Hauptstadtkongress 2022 Krankenhaus Rating Report 2022: Wirtschaftliche Lage hat sich verbessert

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Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2020 deutlich verbessert. Nur noch sieben Prozent lagen im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr. Das sind die Ergebnisse des aktuellen Krankenhaus Rating Reportes, der heute auf dem Hauptstadtkongress 2022 vorgestellt wurde.

Krankenhaus Rating Report 2022
Der Krankenhaus Rating Report 2022 wurde heute auf dem Hauptstadtkongress 2022 veröffentlicht. – © Kleinsteuber

Heute wurden auf dem Hauptstadtkongress in Berlin die Ergebnisse des Krankenhaus Rating Report 2022 veröffentlicht. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Nur noch sieben Prozent der Krankenhäuser befanden sich im „roten Bereich“ erhöhter Insolvenzgefahr,
  • 25 Prozent im „gelben“ und
  • 68 Prozent im „grünen Bereich“.

Im Jahr zuvor lagen laut Krankenhaus Rating Report nur 60 Prozent im „grünen“ und 14 Prozent im „roten Bereich“.

Die Ertragslage hat sich 2020 ebenfalls verbessert: 28 Prozent der Krankenhäuser schrieben auf Konzernebene einen Jahresverlust, 2019 waren es 34 Prozent. Im Jahr 2020 betrug das durchschnittliche Jahresergebnis 1,2 Prozent der Erlöse, im Jahr zuvor waren es 0,6 Prozent.

Ausgleichszahlungen sorgen laut Krankenhaus Rating Report 2022 für bessere Lage

Maßgeblich für die bessere wirtschaftliche Lage der Kliniken waren allerdings keine langfristig wirksamen strukturellen Veränderungen, sondern die Ausgleichszahlungen und andere Hilfen von Bund und Ländern im Rahmen der Covid-19-Pandemie. Besonders verbessern konnten sich laut den Studienergebnissen kleinere Krankenhäuser, Einrichtungen mit unterdurchschnittlicher Fallschwere (Casemix-Index) und nicht-private Krankenhäuser.

Fallzahlen stark gesunken

Aufgrund der Pandemie sank im Jahr 2020 die stationäre Fallzahl außerordentlich stark um 13,5 Prozent. Im zweiten Pandemiejahr 2021 verharrte sie weitgehend auf diesem niedrigen Niveau.

Investitionen der Länder weiterhin nicht ausreichend

Die Investitionsfördermittel der Länder beliefen sich im Jahr 2020 auf 3,27 Milliarden Euro, das waren drei Prozent mehr als im Vorjahr. Bezogen auf die gesamten Krankenhauserlöse entspricht dies 3,4 Prozent. Zum Erhalt der Unternehmenssubstanz sollten jährlich sieben bis acht Prozent der Erlöse in Investitionen fließen. Krankenhäuser schließen diese investive Lücke nur zum Teil aus eigener Kraft, sodass es zu einem Substanzverzehr kommt, der in den Bilanzen deutlich sichtbar ist. Besonders stark war dieser Substanzverzehr laut Krankenhaus Rating Report 2022 bei den ostdeutschen Krankenhäusern, die sich – von einer sehr guten Unternehmenssubstanz kommend – dem niedrigen Niveau der westdeutschen Krankenhäuser immer weiter annähern.

Vergleich privater und freigemeinnütziger Trägerschaft

Eine Auswertung vorliegender Jahresabschlüsse aus den Jahren 2007 bis 2020 zeigt zeitstabile Muster: Signifikant besser fällt das Rating in Ost-Deutschland aus, am schlechtesten in Baden-Württemberg und Hessen. Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden beim Rating und der Ertragslage deutlich besser ab als öffentlich-rechtliche Kliniken. Gleichwohl verschlechterte sich die Ertragslage privater Krankenhäuser 2020 im Vergleich zum Jahr 2019, während sie bei öffentlich-rechtlichen und besonders bei freigemeinnützigen Häusern stieg. Ein signifikant besseres Rating und eine bessere Ertragslage hatten außerdem Krankenhäuser mit einem mittleren und hohen Spezialisierungsgrad sowie Einrichtungen mit einem höheren Casemixindex.

Krankenhaus Rating Report 2022 zeigt Verschiebungen bei Pflegekräften

In den Jahren 2019 und 2020 kam es zu einem erheblichen Zuwachs der Zahl der Vollkräfte im Pflegedienst (+ 4,2 Prozent bzw. + 5,0 Prozent) und gleichzeitig zu einem Abbau im Funktionsdienst, was darauf hindeutet, dass es zu Verschiebungen zwischen den Dienstarten aufgrund der im Jahr 2020 eingeführten Selbstkostendeckung für die Pflegepersonalkosten kam.

Aufgrund der stark gesunkenen Zahl an Fällen bei gleichzeitig wachsender Zahl an Vollkräften sank die Arbeitsproduktivität – gemessen als Casemix je Vollkraft – im Jahr 2020 um 16 Prozent. Teilweise ist der Rückgang durch pandemiebedingte Zusatzarbeit erklärbar.

