Das war der Hauptstadtkongress 2022 Komplexität nicht scheuen

Wie kann das Gesundheitssystem resilient werden? Diese Frage stand im Fokus des diesjährigen Hauptstadtkongresses. Im neuen Setting des Hub27 diskutierten die Akteure der Gesundheitsbranche Wege in eine zukunftssichere Versorgung hin zu einer gemeinsamen Widerstandskraft. Dieser Hauptstadtkongress war inhaltlich und organisatorisch einfach herausragend. Wir leben in Zeiten, die unser Gesundheitssystem stark herausfordern, umso wichtiger ist es, gemeinsam an seiner Widerstandskraft zu arbeiten. Die hochwertigen Sessions und Vorträge auf dem Hauptstadtkongress haben dazu beigetragen, viele neue Impulse und Gedanken auf den Weg zu bringen“, resümierte Kongresspräsident Prof. Dr. Karl Max Einhäupl nach drei Tagen und 81 Sessions in Berlin. Rund 4.000 Entscheiderinnen und Entscheider sind vom 22. bis zum 24. Juni zum Branchengroßevent gekommen, um im Netzwerk gemeinsam Themen der Versorgungszukunft zu diskutieren und zu gestalten. Zum Gestalten gehört es auch, die Herausforderungen der Gegenwart zu betrachten und deren Konsequenzen bei der Weichenstellung zu bedenken. Dazu gehört derzeit nicht nur der Krieg in der Ukraine und daraus resultierende geopolitische Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, sondern auch die Klimakrise sowie in ihrer Ausprägung variierende pandemische Sonderlagen. Prof. Dr. Dr. Urban Wiesing, Leiter des Institutes für Ethik und Geschichte der Medizin am Universitätsklinikum Tübingen, nahm dieses Leben und Arbeiten im Dauerkrisenmodus zum Anlass einer ernüchternden, aber pragmatischen Handlungsempfehlung: „Moderne Gesellschaften, aber auch unser Gesundheitswesen, sind stets mit Herausforderungen konfrontiert und werden einem steten Wandel unterworfen sein, und das mit zunehmender Beschleunigung. (...) Das Gesundheitswesen reagiert nicht angemessen auf die Dynamiken. (...) Was wir brauchen ist eine Kultur der Ehrlichkeit und eine Kultur der schnellen Fehlervermeidung und -aufbereitung. Die patentierte Retrospektive der Besserwisserei brauchen wir nicht.“ Eine ehrliche Mahnung, die bei vielen Kongressbesucherinnen und -besuchern durchaus positiv aufgenommen wurde. Für Irritation dagegen sorgte bei so manchem/mancher Besuchenden der Auftritt in Form einer Videobotschaft von Brigadegeneral Dr. Christian Freuding. Der Leiter des Lagezentrums der Ukraine am Bundesministerium für Verteidigung teilte seine Gedanken zum Thema staatliche Resilienz, die man strukturell vernachlässigt habe. Das gelte nicht nur für Streitkraftstrukturen, sondern auch für den zivilen Katastrophenschutz sowie gewisse Bereiche des Gesundheitswesens. Staatssekretär Dr. Thomas Götz von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege bezeichnete die multiple Krise als „Reflexions- und Wendepunkt und richtete sich mit einem Appell an die Akteure der Gesundheitsversorgung in Deutschland: „Scheuen Sie sich nicht vor Komplexität“. Jenseits der hinlänglich diskutierten Krisen und Herausforderungen war auf dem Hauptstadtkongress spürbar, dass viele Player des Gesundheitswesens in Aufbruchstimmung, neugierig auf den Wandel und offen gegenüber Veränderungen sind. Der Kongressleitung des Hauptstadtkongresses ist gelungen, die bewährten Formate und Themen, zu denen auch in diesem Jahr wieder die Vorstellung des Krankenhaus Rating Reportes als eines der großen Highlights gehörte (s. HCM-Bericht unter www.hcm-magazin.de/RatingReport), mit neuen Themen, Entwicklungen, Formaten und v.a. Menschen zu verbinden. So fand z.B. das Miteinander – auch und v.a. durch die Einbindung der gesellschaftlichen Perspektive auf Versorgung – einen festen Rahmen auf dem Deutschen Pflegekongress in der Session „Pflege und Gesellschaft: Pflege geht jeden an – heute oder morgen“. Zur Diskussion kamen hier unter der Moderation von Marie-Luise Müller, Deutscher Pflegerat e.V., u.a. auch Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerates, und Prof. Dr. Heinz Rothgang, Universität Bremen, zusammen. „Meine Vision ist eine sektorfreie Versorgung“, erklärte