Personalorganisation Wie Wunscharbeitszeiten für mehr Versorgungssicherheit und eine zufriedene Belegschaft sorgen

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Digitalisierung

Das Klinikum Saarbrücken bietet seit vielen Jahren so genannte Wunscharbeitszeiten an und setzt damit auf ein New-Work-Konzept, das den Mitarbeitenden mehr Freiräume in der Dienstplanung erlaubt. Mit Hilfe einer passenden Software lassen sich auch die neuen Personalbemessungsinstrumente wirksam integrieren.

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Am Klinikum Saarbrücken gibt es Wunscharbeitszeiten für die Mitarbeitenden. – © Klinikum Saarbrücken

Das Klinikum Saarbrücken, ein Haus der Maximalversorgung, bietet seit vielen Jahren so genannte Wunscharbeitszeiten an und setzt dieses New Work Konzept mit Hilfe der Atoss Medical Solution erfolgreich um. Die rund 2.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 320 Ärztinnen und Ärzte, können ihr Arbeitsvolumen mit drei Monaten Vorlauf an ihre persönliche Lebenssituation anpassen. Zum Beispiel kann eine Vollzeitkraft die tarifliche Arbeitszeit jederzeit auf 80 Prozent senken – befristet, für mindestens ein halbes Jahr oder auf unbestimmte Dauer – und nach Bedarf wieder auf 100 Prozent aufstocken. Wunschdienste, Verfügbarkeiten, Gesetze, Tarife, Qualifikationen und die Saldenstände stehen der Stations- und Pflegedienstleitung transparent im digitalen Dienstplan zur Verfügung. Falls es die Belegungssituation erfordert, greifen die Verantwortlichen auf andere Abteilungen oder die speziell eingerichteten Springer-Pools zurück. Sowohl das Springer-Angebot als auch die Wunscharbeitszeiten kommen bei Pflegekräften und medizinischen Fachkräften gut an. Das Klinikum Saarbrücken konnte alle offenen Stellen bisher ohne große Probleme besetzen.

Trotz Wunscharbeitszeiten Pflegepersonaluntergrenzen im Griff

Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes traten 2019 die Personaluntergrenzen in Kraft. Die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) stellt viele Kliniken vor Herausforderungen. Nicht zuletzt, weil die Kluft zwischen Angebot und Bedarf an Fachkräften immer größer wird. In Saarbrücken hat man sich frühzeitig auf diese Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt eingestellt. Das Workforce-Management-System errechnet auf Basis der durchschnittlichen Patientenzahl pro Station die Soll-Stunden der Pflegekräfte für die Tag- und Nachtschichten. Für die kurzfristige Korrektur dient die Mitternachtsstatistik, die aus dem Krankenhausinformationssystem direkt in den Dienstplan einfließt. Stations- und Pflegedienstleistung können sofort reagieren und die Personalsituation für den aktuellen Tag anpassen. Über das Aufgabenmanagement werden Warnungen erzeugt, z.B. wenn die gesetzlich vorgeschriebene Personaluntergrenze unterschritten wird. Während Corona hat das Krankenhaus diese Systemfunktion genutzt, um die Ergebnisse der Mitarbeiterschnelltests zu erfassen und im Falle einer positiven Testung die betroffenen Stationen zu warnen.

Digitale Workflows und Dienstplanung via App machen Wunscharbeitszeiten möglich

Mit dem Abschluss des neuen TV-Ärzte (Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte) gelten auch neue Regeln für die Arbeitszeiterfassung. Kliniken sind verpflichtet, die Anwesenheit der Ärztinnen und Ärzte elektronisch und korrekt zu erfassen und zu dokumentieren. In Saarbrücken unterstützt man diese gesetzliche Anforderung mit der Einführung einer Mobile App für den ärztlichen Dienst. Über die leicht zu bedienende App lassen sich An- und Abwesenheiten bequem erfassen und beantragen. Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt in der Anästhesie wird die mobile Zeiterfassung nun allen klinischen Bereichen angeboten. Die Möglichkeit, Dienstreisen, Urlaube, Gleitzeitfrei oder Mobiles Arbeiten auch außerhalb der Arbeitszeit, zu beantragen und zu genehmigen, kommt bei den 320 Ärztinnen und Ärzten in Saarbrücken gut an. Die rund 700 Pflegekräfte sollen in Kürze ebenfalls von den mobilen Workflows rund um die Arbeitszeit profitieren.

