid-DRGs und tagesklinische Behandlung sind Paradigmenwechsel

In dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz werde nun versucht, Einzelaspekte des Koalitionsvertrages umzusetzen, die vernünftigerweise im großen Finanzierungsreformvorhaben integriert sein sollten. Die Einführung von Hybrid-DRGs und tagesklinischer Behandlung seien echte Paradigmenwechsel, betonte Gaß.

Die Stärkung von Pädiatrie und Geburtshilfe ist auf jeden Fall richtig. Problematisch ist aber, dass die vorgesehenen 400 Millionen Euro, die die Krankenhäuser zusätzlich bekommen sollen, den Kliniken an anderer Stelle schon längst weggenommen wurden.

Gerade jetzt wo die Krankenhäuser mit sinkenden Erlösen und extrem steigenden Kosten zu kämpfen haben, streiche der Bundesgesundheitsminister die letzte Möglichkeit, die verbleibenden Fixkosten bei deutlichem Leistungsrückgang über den Landesbasisfallwert zu refinanzieren. Mit dieser faktischen Budgetkürzung werde die Versorgungssicherheit der Bevölkerung weiter gefährdet, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende.

Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). – © DKG/Lopata

Berliner Krankenhausgesellschaft zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz

Krankenhäuser befinden sich in einer multiplen Krisenlage, die bewältigt werden müsse. Trotz Corona-Pandemie, Energiekrise und extremer Kostenanstiege sowie Personalknappheit müsse die Versorgung der Patientinnen und Patienten flächendeckend gewährleistet werden können. Die Verabschiedung des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes (KHPflEG) zeige allerdings einmal mehr, dass Hilfen nur teilweise bei den Kliniken ankommen oder nicht gut gemacht seien. Das Hilfspaket der Bundesregierung helfe nur lückenhaft und banne drohende Insolvenzen nur kurzfristig. Es werde gleichzeitig durch weitere Gesetze in seiner Wirkung massiv geschwächt. Die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG) und ihre Mitglieder erwarten mehr Planungs- und Finanzierungssicherheit.

Mit einem Hilfsprogramm zum Ausgleich gestiegener Energiekosten unterstützt der Bund die Krankenhäuser mit bis zu 6 Milliarden Euro bei den Energie- und Sachkostensteigerungen. Durch die nun vorliegenden Gesetzesgrundlagen werden die Mittel nur lückenhaft bei den Krankenhäusern ankommen und das gesamte Ausmaß der Kostensteigerungen nicht annähernd aufgefangen, meint Marc Schreiner, Geschäftsführer der BKG.

„Die Reformbedürftigkeit ist offensichtlich, der Reformwille und die Flexibilität der Krankenhäuser bewiesen. Die ungeordneten Gesetzgebungsverfahren erfolgen immer wieder ohne Diskussion mit den Beteiligten und ohne Einbeziehung der Länder. Die krisengeschüttelten Kliniken benötigen strukturelle Stärkung und einen praktikablen Umgang mit Problemen, keine Reformungetüme, die sich in ihrer Komplexität selbst ihrer Wirkung berauben und die Versorgungsengpässe und finanzielle Krisen befördern.“

Marc Schreiner
Marc Schreiner, Geschäftsführer der BKG. – © BKG

Krankenhauspflegeentlastungsgesetz: Veränderte Fristen für Budgetverhandlungen ermöglichen solide Vorbereitung

Die Die veränderte Fristsetzung für die Einreichung der Budgetunterlagen – insbesondere für die Altjahre bis 2021 – auf den letzten Metern der parlamentarischen Beratungen seien für die Krankenhäuser realistisch. Ursprünglich war sie für die Jahre bis 2021 bis 6 Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes vorgesehen. Die neue Frist wird nun für die Haushaltsjahre bis 2021 auf den 31. Oktober 2023 verlängert. Damit werde den Krankenhäusern Luft verschafft, die komplexen Verhandlungen mit den Krankenkassen solide und gut vorzubereiten. Anders hätte das große Probleme und mit Sicherheit Sanktionen für einige Krankenhäuser gegeben, erklärte Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV).

Der Gesetzgeber hat auch für die Vereinbarungszeiträume ab 2022 eine Konvergenzphase für die Krankenhausbudgets bis einschließlich 2025 vorgesehen. Ab 2026 ist ein regulärer Budgetabschluss bis zum 31. Juli des Jahres vorgesehen, für das die Vereinbarung gelten soll.

„Der Grundsatz der Prospektivität bei den Budgetverhandlungen ist politisch gewollt. Er erhofft sich damit die Liquidität der Häuser zu verbessern. Das bedeutet nun für alle Beteiligten ein schnelles Umdenken und verändertes Handeln. Die Instrumente für die Verhandlungen müssen neu ausgerichtet werden. Das stellt einen Kraftakt für die Verhandelnden der Krankenhäuser und Krankenkassen dar. Allerdings bieten die Fristen Raum für neues Vorgehen.“

Christoph Radbruch
Christoph Radbruch
Der DEKV-Vorsitzende Christoph Radbruch. – © DEKV/Hans-Christian Plambeck

bpa: Pflegeassistenzkräfte sollen über Umlage finanziert werden

Zur heutigen Verabschiedung des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes durch den Deutschen Bundestag sagt der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa), Bernd Meurer: „Die Pflegeassistenzkräfte gewinnen immer mehr an Bedeutung. Der Bundesgesetzgeber will deren Ausbildung künftig einheitlich finanzieren. Das ist ein guter erster Schritt. Aber wer A sagt, muss auch B sagen.“

„Gleichzeitig muss geregelt werden, dass die Ausbildungskosten sowohl für die Pflegefach- als auch für die Assistenzkräfte nicht zu höheren Eigenanteilen der Versicherten führen. Wir fordern, dass die Regierung diese Vorgabe des Koalitionsvertrags zügig umsetzt.“

Bernd Meurer

Im Koalitionsvertrag sei nicht nur eine bundeseinheitliche Pflegeassistenzausbildung versprochen worden, sondern auch die Entlastung der Pflegebedürftigen durch die Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen. Das eine Vorhaben dürfe nicht ohne das andere umgesetzt werden. Ansonsten sei die Entscheidung nur eine Entlastung der Länderhaushalte und gehe zu Lasten der Pflegebedürftigen, erklärte der bpa.

Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa). – © Screenshot HCM/https://www.bpa.de