Die Lohnkosten im Pflegedienst stiegen in den vergangenen Jahren deutlich stärker als zu Anfang der 2010er Jahre. Im Jahr 2019 stiegen die Kosten je Vollkraft um 4,8 Prozent und 2020 um 3,5 Prozent.

Im März 2021 lag die Zahl der von Krankenhäusern gemeldeten offenen Stellen viereinhalbmal höher als im Januar 2007. Erfreulicherweise ist die Anzahl der Auszubildenden in Krankenhäusern zwischen 2005 und 2021 um 41 Prozent gestiegen, sodass der Anteil der Unter-25jährigen an der Belegschaft im Jahr 2021 auf über elf Prozent zugenommen hat. Das wird aber nicht ausreichen, um die Beschäftigten, die in den kommenden Jahren in Rente gehen werden, komplett zu ersetzen.

Projektionen des Krankenhaus Rating Reportes

Für die Projektion wurden die Jahresabschlüsse des Jahres 2020 unter Berücksichtigung der Erkenntnisse während der Corona-Pandemie in den Jahren 2021 und 2022 sowie der demografischen Entwicklung und bereits beschlossener Gesetzesänderungen bis 2030 fortgeschrieben. Die im Jahr 2021 noch anhaltende Pandemie hat dazu geführt, dass die Leistungsmenge der Krankenhäuser weiterhin unter dem Niveau von 2019 lag.

Das Szenario „Rückkehr zu 2019“ geht für 2023 von einer Rückkehr zum Vor-Krisen-Niveau aus und rechnet bis 2030 mit einer Zunahme der Fallzahl um 18 Prozent gegenüber 2020. Bei einem moderaten jährlichen Anstieg der Basisfallwerte und steigenden Löhnen würde in diesem Szenario der Anteil der Krankenhäuser im roten Rating-Bereich bis 2030 auf 25 Prozent steigen. Der Anteil mit einem Jahresverlust würde auf 44 Prozent wachsen und das durchschnittliche Jahresergebnis auf minus 2,5 Prozent sinken.

So sieht das Szenario „Neustart“ aus

Im Szenario „Neustart“ wird angenommen, dass das Leistungsvolumen nicht mehr das Vorkrisenniveau erreichen wird. Es nimmt gegenüber dem Jahr 2022 nur noch sehr leicht zu, so dass die stationäre Fallzahl im Jahr 2030 nur rund sieben Prozent über dem Niveau von 2020 liegt. In dieser Situation käme es zu einer dramatischen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser. Etwa drei Viertel schrieben dann schon im Jahr 2023 Verluste und 2030 betrüge das durchschnittliche Jahresergebnis minus acht Prozent. Bei kontinuierlichen Struktur- und Prozessoptimierungen sowie einer Anpassung der Krankenhauskapazitäten an das neue niedrigere Leistungsniveau könnte sich die Lage bis 2030 dagegen stabilisieren.

Krankenhaus Rating Report zeichnet einen düsteren Ausblick

Das deutsche Gesundheitswesen steht weiterhin vor gewaltigen Herausforderungen, für die es gegenwärtig nicht gerüstet ist. Die Gesetzlichen Krankenversicherungen haben 2021 das höchste Defizit ihrer Geschichte eingefahren und es mangelt an geeignetem Personal, um die erforderlichen Leistungen weiterhin in guter Qualität erbringen zu können. Gleichzeitig steigen inflationsbedingt die Sachkosten. Der Handlungsdruck nimmt daher zu.

Um Rationierung von Gesundheitsleistungen zu vermeiden, müsse die Effizienz im Gesundheitswesen steigen. Hilfreich für weitere Schritte sei die Ableitung eines Zielbilds der Gesundheitsversorgung, an dem sich die Vergütungssysteme und damit die Vergütungsanreize ausrichten.

„Zwar hat sich die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser im Jahr 2020 deutlich verbessert“, sagt RWI-Gesundheitsexperte Boris Augurzky. „Das ist jedoch kein Grund, sich auszuruhen. Das deutsche Gesundheitswesen kann und muss deutlich effizienter werden, beispielsweise durch sektorenübergreifende Versorgung“, erklärt Augurzky. „Auch die Digitalisierung, insbesondere telemedizinische Leistungen müssen vorangebracht werden“, ergänzt Sebastian Krolop, HIMSS, Healthcare Information and Management Systems Society.

Über den Krankenhaus Rating Report

Datengrundlage des „Krankenhaus Rating Report 2022“ sind 540 Jahresabschlüsse von Krankenhäusern aus dem Jahr 2019 und 544 aus dem Jahr 2020. Sie umfassen insgesamt 957 Krankenhäuser. Für das Jahr 2021 lagen noch keine Jahresabschlüsse in ausreichender Zahl vor. Der Report wird gemeinsam vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen (BIB) erstellt. Weitere Informationen zum Krankenhaus Rating Report erhalten Sie mit einem Klick hierauf.