Rothgang. Dabei ginge es um die „Abbildung der Versorgungsstufen im Kontinuum“. Seiner Einschätzung nach brauche es u.a. auch gemischte Pflegearrangements in der familiären Pflege gepaart mit der Förderung der Bereitschaft der Pflege in der Zivilbevölkerung. Statements und Eindrücke im Video Die Entscheiderfabrik hat gemeinsam mit Medienpartner HCM mit Expertinnen und Experten über Zukunftsthemen und Herausforderungen der Gesundheitswirtschaft und Versorgung auf dem HSK gesprochen. Dabei ging es u.a. auch um Digitalisierung und das KHZG, aber auch Fragen der Finanzierung. Die Statements der Entscheiderinnen und Entscheider unterschiedlicher Krankenhausträgerschaften, sind via QR-Code abrufbar. Zu den Statementgebern gehören u.a. Dr. Matthias Bracht, Geschäftsführer Klinikum Region Hannover, Dr. Uwe Gretscher, Vorstandsvorsitzender Kliniken Südostbayern, Dr. Gerhard M. Sontheimer, Vorstand ANregiomed, Bernhard Ziegler, Krankenhausdirektor Klinikum Itzehoe. Einen bewegten Rückblick in den Branchenkongress des Jahres gibt es in Form eines exklusiven Event-Videos unter www.hauptstadtkongress.de Wie gelingt der Umbau des Systems? Nach Ansicht des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek gilt es, für die Neugestaltung der Versorgung das „größte Handlungsfeld Pflege“ anzugehen. Holetschek übte aber auch Kritik an den eigenen Reihen: „Der Staat muss sich ein Stück weit neu erfinden“, damit die überbordende Regulierung zurückgedrängt werden könne. Einen neuen Denkansatz zur Umgestaltung brachte auch Prof. Dr. Jonas Schreyögg, Universität Hamburg, ein. Er sieht große Chancen in der Weiterentwicklung von Arbeitsteilung und der Zusammenarbeit der Leistungserbringer, einer Neudefinition von ambulant und stationär und dem Neudenken von Versorgungsstandorten. Auch wenn Bundesgesundheitsminister Lauterbach nicht in Präsenz auf dem Hauptstadtkongress erschienen ist und in einigen Panels Skepsis gegenüber den Vorhaben der Ampel im Koalitionsvertrag geäußert wurde, versprach seine Videobotschaft neue, langfristige Strukturen für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem für nachfolgende Generationen. So machte der Hauptstadtkongress 2022 Mut, „das Undenkbare zu denken“, um in den Worten von Gesundheitsunternehmer Prof. Heinz Lohmann zu sprechen, und die Gemeinschaftsaufgabe pragmatisch anzugehen. Wandel an der HSK-Spitze Die Spitze des HSK-Gremiums stellt sich neu auf: Prof. Heinz Lohmann, wissenschaftlicher Leiter des Managementkongresses Krankenhaus Klinik Rehabilitation (KKR) übergibt das Zepter an Dr. Matthias Bracht, Geschäftsführer Medizin der Klinikum Region Hannover GmbH.Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Ärzteforums, übergibt die Leitung an Dr. Iris Hauth, Ärztliche Direktorin Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee.Prof. Dr. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Kiel und Lübeck, wird sich für das Thema „Spitzenmedizin“ im Programm des Hauptstadtkongresses 2023 verantwortlich zeichnen.Hedwig François-Kettner, ehemals wissenschaftliche Leiterin des Deutschen Pflegekongresses ist bereits 2020 ausgeschieden. Die Leitung des Pflegekongresses hat seitdem Vera Lux, Pflegedirektorin-Geschäftsführung Pflege an der Medizinischen Hochschule Hannover, inne.Wolfgang van den Bergh, Herausgeber der Ärzte Zeitung, führt die wissenschaftliche Leitung des Hauptstadtforums Gesundheitspolitik fort. 2023: Der Termin steht „Der Hauptstadtkongress wird sich 2023 v.a. mit den positiven Aspekten unseres Gesundheitssystems beschäftigen: Best Practices, beispielgebende Leuchtturmprojekte, zukunftsweisende Entwicklungen, Spitzentechnologie und Spitzenmedizin werden im Vordergrund stehen“, erklärt Guido Pschollkowski, Geschäftsführer WISO S.E. Consulting GmbH. In die nächste Runde geht es vom 14. bis zum 16. Juni 2023 im Hub27 in Berlin. Alle Infos unter www.hauptstadtkongress.de Kontakt zum Autor Bianca Flachenecker, Chefredakteurin, Health&Care Management, bianca.flachenecker@holzmann-medien.de

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