Holzbau schont Ressourcen, ist nicht teurer als ein Haus aus Ziegelstein oder Stahlbeton und es verringert den CO2-Abdruck der Gebäude. Auch Kliniken setzen beim Bau auf den nachwachsenden Rohstoff. In Tübingen sollen zwei Klinikneubauten überwiegend aus Holz gefertigt werden.

Dass im Südwesten der Republik aktuell jedes dritte Wohnhaus aus Holz gebaut wird und nun auch immer mehr öffentliche Gebäude in Holzbauweisen entstehen, hat einen Grund: Mit der Holzbauoffensive Baden-Württemberg gibt das Bundesland als erstes in Deutschland seit 2018 die amtliche Vorgabe, künftige Neubauten aus Holz zu erstellen.
Ein Megaprojekt mit einem Budget von 250 Millionen Euro ist der Neubau der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Tübingen. Der Bau auf dem Schnarrenberg ist der erste Abschnitt einer neuen Klinik, der die Innere-Medizin mit den Crona-Kliniken verbindet. Der Gelenkbau wird in Holzbauweise erstellt. In der Theorie sollen Demontage und Trennbarkeit der Konstruktionen es ermöglichen, später Komponenten als Ganzes wieder zu verwenden – oder sie einfacher recyceln zu lassen.
Neubau der Medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Tübingen: Projekt mit Leuchtturmcharakter
„Holz im Innenraum erzeugt eine wohltuende Atmosphäre für Patienten“, sagt Daniel Mudroh, Geschäftsführer der Palm KG aus Schorndorf. Aber bis dahin müssen Planer sowie Bauherrinnen und Bauherren vor allem vor Baubeginn Geduld mitbringen. Denn Holzbau bedeutet, dass fast alle Bauteile vorgefertigt auf der Baustelle ankommen. „Das erfordert einen längeren Planungsvorlauf und erfordert spezielles Wissen“, sagt Mudroh. Beteiligte Architekten, Statiker, TGA-Planer und Brandschutzgutachter sollten Erfahrung im Holzbau gesammelt haben, rät der Fachmann. Zudem ist eine entsprechende Zertifizierung des Holzbau-Produktionsbetriebs unerlässlich. Doch die intensive Vorarbeit spart auch Zeit. Aufwändige Absprachen auf der Baustelle und teures Improvisieren fallen weg. Einzelne Gewerke können somit produktiver arbeiten.
Anbau Frauenklinik: schneller Rückbau möglich
Aber auch der Rückbau eines Holzgebäudes gelingt schneller. Zumindest, wenn es so geplant ist wie der Anbau der Frauenklinik, dem zweiten Tübinger Holzgroßprojekt. Das 60-Bettenhaus ist mit einer Summe von 40 Millionen Euro veranschlagt. Es soll zu gut zwei Dritteln aus dem Holz der heimischen Weißtanne gefertigt werden. Fertigstellung für den ans denkmalgeschützte Hauptgebäude andockende Neubau ist für 2026 geplant. Dort haben Tragwerks- und Fassadenplaner vom Stuttgarter Büro Knippers-Helbig darauf geachtet, dass Beton- und Holzteile nicht miteinander verklebt sind. Vielmehr setzt das Ingenieurbüro auf Schraubtechnik. So sind etwa die Teile der Holz-Beton-Verbunddecke im Erdgeschoss des Neubaus per Schrauben miteinander verbunden. Ein späterer Rückbau soll somit schnell möglich sein.
Holzbauexperte Mudroh bescheinigt dem Projekt Frauenklinik, baukonstruktiv intelligente Lösungen gefunden zu haben, die im Sinne einer Kreislaufwirtschaft gedacht sind. Anschaulich wird das im Frauenklinik-Entwurf der Stuttgarter Architekten von Tiemann-Petri Koch. Die komplette Fassade ist aus Holz bzw. nur die Fensterrahmen sind aus Holz-Aluminium gefertigt. Wer die Illustrationen betrachtet, erkennt, wie gefällig der Holz-Neubau sich an den Klinker-Altbau anschmiegt. Auch in den Fluren und Zimmern wirkt viel sichtbares Brettsperrholz wahlweise an Wänden und Decke beruhigend.
Bauen mit Holz: spezielles Wissen nötig
- Holz im Innenraum erzeugt eine wohltuende Atmosphäre für Patienten. Es senkt den Puls und entspannt den Menschen.
- Holzbau ist nachhaltig und nicht teurer als ein Gebäude aus Ziegelstein.
- Fast alle Bauteile kommen vorgefertigt auf der Baustelle an. Das erfordert einen längeren Planungsvorlauf, spart aber später Zeit.
- Architekten, Statiker, TGA-Planer und Brandschutzgutachter sollten Erfahrung im Holzbau haben.
- Anschlüsse und Bauteilübergänge zum Beton- und Stahlbau erfordern eine besondere Aufmerksamkeit.
- Im Holzbau muss jede Öffnung im Vorfeld geplant und werksseitig umgesetzt werden.
- Ein späterer Rückbau ist möglich, einzelne Holzteile lassen sich recyceln.