Ziel: Durchgängige digitale „Wunschplanung“

In Zukunft soll es sogar eine durchgängige digitale „Wunschplanung“ geben. So kann die Ärzteschaft ihre Dienste bzw. Bereitschaften völlig selbstständig disponieren. Eine Genehmigung bzw. Rückfrage beim Chefarzt ist dann nicht mehr notwendig. Das System prüft automatisch, ob die erforderlichen Qualifikationen oder Fachkenntnisse vorhanden sind und die Arbeitszeitregeln eingehalten werden. Die ärztliche Selbstverplanung ist für das Klinikum Saarbrücken ein weiterer wichtiger Schritt zu noch mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Die konsequente Mitarbeiterorientierung ermöglicht dem regionalen Spitzenversorger eine hohe Versorgungssicherheit und macht ihn gleichzeitig zu einem attraktiven Arbeitgeber.

PPR 2.0

Die PPR 2.0 soll den Pflegepersonalbedarf für die unmittelbare Patientenversorgung ermitteln und dabei die „Brückenlösung“ der PpUGV ersetzen. Voraussichtlich wird sie auf allen bettenführenden, somatischen Stationen für Erwachsene im gesamten Krankenhausumfeld gelten. Sie ersetzt zugleich die seit 1992 bekannte Pflege-Personalregelung (PPR) und soll die Versorgungssituation stärker am Patienten ausrichten. Dazu werden Patienten und Patientinnen täglich in je vier Grund- und Spezialpflege-Leistungsstufen eingeteilt. Jeder Stufe ist ein Minutenwert zugeordnet. Hinzu kommen Grund- und Fallwerte als Basis, um Leistungen ohne direkten Patientenbezug, wie die Ablauforganisation oder Aufnahmen und Entlassungen abzubilden. Der zusammengefasste Wert aller Patienten ergibt den Pflegepersonalbedarf des Hauses.

Klinikweite Transparenz rund um die Arbeitszeit

Auch die Einführung des Instruments zur Personalbemessung (PPR 2.0) bringt neue Anforderungen an zeitwirtschaftliche Prozesse, Dienstplanung und Dokumentation mit sich. In der Universitätsmedizin Mainz z.B. arbeitet eine Taskforce an der Abbildung dieser neuen Regelung in der Software. Der Supramaximalversorger muss ein stark schwankendes Patientenaufkommen bewältigen und setzt daher seit langem auf Workforce Management. Die Integration mit der vorhandenen SAP Zeitwirtschaft und die Schnittstelle zum Krankenhausinformationssystem verschaffen dem Servicecenter Personal sowie der Stations- und Klinikleitung jederzeit Transparenz über Arbeitszeiten, Dienstpläne und künftige Personalbesetzungen bei volatiler Patientenversorgung. Die Software war auch bei der Umsetzung der PpUGV-Nachweispflicht sowie im Rahmen des Tarifvertrags Entlastung eine große Hilfe. Tarifgemäße Ausgleichsansprüche sind damit für Mitarbeitende transparent verfügbar.

Mit Strategie in die Arbeitswelt der Zukunft

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels wird eine transparente, bedarfs- und mitarbeiterorientierte Dienstplanung zum strategischen Instrument im Gesundheitswesen. Ausgehend von patientenbezogenen Leistungen lässt sich ein Personalmanagement aufbauen, das Einrichtungen langfristige Sicherheit über ihren Bedarf an medizinischen Fachkräften gibt.

Kontakt zum Autor

Dr. Christian Dohmen-Griesenbach, Head of Sales Healthcare & Public Sector, Atoss Software AG, christian.dohmen@atoss.com